Oft steht in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber für die Kollegen sehr viel auf dem Spiel. Ob Kurzarbeit oder Einsparungen: Je existenzieller das Thema, desto höher wird der Erwartungsdruck an Sie als Betriebsrat. Doch wie verhandeln Sie bestmöglich, ohne folgenschwere taktische Fehler zu machen?
Verhandlungsgespräche sind komplex
Verhandlungen finden nicht nur in formalen Runden mit der Geschäftsleitung oder innerhalb des eigenen Gremiums statt: Neben diesen großen Verhandlungsrunden werden wichtige Entscheidungen oftmals auch in Verhandlungspausen, beim alltäglichen und informellen Austausch oder in kurzen Vier-Augen-Gesprächen getroffen. Leider verlaufen diese Gespräche nicht immer sachlich und strukturiert. Das liegt auch daran, dass es sich bei Verhandlungsgesprächen um sehr komplexe Kommunikationsprozesse handelt, die von menschlichen Stärken und Schwächen sowie von unterschiedlichen Vorerfahrungen, Befindlichkeiten und Interessen beeinflusst werden.
Videotipp zum Thema:
Lassen Sie sich immer wieder von bestimmten Personen provozieren?
Kommen Ihnen diese Situationen bekannt vor?
- Hatten Sie nach einer Verhandlung das Gefühl, dass Ihr Gegenüber mit einem Satz alle Ihre gut durchdachten Ideen und Vorschläge einfach vom Verhandlungstisch „weggewischt“ hat?
- Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Ihr Gegenüber Sie mit einem überraschend guten Lösungsvorschlag überrumpelt hat, und Sie den Haken an der Lösung erst im Nachhinein bemerkt haben?
- Lassen Sie sich immer wieder von bestimmten Personen bzw. deren Verhaltensweisen oder Aussagen provozieren?
- Haben Sie in Ihrem Verhandlungsteam das Gefühl, dass bald nichts mehr geht und eine Einigung weit entfernt ist?
Welche Kompetenzen brauchen Sie als Betriebsrat?
Eine erfolgreiche Verhandlungsführung erfordert von Ihnen viele Kompetenzen bzw. unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Naheliegend ist, dass Sie eine hohe Sachkompetenz benötigen. Als Betriebsrat müssen Sie inhaltlich sehr gut informiert sein und sich im Vorfeld der Verhandlungen spezielles Fachwissen aneignen, wie vertiefte arbeitsrechtliche oder auch wirtschaftliche Kenntnisse. Allerdings reicht das Fachwissen allein nicht aus, um als Betriebsrat gut verhandeln zu können.
Mindestens genauso wichtig ist die erforderliche Methodenkompetenz. In der Verhandlungsführung müssen Sie verschiedene Kommunikationstechniken und -strategien anwenden, um Argumente stichhaltig aufzubauen und die Verhandlungsgespräche zielführend und ergebnisorientiert zu lenken.
Sind Sie eher der „good guy“ oder „bad guy“ ?
Ein guter Verhandlungsführer bringt eine hohe Sozialkompetenz mit, da er sein Verhandlungsteam idealerweise so aufbaut, dass die unterschiedlichen Rollen (Verhandlungsführer, Moderator, Fachexperte, Protokollführer etc.) gemäß den jeweiligen persönlichen Stärken gut verteilt sind. Hilfreich ist zudem eine gewisse Selbstkompetenz oder Fähigkeit, sich flexibel auf neue Argumente oder Verhandlungspartner einzustellen, alternative Lösungen zu erarbeiten und sich selbst als Verhandlungsführer mit eigenen Stärken und Schwächen gut einschätzen zu können. Fragen Sie sich, welche Rolle Ihnen in Verhandlungen am besten liegt: Sind Sie eher der „good guy“, der „bad guy“ oder der neutrale Moderator?
Was ist das Ziel?
Unabhängig vom Verhandlungsgegenstand sollte das Ziel in Verhandlungen sein, die Interessen aller Beteiligten möglichst unter einen Hut zu bringen und niemanden als „Verlierer“ dastehen zu lassen. Dabei ist es wichtig, ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis zu erzielen, und – trotz aller Härte in der Sache – die Beziehungen zwischen den Verhandlungspartnern nicht zu beschädigen. Der Schlüssel liegt darin, dass beide Verhandlungsteams nach Lösungen suchen, die beiden Seiten Vorteile bringen. Schließlich geht es darum, langfristig eine gute Zusammenarbeit zu erreichen. Wenn am Ende beide Seiten als Gewinner aus einer Verhandlung herausgehen, haben Sie alles richtig gemacht.
Wie komme ich da hin?
Arbeiten Sie in Ihrer Argumentation den Nutzen für die Gegenseite heraus und bleiben Sie ruhig, auch wenn es „heiß hergeht“. Es ist wichtig, den eigenen Standpunkt trotz Provokationen, Ablenkungen und Stress selbstbewusst zu vertreten und die Verhandlung ruhig und sachlich am Laufen zu halten. Fühlen Sie sich dieser Herausforderung gewachsen? Analysieren Sie Ihre Stärken und Schwächen in Bezug auf Ihre Verhandlungskompetenz, damit Sie diese gezielt stärken und Ihren persönlichen Verhandlungsstil verbessern können. Dann steht Ihren Verhandlungserfolgen – auch in schwierigen Zeiten – nichts mehr im Wege. (RZ;BV)