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Fachartikel Verhandlung Verhandeln als wichtigste Aufgabe des Betriebsrats und der SBV

Verhandeln als wichtigste Aufgabe des Betriebsrats und der SBV

Souveräne und erfolgreiche Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, der Belegschaft und im Gremium

Oft steht in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber für die Kollegen sehr viel auf dem Spiel. Ob Gehalt oder Einsparungen: Je existenzieller das Thema, desto höher wird der Erwartungsdruck an Sie als Betriebsrat und als SBV. Doch wie verhandeln Sie bestmöglich, ohne folgenschwere taktische Fehler zu machen? Eins ist sicher: Wer gut verhandeln kann, kommt am Ende weiter.

Stand:  17.1.2024
Lesezeit:  03:45 min
Verhandeln als wichtigste Aufgabe des Betriebsrats und der SBV | © AdobeStock | Alex from the Rock

Was macht ein gutes Verhandlungsergebnis aus?

Ob bei Gesprächen mit der Belegschaft, dem Arbeitgeber oder Diskussionen in Fachausschüssen: Verhandeln und argumentieren gehören zum Grundhandwerkszeug für jeden Betriebsrat und jeden Schwerbehindertenvertreter. Damit Sie Ihre Position auch unter schwierigsten Bedingungen souverän vertreten können, ist es wichtig, die Muster und Spielregeln der Verhandlungsführung zu kennen und diese anzuwenden. Die hohe Kunst von „verhandeln und argumentieren“ kann jeder lernen!

Kündigungen, Mobbing, schlechte Arbeitsbedingungen, Betriebs- oder Inklusionsvereinbarungen: Es gibt viele Themen, über die Sie als Interessenvertreter mit Ihrem Arbeitgeber diskutieren und verhandeln müssen. Die größte Herausforderung für Sie als Betriebsrat und Schwerbehindertenvertreter liegt darin, in Verhandlungen die Interessen aller Beteiligten möglichst unter einen Hut zu bringen und niemanden als „Verlierer“ dastehen zu lassen. Es geht darum, auf konstruktivem Weg zu einem eindeutigen, fairen und realisierbaren Ergebnis zu kommen, das die Interessen der Belegschaft bestmöglich wiedergibt.

Die Problemlösungsstrategie: eine Lösung, zwei Gewinner

Erfolgsversprechend ist, in Verhandlungsgesprächen nach der Problemlösungs-Strategie oder Gewinner-Gewinner-Strategie vorzugehen: Ziel dieser Strategie ist es, ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis zu erzielen, und – trotz aller Härte in der Sache – die Beziehungen zwischen den Verhandlungspartnern nicht zu beschädigen. Gerade das kann beim Monatsgespräch zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat sowie der SBV wichtig sein. Das Verhalten beider Seiten orientiert sich an der gemeinsamen Verantwortung für die Lösung des Problems. Die Verhandlungspartner suchen nach Lösungen, die beiden Seiten Vorteile bringen. Schließlich geht es auch darum, langfristig eine gute Zusammenarbeit zu erreichen.

Die Vorbereitung: Was will ich als Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertreter erreichen?

Bevor Sie als Interessenvertreter aktiv verhandeln, sollten Sie sich einige Stichworte zu Ihren Zielen notieren. Bedenken Sie, dass Ihr Vorgesetzter möglicherweise ein geübter Verhandlungspartner ist und mangelnde Vorbereitung ausnutzen könnte, um Sie mit eigenen Forderungen zu „überfahren“.

Formulieren Sie darum zwei Ziele: Ein Maximalziel, mit dem Sie einsteigen, und eine Mindestforderung, bis zu der Sie bereit sind, der anderen Seite entgegenzukommen. Überlegen Sie sich mögliche Alternativen, wie sich das anstehende Problem vielleicht anders lösen ließe. Welche Einwände wird Ihr Verhandlungspartner haben? Wie können Sie in Ihrer Rolle als Betriebsrat oder Schwerbehindertenvertreter darauf reagieren? Wie könnte ein gegenseitiges „Geben“ und „Nehmen“ in den Verhandlungen aussehen?

In der Verhandlung: Mit Nutzenargumenten den Chef überzeugen

Denken Sie bei Ihrer Vorbereitung daran, dass das „beste“ Argument für Ihren Chef immer auch ihm selbst nutzen wird. Falls das nicht funktioniert, können Sie immer noch auf „Druckmittel“ zurückgreifen. Um die vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in Zukunft zu erhalten, sollten Sie diesen Weg allerdings nur im Notfall beschreiten und dann auch wirklich bereit sein, die angedrohten Druckmittel einzusetzen. 

Verhandeln im Team mit Betriebsratskollegen und verteilten Rollen 

Im Vorfeld einer Verhandlung ist es wichtig, ein schlagkräftiges Verhandlungsteam aufzustellen. Nutzen Sie als Betriebsrat den Vorteil, dass Sie als BR-Gremium dem Arbeitgeber in der Verhandlung zahlenmäßig überlegen sein können. In Verhandlungsteams sind grundsätzlich alle Gremiumsmitglieder gefordert. Hier kommt es darauf an, die jeweiligen Rollen innerhalb des Verhandlungsteams festzulegen und dabei auf die persönlichen Stärken der beteiligten Betriebsratsmitglieder zu achten. 

Folgende Rollen sind für Sie als Betriebsrat in einem Verhandlungsteam denkbar 

  • der Verhandlungsführer (meist der BRV)
  • der Moderator (Gesprächsleiter)
  • der provokante und kontroverse „Bad-Guy“
  • der harmonie- und kompromissorientierte „Good-Guy“
  • der gute Zuhörer
  • der Experte
  • der Schrift- oder Protokollführer 

Der Vorteil eines Verhandlungsteams mit verteilten Rollen liegt darin, dass sich verschiedene Personen auf ihre Stärken und ganz bestimmte Aufgaben konzentrieren. Damit dies gelingt und die Teamarbeit in der Verhandlung für alle tatsächlich eine Erleichterung ist, bedarf es einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Gremium und sehr guter Absprachen.

Tipp für Schwerbehindertenvertreter

Als Schwerbehindertenvertreter sind Sie als Einzelkämpfer gut beraten, wenn Sie sich bei komplexen oder schwierigen Verhandlungsthemen Verbündete aus dem Betriebsrat oder dem Ausschuss für Arbeitssicherheit suchen, diese zu Ihren Verhandlungen hinzuziehen und mit verteilten Rollen in die Diskussion mit dem Arbeitgeber gehen.

Aufgaben und Eigenschaften als Verhandlungsführer

Der Betriebsratsvorsitzende hat im Gremium eine wichtige Sonderstellung und übernimmt in Verhandlungen meist die Rolle des Verhandlungsführers. Alternativ kann auch einer der erfahrensten Betriebsräte mit dieser Rolle betraut werden – insbesondere, wenn dieser in Bezug auf das Verhandlungsthema inhaltlich sehr kompetent ist. Der Betriebsratsvorsitzende übernimmt dann beispielsweise die Rolle des Moderators oder Gesprächsleiters.

Aufgaben des Verhandlungsführers

Der Verhandlungsführer eröffnet und schließt die Verhandlungen. Er gibt die Richtung vor, stellt gezielt Fragen, um weitere Informationen von der Arbeitgeberseite zu gewinnen, bringt Vorschläge aus dem eigenen Verhandlungsteam ein, fasst den Verlauf der Diskussionen und deren Zwischenergebnisse zusammen, unterbricht falls notwendig zur getrennten Beratung oder beantragt, die Verhandlung zu vertagen. Der Verhandlungsführer akzeptiert verbindlich Einigungsvorschläge, hält am Ende die Verhandlungsergebnisse fest sowie die Arbeitsaufträge und Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Kurz gesagt: Der Verhandlungsführer ist dafür verantwortlich, den gesamten Verhandlungsprozess zu steuern und darauf zu achten, dass die im Vorfeld festgelegte Strategie eingehalten und die Taktik auf die jeweilige Situation ausgerichtet werden. 

Eigenschaften eines Verhandlungsführers

Einem erfolgreichen Verhandlungsführer gelingt es, mit einer ausgeprägten Intuition und Menschenkenntnis die jeweilige Verhandlungssituation und die Interessen der gegenüberliegenden Seite bzw. der Verhandlungspartner gut einzuschätzen. Diese Eigenschaften helfen ihm dabei, die eigenen Argumente nutzenorientiert und schlagkräftig zu formulieren. Neben überzeugenden Argumenten ist es sicherlich hilfreich, wenn der Verhandlungsführer auch durch seine Persönlichkeit und ein souveränes Auftreten überzeugt und er durch seine Fähigkeit zu strategischem Denken und Handeln das Verhandlungsteam auch durch herausfordernde Verhandlungssituationen führen kann.

Praxistipps für erfolgreiche Verhandlungen

Tipp 1: Versetzen Sie sich in den anderen!

Fragen Sie sich: Was will der andere? Kommunikation ist vor allem dann erfolgreich, wenn sie adressatengerecht ist. Bevor Sie selbst argumentieren, lernen Sie erst die Gedanken Ihres Gegenübers kennen: Nutzen Sie kreative Fragetechniken und die Kunst des aktiven Zuhörens. Achten Sie darauf, dass Ihre Argumente aus der Sicht des anderen schlüssig sind. 

Tipp 2: Zeigen Sie Flexibilität bei der Lösungssuche!

Legen Sie sich nicht schon vor dem Gespräch auf eine Lösung fest – das gefährdet den Verhandlungserfolg. Verlieren Sie sich nicht im Entweder-oder-Denken. Bleiben Sie offen für neue Ideen. Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, dass Vorteile für den einen immer Nachteile für den anderen bringen müssen.

Tipp 3: Konzentrieren Sie sich auf Interessen und nicht auf Positionen!

Denken Sie daran: Hinter gegensätzlichen Positionen können oft gemeinsame, ausgleichbare Interessen liegen. Hinterfragen Sie immer zuerst die Beweggründe hinter der Forderung des anderen. Legen Sie danach Ihre eigenen Motive und Interessen dar. Argumentieren Sie klug: Untermauern Sie Ihre eigenen Forderungen mit den Interessen der anderen Seite!

Tipp 4: Vermeiden Sie Fehler in der Körpersprache!

In Gesprächssituationen und wichtigen Verhandlungsphasen ist die richtige Körpersprache entscheidend. Deshalb sollten Sie die folgenden Negativ-Gesten unbedingt vermeiden:

  • Fehlender Blickkontakt, verschränkte Arme und grimmiges Gesicht
  • Schlaffe Körperhaltung und lascher Händedruck
  • Mit Gegenständen spielen, an der Kleidung zupfen oder mit den Händen fuchteln

Erfolgreich argumentieren – so funktioniert´s

Als Interessenvertreter sind Sie darauf angewiesen, mit der Geschäftsführung zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Das Mittel, mit dem Sie mit mehreren Menschen zu einer gemeinsamen Einschätzung oder Entscheidung kommen oder einander überzeugen können, ist die Argumentation. 

Gehen Sie nie in eine Verhandlungsrunde, ohne vorher den möglichen Gesprächsverlauf und die Wirksamkeit Ihrer Argumente und möglicher Gegenargumente erprobt zu haben.

Gerade in Ihrer Rolle als Betriebsrat oder SBV sollte es so sein, dass Sie den eigenen Standpunkt selbstbewusst vertreten und sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen lassen: Mit geschickter Argumentationstechnik gehen Sie viel sicherer in Verhandlungsgespräche.

Praxistipps: So setzen Sie Ihre Argumente als Interessenvertreter gezielt ein!

Tipp 1: Den eigenen Standpunkt darstellen

Ganz gleich, um welche Thematik oder welches Problemfeld es sich bei einer Argumentation handelt: Stellen Sie zunächst einmal den eigenen Standpunkt dar. Kennsätze, die Ihre eigene Meinung in besonderer Weise herausheben sollen, beginnen Sie am besten mit solchen Formulierungen: „Wir sind der Überzeugung ...“ oder „Meiner Ansicht nach ist ...“. 

Tipp 2: Die Argumente anführen

Im zweiten Teil führen Sie Argumente an, die die geäußerte Meinung möglichst objektiv untermauern. Benennen Sie auch den Nutzen für Ihr Gegenüber, nicht nur für Sie! Wichtig: Gute Argumente sind immer Nutzen-Argumente – und zwar mit Blick auf den Gesprächspartner. Die entscheidende Frage bei der Vorbereitung Ihrer eigenen Argumentation lautet: „Was hat mein Gegenüber davon, unserem Vorschlag zuzustimmen?“ 

Tipp 3: Eine Folgerung formulieren 

Im dritten Schritt kommt es darauf an, eine Schlussfolgerung aus Ihrem Standpunkt, Ihren Argumenten und eventuell Ihren Beispielen zu erstellen. Diese Formulierungen können Sie dafür verwenden: „Daraus ergibt sich ...“, „Daraus folgt ...“ oder „Womit deutlich wird ...".

Tipp 4: Der Appell zum Schluss 

Mit Ihrer sinnvollen Argumentation wollen Sie die Ansichten anderer verändern, den Blick auf einen bestimmten Bereich lenken oder zur Einsicht bewegen. Im letzten Schritt fordern Sie daher Ihr Gegenüber auf, sich anhand der vorliegenden Argumente von einer anderen Ansicht überzeugen zu lassen.

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