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Faire und wertschätzende Verhandlungen? Betriebsrat befürchtet Schwierigkeiten
Diese Meldung trifft das Wertachtal, eine Region im Unterallgäu, bis ins Mark: Die Papierfabrik UPM in Ettringen wird im Sommer 2025 komplett geschlossen – 235 Menschen werden dabei ihren Job verlieren. „Das wird heftig“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Bernd Ulbrich, dem gemeinsam mit seinem Gremium turbulente Wochen bevorstehen. Warum die Fabrik überhaupt geschlossen wird, was der Betriebsrat vom Arbeitgeber jetzt fordert und wie es für die Mitarbeiter weitergeht, darüber spricht der 57-Jährige gemeinsam mit seinem Stellvertreter im Interview.
Bernd Ulbrich: Dass hier Schluss sein wird, darüber ist das letzte Wort gesprochen. Ob es zu diesem Datum sein wird, ist noch in Frage gestellt – es weiß niemand so genau, woher dieses kommt. Wir gehen davon aus, dass von den Verantwortlichen in Finnland geschaut wurde, wie lange die letzten Werksschließungen gedauert haben und dann eben ein Vierteljahr angesetzt wurde. Davon abgesehen, reden wir – wenn überhaupt – über ein paar Monate länger, bis die Verhandlungen abgeschlossen sind.
Bernd Ulbrich: Bei vorherigen Schließungen hat UPM die Sozialplan- und Interessenausgleichsverhandlungen relativ fair geführt. Allerdings gibt es eine neue Führung und es wurde angekündigt, dass einige Maßnahmen wie Altersteilzeitregelungen viel zu teuer seien. Da erwarten wir also, dass wir mehr Schwierigkeiten bekommen.
Bernd Ulbrich: Dass respektvoll und wertschätzend mit den Mitarbeitern umgegangen wird. Dass wir vernünftige Lösungen finden, gerade was die Altersteilzeitlösungen angeht. Rund 130 Mitarbeiter sind über 50 Jahre alt, ein Großteil von ihnen ist 30 Jahre oder länger dabei – da sind Maßnahmen Richtung Renteneintritt natürlich vorrangig. Gleichzeitig möchten wir eine vernünftige Abfindung für die Kollegen, die ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Wie die Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, gibt es Möglichkeiten, die finanzierbar sind. Wir sehen keinen Grund, warum unsere Leute schlechter behandelt werden sollten.
Bernd Ulbrich: Da haben wir wenig Hoffnung. Zum einen haben die meisten wahrscheinlich ohnehin keine große Lust mehr unter dem Arbeitgeber zu arbeiten, zum anderen betrifft der Papiernachfragerückgang auch die weiteren Werke.
Bernd Ulbrich: Wir bedienen hauptsächlich den grafischen Sektor. Die Produkte, die wir an der Maschine produzieren – Papiere für Zeitungen, Zeitschriften, Flyer etc. – sind im Zuge der Digitalisierung einfach nicht mehr so gefragt. Zusätzlich treffen uns als energieintensive Branche die schwankenden Energiepreise massiv.
Bernd Ulbrich: Man hat geahnt, dass etwas passieren könnte, weil man gesehen hat, dass die letzten Monate die Auslastung nur bei circa 40 Prozent lag. Zudem war die Ergebnissituation unbefriedigend, dennoch sind wir von der plötzlichen Ankündigung überrumpelt worden. Wir haben es als Betriebsrat rund eine Stunde früher erfahren als alle anderen. Auch die Mitarbeiter wurden erst eineinhalb Stunden vorher eingeladen und mussten dann hören, dass der Standort gestorben ist – das war schon krass.
Bernd Ulbrich: Noch machen unsere Mitarbeiter einen Top-Job, selbst seit der Ankündigung. Wir haben keine erhöhte Krankenquote und auch die Kennzahlen der Maschine sprechen dafür. Wir haben sehr viele langjährige Mitarbeiter, die einiges erlebt haben in den letzten Jahren und dabei immer sehr flexibel waren. Sie haben alle Veränderungsschritte mitgemacht, sind letztes Jahr sogar in Kurzarbeit, obwohl der Arbeitsmarkt sehr gut für Arbeitnehmer war. Das zeigt: Die Belegschaft stand immer zu dem Standort, umso schwieriger ist die Situation für die Leute jetzt.
Bernd Ulbrich: Wir haben leider schon ein paar Restrukturierungsmaßnahmen miterleben müssen. 2010 hatten wir noch fast 600 Beschäftigte, seither haben wir zwei Papiermaschinen verloren und die Belegschaft auf jetzt 235 runterreduziert. Ganz fremd ist die Aufgabe also nicht. Auf der einen Seite müssen wir den persönlichen Befindlichkeiten der Mitarbeiter gerecht werden, sie beruhigen und versuchen, vernünftige Lösungen für sie zu finden. Auf der anderen Seite ist der Arbeitgeber, der jetzt probiert, irgendwelche Sparprogramme zu fahren – das müssen wir verhindern.
Bernd Ulbrich: … was bei meinem Stellvertreter noch etwas einfacher ist: Er hat seine Meisterausbildung absolviert, hat fundierte Kenntnisse und vom Alter passt es bei ihm sehr gut. Bei den anderen Betriebsräten im Gremium ist es zwiegespalten, wir haben ein paar Jüngere, aber auch ein paar Ältere dabei. Ich bin beispielsweise vor kurzem 57 geworden, da wird es also nicht so einfach, zumal ich seit 2010 freigestellt bin. Es wird also noch einiges auf mich persönlich zukommen und auf die Betriebsratskollegen ebenso.
Bernd Ulbrich: Ängste … weiß ich jetzt nicht. Momentan ist man eher damit beschäftigt, Lösungen für die Kollegen zu finden. Die Gedanken an die eigene Zukunft stehen da hinten an. Das wird sicherlich noch kommen, aber vielleicht bilden sich noch Wege im Zuge der Verhandlungen. Unser Hauptinteresse war jetzt erstmal, unsere neun Auszubildenden unterzubringen. Und das wird voraussichtlich bei einer Firma im näheren Umfeld gelingen, die alle übernehmen wird.
Bernd Ulbrich: Wenn das Angebot von der Arbeitgeberseite vergleichbar mit denen früherer Schließungen ist, kann es relativ schnell gehen. Wenn jedoch die angekündigte Linie verfolgt wird, dann kann es durchaus dauern. (tis)
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