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Äußerungen in privater Chat-Gruppe: Grund für eine fristlose Kündigung?

Stark beleidigende, rassistische, sexistische und zu Gewalt aufstachelnde Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chat-Gruppe können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitnehmer kann sich nur im Ausnahmefall auf Vertraulichkeit berufen, so das Bundesarbeitsgericht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2023, 2 AZR 17/23

Stand:  19.9.2023
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Das ist passiert

Seit 2014 gehörte der Arbeitnehmer einer Chat-Gruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Ein ehemaliger Kollege wurde im November 2020 als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren langjährig befreundet und zwei miteinander verwandt. Die Gruppe tauschte sich nicht nur über rein private Themen aus. Der Arbeitnehmer – und andere Gruppenmitglieder – äußerte sich mehrfach in beleidigender und menschenverachtender Weise auch über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Die Arbeitgeberin erhielt davon zufällig Kenntnis und kündigte das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos. Daraufhin erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage.

Das entschied das Gericht

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) hielten die außerordentliche Kündigung für nicht gerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat anders entschieden, das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das LAG zurückverwiesen. In der Pressemitteilung des BAG heißt es, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Arbeitnehmers bezüglich der ihm vorgeworfenen Äußerungen angenommen und das Vorliegen eines Kündigungsgrundes verneint habe.

Der Arbeitnehmer hätte Vertraulichkeit nur erwarten können, wenn die Mitglieder der Chat-Gruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen könnten. Das wiederum sei abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und Zusammensetzung der Chat-Gruppe. Die vorliegenden Chat-Nachrichten beinhalteten beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige. Deshalb müsse auf eine besondere Weise dargelegt werden, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, dass der Inhalt der Nachrichten von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben werde.

Das LAG wird nun erneut verhandeln und dem Arbeitnehmer die Gelegenheit geben konkret darzulegen, warum er eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung haben durfte.

Bedeutung für die Praxis

Ob es dem Arbeitnehmer bei der Größe und Zusammensetzung der Gruppe gelingen kann, sich auf Vertraulichkeit in der Chat-Gruppe zu berufen, bleibt abzuwarten. Das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichts über die Vertraulichkeit von Chat-Gruppen setzt hier möglicherweise neue Maßstäbe. Denn die Frage, ob fremdenfeindliche und menschenverachtende Äußerungen in privaten Chat-Gruppen Kündigung(en) rechtfertigen oder ob sich die beteiligten Personen darauf verlassen durften, dass die getauschten Inhalte vertraulich bleiben würden, hat schon einige (Landes)Arbeitsgerichte beschäftigt. Im Sommer 2021 hatte zum Beispiel das LAG Berlin-Brandenburg über einen Fall von Äußerungen in einer privaten WhatsApp-Gruppe zu entscheiden. Das LAG sah in dem WhatsApp-Verlauf keinen ausreichenden Kündigungsgrund. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass dieser Chat privat in einem sehr kleinen Kreis stattfand (mit insgesamt drei Beschäftigten) und unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fiele. Mehr zu diesem Sachverhalt können Sie hier nachlesen. (jf)

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