„Durch die geplante Anpassung des konzernweiten Produktionsnetzwerkes und eine deutliche Straffung der Verwaltung sollen bis 2030 ca. 5.000 Arbeitsplätze entfallen“, heißt es in einer Pressemitteilung von Thyssenkrupp vom 25.11.2025. Und weiter: „Zudem sollen weitere ca. 6.000 Arbeitsplätze durch Ausgliederungen auf externe Dienstleister oder den Verkauf von Geschäftstätigkeiten überführt werden.“ Die Personalkosten sollen in den kommenden Jahren im Durchschnitt um zehn Prozent reduziert werden, allerdings, das sei erklärtes Ziel, unter Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen.
Strukturelle Veränderungen auf dem europäischen Stahlmarkt
Vorstandssprecher Dennis Grimm dazu: „Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst und wollen für möglichst viele unserer Beschäftigten langfristige Perspektiven schaffen.“ Aller Worte zum Trotz dürften die in diesem „Eckpunktepapier“ vorgestellten Maßnahmen die rund 27.000 Mitarbeiter der Stahlsparte bis ins Mark treffen.
Mit den Maßnahmen will Thyssenkrupp auf die „sich weiter verfestigenden fundamentalen und strukturellen Veränderungen auf dem europäischen Stahlmarkt und in entscheidenden Kunden- und Zielmärkten“, reagieren. Überkapazitäten und die daraus resultierenden Billigimporte – vor allem aus Asien – würden die Wettbewerbsfähigkeit belasten.
Grüner Stahl – ein Streitthema
Hinzu kommt, dass der gesamten Stahlbranche ein tiefgreifender Wandel bevorsteht: Thyssenkrupp plant unter anderem in Duisburg einen der der weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Hochöfen, um die CO2-Emission bis 2030 um bis zu 30 Prozent zu senken (im Vergleich zu 2018). Um die Grünstahl-Pläne zu verwirklichen, hatte Thyssenkrupp vom Bund 1,3 Milliarden Euro und vom Land NRW nochmal 700 Millionen Fördergelder zugesagt bekommen. Doch der Umbau stottert. Thyssenkrupp betont, weiter zur grünen Transformation und klimaneutralen Stahlproduktion zu stehen. Aber: Solche Umbauten kosten viel Geld. Und auch Experten zweifeln, ob sich das milliardenschwere Vorhaben rechnet: „Grüner Stahl wird doch frühestens in zehn bis fünfzehn Jahren gekauft, wenn die restlichen Wertschöpfungsketten auch grün werden, also CO2 frei“, sagt beispielsweise Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) im ZDF.
Grüner Stahl wird doch frühestens in zehn bis fünfzehn Jahren gekauft, wenn die restlichen Wertschöpfungsketten auch grün werden, also CO2 frei.
Marc Tüngler, Branchenkenner von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, im ZDF
Die Verantwortlichen von Thyssengrupp sehen sich nun gezwungen, die eigene betriebliche Produktivität und Effizienz zu verbessern. Das bedeutet unter anderem, dass die Produktionskapazität auf 8,7 bis 9,0 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr zurückgefahren wird – bisher war die Jahresproduktion auf 11,5 Millionen Tonnen ausgelegt. Darüber hinaus soll der Weiterverarbeitungsstandort im nordrhein-westfälischen Kreuztal-Eichen geschlossen werden – 600 Mitarbeiter sind hier tätig. „Wir haben schon geahnt, dass etwas passiert“, wird ein Mitglied des Betriebsrats im WDR zitiert. Ganz klar: Hier bleiben existenzielle Ängste um die Zukunft nicht aus.
Bisher wurde das Eckpunktepapier dem Strategieausschuss des Aufsichtsrates vorgelegt, in den kommenden Wochen soll im Dialog mit dem Aufsichtsgremien und den Arbeitnehmervertretern das Konzept konkretisiert.
Widerstand formiert sich
Die IG Metall hat bereits angekündigt, gegen die Maßnahmen anzukämpfen. „Kampfansage“, „Kahlschlag“ oder „Provokation“ heißt es vonseiten der Gewerkschaft. Knut Giesler, Vize-Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel und IG-Metall- Bezirksleiter in der SZ: „Wer in Zeiten des Fachkräftemangels auf solche Ideen kommt, hat nichts verstanden.“ Zudem kündigte er „erbitterten Widerstand der IG Metall“ an.
Ein Statement des Betriebsrats, der selbstverständlich bei den Verhandlungen zur Konkretisierung des Konzepts mit am Tisch sitzen wird, steht noch aus. Experten rechnen damit, dass es anstrengende Verhandlungen werden dürften. Schließlich hat sich der Betriebsrat rund um den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Thyssenkrupp-Stahlsparte, Tekin Nasikkol, bereits in der Vergangenheit immer wieder klar positioniert und dem Konzernvorstand die Stirn geboten. (tis)