Die Zeiten sind schwierig. Selbst bis dato kerngesunde Unternehmen hat die Corona-Pandemie eiskalt erwischt. Aber jetzt den Kopf in den Sand zu stecken kann Arbeitsplätze kosten! Betriebsräte müssen schleunigst aktiv werden und über eigene Strategien nachdenken, um das Unternehmen „wieder flott" zu kriegen.
Verhandeln zur Beschäftigungssicherung
Helfen kann dem Betriebsrat dabei § 92a BetrVG. Denn dieser verschafft dem Betriebsrat einen Verhandlungsanspruch zur Beschäftigungssicherung.
Darin ist explizit ein Vorschlagsrecht enthalten, um der Gefährdung von Arbeitsplätzen entgegenzutreten. Der Betriebsrat kann also aktiv eingreifen! Letztlich eröffnet § 92a BetrVG damit auch die Möglichkeit, Entscheidungen der Unternehmensleitung kritisch zu hinterfragen.
Aber wie soll der Betriebsrat vorgehen?
Schritt 1: Informieren
Zunächst gilt es, sich einen Überblick über die wirtschaftliche Situation zu verschaffen. Manche Arbeitgeber sprechen gerne bewusst unverständlich, um sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Dann werden englische Begriffe mit Zahlen aus der Betriebswirtschaft vermischt – bis am Ende keiner mehr durchblickt.
Um den Ernst der Situation zu verstehen, kommt man um ein Grundverständnis der Betriebswirtschaft nicht herum. Wichtig: JEDES BR-Mitglied muss verstehen, um was es geht. Gibt es einen Wirtschaftsausschuss, ist ein Austausch so garantiert einfacher.
Ein anderes Argument, hinter die Kulissen zu blicken ist, dass man sich als Betriebsrat dann nicht so leicht mit Phrasen abspeisen lassen kann. Sei es ein „struktureller Engpass", ein „schwieriger Markt" oder eine „alternativlose Situation" – jetzt muss der Arbeitgeber das Ganze mit Fakten unterfüttern, die der Betriebsrat versteht:
- Wie steht es um die Liquidität?
- Wie ist die Auftragslage?
- Welche Investitionen sind geplant?
- Welche Auswirkungen gibt es für die Beschäftigten?
- Sind geplante Umstrukturierungen immer noch sinnvoll?
- Sind Maßnahmen, die zu Arbeitsplatzabbau führen können, vermeidbar?
Schritt 2: Vorschläge ausarbeiten
Im nächsten Schritt geht es darum, dem Arbeitgeber Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung zu machen. Hierzu kann gehören:
- Neue Produkte oder Dienstleistungen
- Kundengewinnung und -bindung
- Neue Absatzmöglichkeiten
- Sachkosten hinterfragen und reduzieren
Beim Thema Sachkosten spielt auch die Informationsbeschaffung durch den Wirtschaftsausschuss eine große Rolle. Nach § 106 BetrVG ist der Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten.
Schritt 3: Argumentieren und verhandeln
Sind die Vorschläge auf dem Tisch, gilt es, um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen. Der Betriebsrat kann (und muss zuweilen) den ersten Schritt machen – bevor vom Arbeitgeber Tatsachen geschaffen werden. Je früher sich der Betriebsrat einbringt, umso eher können die Unternehmensentscheidungen verhindert oder verändert werden!
Schritt 4: Die Beschäftigten an Bord holen
Halbwahrheiten und Gerüchte machen unglaublich schnell die Runde. Eine frühzeitige Information der Belegschaft ist daher wichtig. Darf der Betriebsrat das denn? Wenn das Thema Stellenabbau im Unternehmen verhandelt wird, kann der Arbeitgeber das nicht einfach zu einem Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis erklären, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 20.05.2015, 3 TaBV 35/14).
Fazit
Gerade in Krisenzeiten sind Wissen und Informationen der beste Berater des Betriebsrats. Es gehört eine große Portion Tatkraft und ein Stück Kreativität dazu, um sich bei der Beschäftigungssicherung erfolgreich einzubringen. Am Ende sind es doch immer die nackten Zahlen, auf die es ankommt. Und am Ende sind es immer die Beschäftigten, die sonst auf der Strecke bleiben.
Ein Tipp zum Schluss: Auch wenn Ihr Unternehmen noch gut dasteht, Überlegungen zur Beschäftigungssicherung anzustellen und sich entsprechend weiterzubilden hilft trotzdem – an Corona zeigt sich, wie schnell sich die Dinge ändern können.