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News Arbeitszeit Deutlicher Rückgang der Überstunden

Deutlicher Rückgang der Überstunden

Warum sinkende Überstunden nicht gleich Faulheit bedeuten

„Statistiken sind verlogene Wahrheiten“, sagte einst der Schriftsteller Lytton Strachey (1880–1932). Gemeint ist: Zahlen lassen sich deuten und biegen – solange man nicht hinterfragt, wie sie entstanden sind und was dahintersteckt. Fakt ist: Die erfassten Überstunden in Deutschland sind stark gesunken. Doch bedeutet das wirklich, dass wir als Arbeitnehmer weniger fleißig sind?

Stand:  21.2.2025
Lesezeit:  02:45 min
Überstunden Arbeitnehmer | © AdobeStock | Creativa Images

Im Jahr 2023 leisteten Beschäftigte in Deutschland etwa 583 Millionen bezahlte und rund 702 Millionen unbezahlte Überstunden – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Im dritten Quartal 2024 erreichte die Zahl der Überstunden sogar ein historisches Tief: Im Durchschnitt machte jeder Arbeitnehmer lediglich 3,3 bezahlte und 3,9 unbezahlte Überstunden.
Seit der Pandemie ist das Überstundenvolumen laut dem Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) um mehr als ein Drittel pro Person gesunken. Doch was steckt hinter dieser Statistik der Überstunden – und was erklärt diesen drastischen Rückgang?

Von Überstunden spricht man also, wenn ein Arbeitnehmer seine persönliche, vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschreitet.

Die verschiedenen Arten der Überstunden  

Wichtig ist dabei zu wissen, wie man Überstunden definiert. Überstunden entstehen, wenn Arbeitnehmer mehr arbeiten als vertraglich vereinbart. Dabei lassen sich drei Varianten unterscheiden:

  • Bezahlte Überstunden: mit zusätzlichem Gehalt vergütet
  • Unbezahlte Überstunden: ohne finanziellen Ausgleich
  • Freizeitausgleich: Überstunden werden auf einem Arbeitszeitkonto gesammelt und später durch freie Zeit abgegolten. Dieses Modell erlaubt es Beschäftigten, Arbeitsspitzen auszugleichen und Zeitguthaben in ruhigeren Phasen zu nutzen.

Von Überstunden spricht man also, wenn ein Arbeitnehmer seine persönliche, vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschreitet. Mehrarbeit meint, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird. 

Mehr zum Thema: Fragen und Antworten zum Thema Überstunden und Mehrarbeit

Doch wie sind die Arbeitszeiten generell im Europäischen Vergleich?

Betrachtet man die Arbeitszeiten, dann ist auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland leicht gesunken – von 40,7 Stunden im Jahr 2011 auf 39,8 Stunden im Jahr 2023. Gleichzeitig nahm die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten allerdings zu: Sie arbeiteten 2023 im Schnitt 21,2 Stunden pro Woche, während es 2011 noch 18,2 Stunden waren. 
Insgesamt blieb die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller abhängig Beschäftigten damit nahezu konstant und sank nur leicht von 34,6 auf 34,1 Stunden. Nimmt man diesen durchschnittlichen Faktor, dann sind wir nicht das einzige Europäische Land mit rückläufigen Arbeitsstunden. Also doch eher dem modernen Arbeitsleben geschuldet?

Ja, es wird weniger - Arbeitsstunden wie auch Überstunden! Doch es könnten auch wirtschaftliche Gründe dahinter stecken. Hier ein paar Faktoren, die zu geringeren Arbeitszeiten und Überstunden führen.

Überstundenabbau als erste Maßnahme in Krisenzeiten

Wenn Auftragsrückgänge drohen, wollen (und müssen!) Unternehmen in der Regel ihre Personalkosten senken und verzichten schon deshalb auf Überstunden. Besonders hart trifft es derzeit Branchen wie Maschinenbau und Automotive. In vielen Fällen wird der Abbau aufgelaufener Überstunden genutzt, um Produktionsrückgänge abzufedern. Sind die Überstunden abgeschmolzen, kommt  Kurzarbeit in Betracht. 
Im Jahr 2023 meldeten 20.914 Betriebe Kurzarbeit an; im Jahr 2024 waren es bereits 27.874. 

Mehr Nebenjobs statt Überstunden

Neben der wirtschaftlichen Entwicklung gibt es auch einen gesellschaftlichen Wandel: Immer mehr Menschen arbeiten in Teilzeit:  Im dritten Quartal 2024 stieg die Teilzeitquote im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent auf 39,7 Prozent. Nach Analysen des IAB gibt es aktuell fast 100.000 weniger Vollzeitjobs, dafür aber rund 200.000 mehr Teilzeitstellen als im Vorjahr.  Der Trend zu Teilzeitmodellen wird zunehmend von den Arbeitnehmern selbst vorangetrieben. Viele Beschäftigte wünschen sich mehr Flexibilität und eine bessere Work-Life-Balance.
Andere sind zu Teilzeit gezwungen, denn viele Eltern können trotz eines Betreuungsplatzes nicht auf eine verlässliche Kinderbetreuung zählen. Laut einer Befragung der Hans-Böckler-Stiftung erlebten knapp 60 Prozent der Eltern im Herbst 2024 Kürzungen der Betreuungszeiten oder kurzfristige Schließungen. Rund 29 Prozent hatten zwei oder mehr ausgefallene Betreuungstage in drei Monaten, knapp vier Prozent sogar über zehn Tage. An Überstunden gar nicht zu denken!
Spannend dazu ist, dass die Zahl der Nebenjobs steigt. Wegen der steigenden Lebenshaltungskosten ist es kein Wunder, dass inzwischen fast jeder Neunte einen Nebenjob hat.

Insgesamt zeigt sich, dass der Rückgang der Überstunden nicht zwangsläufig auf mangelnden Arbeitseifer hindeutet.

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass der Rückgang der Überstunden nicht zwangsläufig auf mangelnden Arbeitseifer hindeutet. Vielmehr spielen wirtschaftliche Faktoren, branchenspezifische Entwicklungen und ein allgemeiner Wandel der Arbeitswelt eine Rolle. Auch im europäischen Vergleich ist der Trend zu kürzeren Arbeitszeiten erkennbar. Dabei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass statistische Werte z.B. auch durch bestimmte Gruppen wie Schüler und Studierende verzerrt werden können. Und nicht nur junge Leute, sondern auch ältere Arbeitnehmer wünschen sich immer häufiger eine bessere Balance zwischen Arbeit und Freizeit, um die Gesundheit in einer schnelllebigen und digitalen Welt zu erhalten. (sw)

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