Über die Übertragungswege des Corona-Virus streiten die Experten. Zu einer Ansteckung scheint es hauptsächlich über die sogenannte Tröpfcheninfektion zu kommen. Das passiert direkt von Mensch zu Mensch, wenn Viren z.B. an die Schleimhäute von Nase oder Mund gelangen. Auch eine Übertragung über Oberflächen ist wohl insbesondere in der unmittelbaren Umgebung von infizierten Personen nicht auszuschließen.
Mit der zunehmenden Lockerung der Corona-Maßnahmen und dem Ausblick auf Rückkehr an den Arbeitsplatz ist natürlich die Sorge von manchen Arbeitnehmern groß. Was ist zu tun, damit das Risiko vor einer Ansteckung möglichst gering bleibt?
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Zur Sicherheit der Beschäftigten muss der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber schnell Maßnahmen vereinbaren, um das Risiko der Beschäftigten zu verringern und sie möglichst vor einer Infektion zu schützen. Denn der Arbeitgeber hat gegenüber seinen Beschäftigten eine Reihe von Fürsorgepflichten. Neben der allgemeinen Fürsorgepflicht (vgl. §§ 242 Abs. 2, 618 BGB) ergibt sich unter anderen eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Er hat dafür zu sorgen, Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb möglichst zu minimieren.
Recht auf Mitbestimmung
Dem Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sowie nach § 87 Abs. 1 Nr.1 BetrVG bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu. Der Betriebsrat kann grundsätzlich auch die Initiative ergreifen und die Einführung von Schutzmaßnahmen, wie z. B. Hygieneregeln im Unternehmen, verlangen.
Wie sieht ein Hygienekonzept in der Praxis aus? Welche Schutzmaßnahmen sind im Unternehmen konkret zu treffen? Im ersten Schritt ist schnell zu klären, welche Maßnahmen im Einzelfall erforderlich sind und zügig umgesetzt werden müssen. Bei der Auswahl der Maßnahmen, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz betreffen, hat der Betriebsrat mitzubestimmen.
Arbeitsschutzstandard COVID 19
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichte am 16. April 2020 einen „SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“. Wichtig: Die Vorgaben kommen zwar aus dem Bundesarbeitsministerium, sie sind aber weder Gesetz noch Verordnung. Sie können aber dennoch eine nützliche Auslegungshilfe bei der Umsetzung des Arbeitsschutzes sein, denn darin sind konkrete Anforderungen an die Schutzmaßnahmen formuliert. Geregelt sind unter anderem die folgenden Punkte:
Sicherheitsabstand
Es soll ein Sicherheitsabstand der Mitarbeiter von mindestens 1,5 Metern zu anderen Personen eingehalten werden. Transparente Abtrennungen sind bei Publikumsverkehr und möglichst auch zur Abtrennung der Arbeitsplätze mit ansonsten nicht gegebenem Schutzabstand zu installieren.
Home-Office
Büroarbeit ist nach Möglichkeit im Homeoffice auszuführen. Andernfalls sind für Büroarbeitsplätze die freien Raumkapazitäten so zu nutzen und die Arbeit so zu organisieren, dass eine Mehrfachbelegung von Räumen vermieden werden wird beziehungsweise ausreichende Schutzabstände gegeben sind.
Reinigung
Zur Reinigung der Hände sind hautschonende Flüssigseife und Handtuchspender zur Verfügung zu stellen. Ausreichende Reinigung und Hygiene ist vorzusehen, auch das regelmäßige Reinigen von Türklinken und Handläufen.
Lüftung
Regelmäßiges Lüften dient der Hygiene und fördert die Luftqualität, da in geschlossenen Räumen die Anzahl von Krankheitserregern in der Raumluft steigen kann.
Dienstreisen und Besprechungen
Dienstreisen und Präsenzveranstaltungen wie Besprechungen sollten auf das absolute Minimum reduziert und alternativ soweit wie möglich technische Alternativen wie Telefon- oder Videokonferenzen zur Verfügung gestellt werden.
Schutzmasken
Auch bei Zusammenarbeit mehrerer Beschäftigter, z.B. in der Montage, sollte der Mindestabstand zwischen Beschäftigten von 1,5 m gewährleistet sein. Wo dies technisch oder organisatorisch nicht gewährleistet ist, sind alternative Maßnahmen (Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen) zu treffen.
Schichtpläne
Bei der Aufstellung von Schichtplänen ist zur Verringerung von Kontakten darauf zu achten, möglichst dieselben Personen zu gemeinsamen Schichten einzuteilen.
Arbeitsbekleidung
Besonders strikt ist auf die ausschließlich personenbezogene Benutzung jeglicher Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitsbekleidung zu achten. Die personenbezogene Aufbewahrung von Arbeitsbekleidung und PSA getrennt von der Alltagskleidung ist zu ermöglichen.
Handlungsanweisungen für Verdachtsfälle
Es sind betriebliche Regelungen zur raschen Aufklärung von Verdachtsfällen auf eine Covid-19 Erkrankung zu treffen. Insbesondere Fieber, Husten und Atemnot können Anzeichen für eine Infektion sein.
Unterweisung der Beschäftigten
Nicht nur das Aufstellen der Hygienemaßnahmen ist wichtig, sondern auch die Information: Die Beschäftigten sind vom Arbeitgeber in Bezug auf die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen zu unterweisen. Sie müssen informiert und aufgeklärt werden, wie sie Ansteckungsrisiken minimieren und Schutzvorkehrungen richtig umsetzen.
Für den Betriebsrat ist an dieser Stelle bedeutsam, dass er den Kollegen genau zuhört und auch die Ängste und psychischen Belastungen sehr ernst nimmt.