Berufskrankheiten: Was ist das eigentlich?
Wenn Arbeitnehmer durch ihren Job krank werden, kann das eine Berufskrankheit sein. Anders ausgedrückt: Es handelt sich bei Berufskrankheiten um Erkrankungen, die Versicherte durch ihre berufliche Tätigkeit erleiden – so liest man auf der Homepage des Bundeministeriums für Arbeit und Soziales. Allerdings werden nicht alle Krankheiten anerkannt. Was dazu gehört, das steht in einer Verordnung: Der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Wer entscheidet, welche Berufskrankheiten es gibt?
Ob eine Krankheit als Berufskrankheit in die Liste aufgenommen wird, das entscheidet die Bundesregierung. Dabei wird sie vom „Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten“ im Bundesarbeitsministerium beraten.
Insgesamt sind es derzeit 82 Krankheitsbilder: Hierzu gehören bandscheibenbedingte Erkrankungen ebenso wie Erkrankungen durch chemische Stoffe, um Beispiele zu nennen. Auch ein Meniskusriss eines Profifußballspielers wurde schon einmal als Berufskrankheit anerkannt.
Covid-19 gilt nur in bestimmten Fällen als Berufskrankheit – wenn medizinische Erkenntnisse zeigen, dass in einem Beruf ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht; verglichen mit der übrigen Bevölkerung.
Erkrankung „wie eine Berufskrankheit“
Ist eine Erkrankung nicht in der Liste enthalten oder erfüllt sie im konkreten Einzelfall nicht bestimmte Voraussetzungen, kann sie „wie eine Berufskrankheit“ anerkannt werden. Dies kommt in Betracht, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass für eine bestimmte Personengruppe arbeitsbedingt ein deutlich erhöhtes Risiko besteht, zu erkranken.
Auf der anderen Seite heißt das, dass der bloße Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit für eine Anerkennung als Berufskrankheit nicht reicht.
Verdacht auf eine Berufskrankheit: Was tun?
Der erste Gang ist immer der zum Hausarzt oder Facharzt. Weisen Sie darauf hin, dass Sie einen Zusammenhang zum Job vermuten! Ob eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt werden kann, das entscheiden die gesetzlichen Unfallversicherungsträger, also z.B. die Berufsgenossenschaften. Jeder Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit wird immer als Einzelfall geprüft. Nur wenn die Arbeit wesentliche Ursache der Erkrankung ist und im konkreten Einzelfall die Anforderungen erfüllt sind, dürfen Berufsgenossenschaften oder Unfallkassen Leistungen erbringen.
Was noch wichtig ist: die Krankheit muss nicht mit dem erlernten Beruf zusammenhängen; es geht um die (versicherte) ausgeübte Tätigkeit.
Welche Vorteile hat die Anerkennung einer Berufskrankheit?
Eine anerkannte Berufskrankheit bringt dem Versicherten den Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Wie das genau aussieht, hängt vom Einzelfall ab. Hierzu können z.B. Umschulungsmaßnahmen, psychologische Hilfen oder die notwendige Umgestaltungen des Arbeitsplatzes gehören.
Bei dauerhafter Erwerbsminderung von mindestens 20 Prozent kommt auch eine Rente in Betracht (in manchen Fällen müssen es 30 Prozent sein).
Berufskrankheit = Aufgabe des Berufs?
Seit dem Jahr 2021 gibt es hier eine wichtige Änderung: Manche Erkrankungen wurden bis dahin nur anerkannt, wenn die Betroffenen ihre Tätigkeit aufgaben (Unterlassungszwang).
Inzwischen können Beschäftigte in ihrem Beruf bleiben und z.B. andere Tätigkeiten übernehmen.
Rolle des Betriebsrats
Klar ist: Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, bei Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften mitzubestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr.7 BetrVG).
Anzeigen des Arbeitgebers über den Verdacht von Berufskrankheiten sind vom Betriebsrat mit zu unterzeichnen. Er muss außerdem informiert werden, wenn die Berufsgenossenschaften ermitteln, so steht es in § 193 SGB VII – also bei jeder Meldung einer Berufskrankheit, denn die Berufsgenossenschaften haken i.d.R. mit einem Fragebogen nach. Verlangt der Unfallversicherungsträger zur Feststellung, ob eine Berufskrankheit vorliegt, Auskünfte über gefährdende Tätigkeiten von Versicherten, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über dieses Auskunftsersuchen ebenfalls unverzüglich zu unterrichten.
Wichtig ist, dass der Betriebsrat dem Betroffenen von Anfang an zur Seite steht und ihm Unterstützung anbietet. Insbesondere wenn es um die Aufklärung der Ursachen geht, spielt Unterstützung eine große Rolle. Wenn der Arbeitsplatz so nicht mehr existiert, kann er z.B. bei
Kollegen nachhaken, die früher dort beschäftigt waren.
Anerkennung: Ein echter Kraftakt!!!
Das Verfahren rund um die Anerkennung als Berufskrankheit kann sich sehr in die Länge ziehen und sehr viele Nerven kosten. Kein Betroffener sollte das Verfahren alleine durchführen. Eine kompetente Unterstützung ist sehr wichtig! Will sich der Betroffenen gegen eine Ablehnung wehren, die nicht selten vorkommt, ist eine gute und ausführliche Begründung unumgänglich. (cbo)
Tipp: Denken Sie als Betriebsrat auch unbedingt an die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung!