Kaum eine Woche vergeht, in der Volkswagen nicht in den Schlagzeilen ist. Verständlich, schließlich war VW einst der größte Autobauer der Welt und galt als das Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. Kurz vor Weihnachten hat sich der in Schieflage geratene Konzern nach zähen Verhandlungen mit IG Metall und Betriebsrat auf die gemeinsame Vereinbarung „Zukunft Volkswagen“ geeinigt. Wesentlicher Punkt der Einigung, die bis Ende 2026 gilt, sei die Neuausrichtung der Produktionskapazitäten an den deutschen Standorten, wie es in einer Pressemitteilung heißt. In Wolfsburg etwa sollen künftig auch die Modelle ID.3 und Cupra Born vom Band laufen, während die Produktion des Golfs ab 2027 nach Mexiko verlagert wird. Insgesamt ist in allen deutschen Werken eine technische Kapazitätsreduzierungen von 734.000 Einheiten vorgesehen.
Schmerzliche Einschnitte, aber etwas Erleichterung
Gleichzeitig haben sich die Tarifparteien auf eine Jobgarantie bis Ende 2030 geeinigt, betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen scheinen vorerst vom Tisch. Aber: Im gleichen Zeitraum will Volkswagen mehr als 35.000 Stellen an den deutschen Standorten abbauen – der Stellenabbau soll laut Konzernangaben sozialverträglich erfolgen. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass es bis 2027 keine Entgelterhöhung geben soll – das monatliche Entgelt bleibt aber unberührt. Im Vorfeld der Verhandlungen hatte Volkswagen noch eine pauschale Gehaltsreduktion von zehn Prozent gefordert. Allerdings entfällt laut Medienberichten im Rahmen des Tarifabschlusses in den Jahren 2025 und 2026 die Ergebnisbeteiligung sowie ein erhöhtes Urlaubsgeld für die regulär Beschäftigten. Davon abgesehen rechnet Volkswagen mit weiteren Einsparungen durch die geplante Überarbeitung der Tarifstruktur ab 2027. Die Entgelte der Mitarbeiter sollen ab dann schrittweise auf einen niedrigeren Flächentarif angepasst werden – langfristig soll damit sechs Prozent eingespart werden. Gehaltskürzungen betreffen dabei nur zukünftige Mitarbeiter, während bestehende Angestellte von einer Besitzstandswahrung profitieren. Ab 2026 wird hierfür eine Analyse der Tarifstruktur durchgeführt, bevor die neue Gehaltsstruktur ab 2027 greifen soll.
Die IG Metall spricht insgesamt zwar von „schmerzlichen Einschnitten“, gleichzeitig betonte Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo auf der Pressekonferenz : „Ich freue mich sehr, (…) dass die Zeit der Ängste und Sorgen, wie es weitergeht, erstmal überwunden ist, dass es nach vorne geht und dass wir für die Standorte eine Perspektive schaffen konnten …“
Ich freue mich sehr, (…) dass wir für die Standorte eine Perspektive schaffen konnten.
VW-Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo auf einer Pressekonferenz
„Nach den langen und intensiven Verhandlungen ist die Einigung ein wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit der Marke Volkswagen, von Volkswagen Nutzfahrzeuge und der Komponentenstandorte“, so Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns. „Mit dem erreichten Maßnahmenpaket hat das Unternehmen entscheidende Weichen für seine Zukunft gestellt, was Kosten, Kapazitäten und Strukturen angeht. Der Vorstand und das Management beteiligen sich überproportional.“
Management soll auf 300 Millionen Euro verzichten
Davon, wie diese „überproportionale Beteilung“ aussehen wird, berichten inzwischen übereinstimmend einige Medienportale. So soll das Management bis 2030 auf voraussichtlich über 300 Millionen Euro verzichten. Unter anderem sollen Boni für Führungskräfte schrittweise reduziert werden, Jubiläumszahlungen umstrukturiert und individuelle Boni durch feste Beträge ersetzt werden. Wie sich der Vorstand genau an den Sparmaßnahmen beteiligt, ist (noch) nicht bekannt. (tis)