Demografischer Wandel, veränderte Rollenbilder, verschobene Lebensphasen, Wertewandel und zunehmende Individualisierung – unsere Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Schon seit einigen Jahren wird im Personalwesen daher ein Konzept immer wichtiger: die lebensphasenorientierte Personalpolitik. Was bedeutet das genau?
Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik zielt darauf ab, die nachhaltige Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit aller Mitarbeiter zu fördern und langfristig zu sichern.
Nachhaltige Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit
Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik zielt darauf ab, die nachhaltige Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit aller Mitarbeiter zu fördern und langfristig zu sichern. Dabei werden die verschiedenen Lebensphasen der Mitarbeiter berücksichtigt, die durch individuelle private und berufliche Hintergründe geprägt sind. Darüber hinaus strebt sie an, die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Lebenssituationen zu verbessern und die Auswirkungen demografischer Veränderungen durch eine altersgerechte Personalpolitik zu bewältigen.
Beispiele für Lebensphasen:
- Ausbildung
- Berufseinstieg
- Elternzeit
- Karriere
- Hierarchischer Aufstieg durch Berufsqualifizierung
- Eigene Krankheitsphasen
- Kritisches oder traumatisches Ereignis
- Pflege von Angehörigen
- Vorruhestand
- Rente
„Arbeitszeitmodelle, Home-Office und Benefits – das haben wir doch schon!“
Als Betriebsrat haben Sie wahrscheinlich bereits Betriebsvereinbarungen zu Themen wie Arbeitszeit oder Home-Office abgeschlossen. Warum also sollte man sich zusätzlich mit einer lebensphasenorientierten Personalpolitik auseinandersetzen?
Der Wert einer solchen Ausrichtung geht weit über die bloße Einführung neuer Regelungen hinaus. An erster Stelle steht die Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, was in Zeiten knapper Fachkräfte entscheidend ist. Doch es geht auch um die Gesundheit der Belegschaft und damit um die Effizienz des Unternehmens. Kranke oder überlastete Mitarbeiter, die neben einem Vollzeitjob beispielsweise noch die Pflege ihrer Eltern und die Führung ihres Haushalts bewältigen müssen, können kaum ihre volle Leistung abrufen. Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik betrachtet den Mitarbeiter ganzheitlich und berücksichtigt seine individuellen Lebensumstände.
Lebensphasenorientierte Maßnahmen für Unternehmen:
- Flexibilisierung von Arbeitszeiten (z. B. Gleitzeit, Teilzeitmodelle)
- Sabbaticals und unbezahlter Urlaub zur persönlichen oder familiären Auszeit
- Unterstützung bei der Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen
- Gesundheitsfördernde Maßnahmen und Präventionsprogramme
- Altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung und Weiterbildungsmöglichkeiten
- Programme zur Wiedereingliederung nach längeren Auszeiten (z. B. Elternzeit, Krankheit)
- Mentoring-Programme zur Unterstützung in verschiedenen Lebensphasen
- Finanzielle Unterstützungsprogramme oder Maßnahmen (z.B. Zuschuss zu Krankengeld, Kinderbetreuungszuschüsse usw.)
- Härtefallfonds (finanzielle Unterstützung bei Unglücksfällen)
Stellen Sie sich die Angebote und Leistungen für die Mitarbeiter wie einzelne Puzzlestücke vor, die passgenau ineinandergreifen und individuell auf die Lebenssituation eines jeden Arbeitnehmers abgestimmt sind.
Und was steckt alles hinter einer lebensphasenorientierten Betrachtung?
Stellen Sie sich die Angebote und Leistungen für die Mitarbeiter wie einzelne Puzzlestücke vor, die passgenau ineinandergreifen und individuell auf die Lebenssituation eines jeden Arbeitnehmers abgestimmt sind. Anstatt nur zwei starrer Arbeitszeitmodelle, wird hier die gesamte Palette an Möglichkeiten ausgeschöpft: von Vollzeit- und flexiblen Teilzeitoptionen über Gleitzeit, flexible Kernzeiten, Vertrauensarbeitszeit, bis hin zu flexiblen Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeiten, Sabbaticals, Job-Sharing-Modellen, Home-Office und Remote-Arbeit. Befindet sich ein Mitarbeiter beispielsweise in der Situation, für einige Monate die Pflege eines Elternteils übernehmen zu müssen, kann er das passende Modell oder Puzzlestücke aus dem Angebot wählen. Vielleicht entscheidet er sich für die Jahresarbeitszeit, ohne dabei seinen gesamten Urlaub aufbrauchen zu müssen, den er zur Erholung dringend benötigt. Ein auf Vergütung basierendes Arbeitszeit-Sparkonto, das im Vorfeld aufgebaut wurde, könnte ihm zudem helfen, seine finanzielle Situation zu entlasten.
Was können Sie als Betriebsrat tun?
Führen Sie eine umfassende Analyse durch, um zu ermitteln, welche Maßnahmen in Ihrem Unternehmen bereits vorhanden sind – und zwar für alle Lebensphasen Ihrer Kollegen. Verschaffen Sie sich zudem einen Überblick über die Alters- und Lebensphasenstruktur in Ihrem Betrieb. Wie viele Ihrer Kollegen sind Eltern? Gibt es überwiegend ältere Mitarbeiter? Mit diesen Informationen können Sie als Betriebsrat gezielt an die Geschäftsleitung herantreten, um fehlende Ansätze zu identifizieren, auszuarbeiten und in die Verhandlungen einzubringen. Betonen Sie als Betriebsrat, dass nicht nur die Arbeitnehmer von einem ganzheitlichen Ansatz profitieren. Auch wenn es auf den ersten Blick mehr Arbeit für die Personalabteilung bedeutet, steigern zufriedene und gesunde Mitarbeiter die Produktivität des Unternehmens. Insbesondere in Zeiten des Wertewandels werden solche Maßnahmen als wertschätzend und motivierend wahrgenommen. (sw)