Liebe Nutzer,

für ein optimales und schnelleres Benutzererlebnis wird als Alternative zum von Ihnen verwendeten Internet Explorer der Browser Microsoft Edge empfohlen. Microsoft stellt den Support für den Internet Explorer aus Sicherheitsgründen zum 15. Juni 2022 ein. Für weitere Informationen können Sie sich auf der Seite von -> Microsoft informieren.

Liebe Grüße,
Ihr ifb-Team

News Unternehmenskrise Entlassungen im Einzelhandel: Die Angst geht um

Entlassungen im Einzelhandel: Die Angst geht um

Wie steht es um H&M und Co.?

Woche für Woche erreichen uns neue Hiobsbotschaften über Entlassungen und Insolvenzen im Einzelhandel. Nach Runners Point, Galeria Karstadt Kaufhof, Esprit und Zara legt nun auch H&M Pläne für einen weitreichenden Arbeitsplatzabbau vor. Glück hat, wer von einem Betriebsrat vertreten wird.

Stand:  1.2.2021
Lesezeit:  02:45 min
© AdobeStock_Евгений Шемякин

Es könnte still werden in den Innenstädten, die Corona-Pandemie beschleunigt das Filialsterben in den Fußgängerzonen. Zugegeben, schon vor der Krise gab es immer mehr Leerstand. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie überschlagen sich die Meldungen von drohenden Entlassungen im Einzelhandel. Runners Point schloss im Sommer alle Filialen in Deutschland, Galeria Karstadt Kaufhof macht mindestens ein Drittel aller Filialen dicht, der Mode-Discounter Pimkie ist insolvent und plant, 40 der insgesamt 75 Filialen zu schließen. Esprit, Douglas, Zara, C&A, H&M – die Liste lässt sich schon jetzt lang weiterführen.

50.000 Geschäfte könnten insolvenzbedingt schließen

Ein großer Umbruch ist im Gange

Angefeuert durch die Pandemie steckt der deutsche Einzelhandel offenbar mitten im größten Umbruch seiner Geschichte. Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht von 50.000 Geschäften aus, die durch die Corona-Pandemie insolvenzbedingt schließen müssten. Grund sei auch, dass Wirtschaftshilfen nicht rechtzeitig ankommen. Und in den Geschäften und Lagern türmen sich Klamottenberge, die keiner abnimmt.

Das Onlinegeschäft boomt …

Gerade bei der Mode fokussiert sich das Geschäft aktuell mehr und mehr auf den Online-Handel. Zwar haben die Einzelhändler im Weihnachtsgeschäft 2020 so wenig umgesetzt wie seit 1994 nicht mehr: Laut Statistischem Bundesamt sank der Umsatz im Dezember um 9,3 % zum Vorjahresmonat. Das Ergebnis ist damit deutlich schlechter als von Experten erwartet. Im Gesamtjahr hatte die Branche indes fast 4 % MEHR in den Kassen – die Inflation bereits eingerechnet. Dies war das größte Wachstum seit dem Jahr 1994. Und dieses Wachstum ist – wenig überraschend – vor allem auf die massiv gestiegenen Erlöse im Internet- und Versandhandel zurückzuführen: Hier stiegen die Umsätze im Jahr 2020 im Schnitt um 25 %.

Im Filialgeschäft dagegen Kahlschlag.

Der Einzelhandel reagiert. So will sich beispielsweise die Parfümeriekette Douglas in Zukunft auf das Online-Geschäft konzentrieren. Dort, so das Unternehmen, seien die Umsätze im Geschäftsjahr 2019/2020 um 40 % gewachsen. Im Filialgeschäft dagegen Kahlschlag: Douglas plant, bundesweit rund 60 Filialen zu schließen. Damit verlieren etwa 600 Mitarbeiter ihren Job.

… hilft das den Beschäftigten?

„Es waren die Geschäftsleitungen, die entscheidende Weichenstellungen bei der Digitalisierung und dem intelligenten Zusammenführen der verschiedenen Vertriebswege im stationären Einzelhandel verschlafen haben. Sie haben auf Preiskriege, Flächenexpansion und viele auch auf Tarifflucht gesetzt“, kritisiert Orhan Akman, der bei ver.di den Bereich Einzel- und Versandhandel leitet.

Schon 2020 forderte ver.di einen Digitalisierungstarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten.

Die Corona-Pandemie sei nicht die Ursache für die Probleme dieser Unternehmen, sie habe diese nur weiter verschärft und Missmanagement offengelegt. Schon 2020 forderte ver.di beispielsweise von der Modekette Hennes & Mauritz einen Digitalisierungstarifvertrag zum Schutz der Beschäftigten: „Wir wollen, dass die Beschäftigten in Zukunftskonzepte eingebunden werden, anstatt sie aus dem Unternehmen hinaus zu drängen. Wir wollen tarifvertraglich garantierte Beschäftigungssicherung für eine gute Arbeit mit Zukunft“, betonte Orhan Akman. Doch leider ist die Realität auch für Beschäftigte von H&M derzeit bitter. Wie viele andere profitieren sie vor Ort nicht vom Online-Boom.

Streit und Freiwilligenprogramm bei H&M

Berichten zufolge will der Moderiese H&M in Deutschland über die nächsten Monate etwa 800 Arbeitsplätze streichen. Der Konzern soll bereits ein Freiwilligenprogramm vorgelegt haben. Skandalträchtig sind die Einzelheiten, die nach und nach durchsickern: Laut Business Insider sind vor allem junge Mütter in Elternzeit, langzeiterkrankte Mitarbeiter und Schwerbehinderte im Fokus des Jobabbaus. Eine scharfe Reaktion kam unter anderem von der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Katja Mast: „Bei allem Respekt vor Sozialer Marktwirtschaft und unternehmerischer Freiheit: Das geht zu weit. Der digitale Wandel im Einzelhandel muss auf Augenhöhe mit den Beschäftigten gestaltet werden. Nicht an ihnen vorbei.“ H&M dementierte indes: Das Programm sei für „Kolleg*innen aus unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen“. Nach Spiegel-Informationen beträgt die geplante Abfindung für unter 60-Jährige ein Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Eltern erhalten für jedes unterhaltsberechtigte Kind zusätzlich 1.000 €, Schwerbehinderte weitere 2.500 €. Hinzu kommen Ausgleichszahlungen, wenn Angestellte vor Ende der Kündigungsfrist ausscheiden.

Der Betriebsrat hatte wochenlang für die Beschäftigten und den Erhalt von Arbeitsplätzen gekämpft.

Besser mit Betriebsrat!

Leider ist es im Einzelhandel keineswegs selbstverständlich, dass ein Betriebsrat existiert, der sich für die Interessen der Beschäftigten einsetzt. Allerdings zeigt unter anderem der Fall Galeria Karstadt Kaufhof, wie viel besser die Verhandlungsoptionen mit Betriebsrat sind. Denn oft kommen hier viele kreative Ideen mit ins Spiel. In letzter Sekunde konnte hier das Aus für sechs Warenhäuser abgewendet werden. Der Betriebsrat hatte wochenlang für die Beschäftigten und den Erhalt von Arbeitsplätzen gekämpft.

Interessenvertretung heißt in diesen Zeiten auch immer Kampf um sichere Arbeitsplätze. Sei es durch kreative Vorschläge wie flexible Arbeitszeitmodelle, innovative Ideen zur Digitalisierung oder auch einfach durch hartnäckiges Verhandeln. Und auch wenn der Betriebsrat eine Standortschließung am Ende nicht immer verhindern kann: Er kann bestimmten Voraussetzungen einen Sozialplan erzwingen, um zumindest soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen und finanzielle Härten abzufedern. (CB)

Kontakt zur Redaktion Kollegen empfehlen
Drucken

Das könnte Sie auch interessieren

Anhörungsrecht und Widerspruch des Betriebsrats bei ordentlicher Kündigung

Kündigung - das Wort ist verständlicherweise negativ behaftet. Da klingt eine ordentliche Kündigung ...

Kandidatensuche, Vorschlagslisten und Stützunterschriften

Damit es bei der Betriebsratswahl nicht an Mitgliedern für den neuen Betriebsrat fehlt, können alle ...

Was sind die Folgen der Corona-Krise für Betriebsräte?

Eine Rezession ist nicht zu vermeiden. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat zur Beg ...