Was das Urteil aber tatsächlich genau für Auswirkungen in den Betrieben haben wird, ist noch nicht abzusehen. In jedem Fall ist der deutsche Gesetzgeber aber aufgefordert, das Urteil in nationales Recht umzusetzen. Fest steht also, dass die Entscheidung des EuGH Folgen haben wird – nur noch nicht, welche.
Aber eines ist sicher: Als Betriebsrat sollten sie dieses Urteil und die weitere Entwicklung genau im Blick haben. Hier erfahren sie, was in diesem Fall überhaupt passiert ist und was genau der Europäischen Gerichtshof EuGH eigentlich gesagt hat:
Wie kam es zu dem EuGH Urteil zur Arbeitszeit?
Der Sachverhalt
Geklagt hatte eine spanische Gewerkschaft. Sie wollte erreichen, dass die Deutsche Bank SAE verpflichtet wird, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit und die geleisteten Überstunden der Mitarbeiter überprüft werden können. Die Gewerkschaft meinte, die Verpflichtung für ein solches System ergebe sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Die Deutsche Bank hingegen sagte, dass eine solche Verpflichtung nicht existiert. Das spanische Recht schreibt Arbeitgebern lediglich die Erfassung von Überstunden vor. Das ist bei uns in Deutschland übrigens genauso: § 16 Abs. 2 Satz 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verpflichtet Arbeitgeber, die Arbeitszeit aufzuzeichnen, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgeht. Nun, der spanische nationale Gerichtshof fragte jedenfalls beim Europäischen Gerichtshof an, ob bzw. inwieweit die bestehenden spanischen Regelungen mit dem europäischen Recht vereinbar sind.
Was der EuGH dazu sagt
Der Europäische Gerichtshof hat am 14.05.2019 (Rs. C-55/18) entschieden, dass die vollständige Arbeitszeit erfasst werden muss.
Der EuGH weist darauf hin, dass die Charta und die Arbeitszeitrichtlinie ein verbürgtes Grundrecht für jeden Arbeitnehmer enthalten, die Höchstarbeitszeit zu begrenzen und die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten einzuhalten. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass den Arbeitnehmern diese Rechte auch tatsächlich zukommen. Hierfür, so der EuGH, ist ein System erforderlich, mit dem die regelmäßig geleisteten Arbeitsstunden und ihre Verteilung sowie die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich ermittelt werden können. Eine Regelung, die beispielsweise nur eine Erfassung der Überstunden vorsieht, genügt nicht. Zeugenaussagen, E-Mails, die Auswertung von Mobiltelefonen oder Computern sind laut EuGH keine objektiven und verlässlichen Mittel zur Arbeitszeiterfassung im Sinne des europäischen Rechts. Allerdings dürfen die Besonderheiten eines Tätigkeitsbereichs bzw. Eigenheiten oder auch die Größe von Unternehmen durchaus berücksichtigt werden.
Was bedeutet das Urteil für Betriebsräte?
Für den Arbeitnehmerschutz ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs erfreulich. Jetzt sind aber erstmal die Mitgliedsstaaten am Zug, denn sie sind Adressat des Urteils. Was der deutsche Gesetzgeber aus der Entscheidung des EuGH machen wird, steht noch nicht fest. Die Technik bietet heutzutage viele Möglichkeiten, um z.B. auch für Außendienstmitarbeiter oder Telearbeiter den geforderten Arbeitnehmerschutz zu gewährleisten. Wir bleiben jedenfalls am Ball und halten Sie auf dem Laufenden.
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Wichtig zu wissen:
Ein aktuelles Gutachten bestätigt, dass unser Arbeitszeitgesetz überarbeitet werden muss!