Viele Menschen besuchen an Heiligabend die Kirche. Man stelle sich vor, die Kanzel bliebe leer, weil der Pfarrer oder Pastor frei hat – ist ja schließlich Heiligabend. Oder bei der schwangeren Frau setzen die Wehen ein, aber keine Hebamme ist da, weil sie gerade ihre Weihnachtsgans genießt, die sie sich mehr als verdient hat. Was wäre, wenn wir gar nicht nach Hause kämen, weil die Bahn nicht fährt? Oder unsere Weihnachtseinkäufe nicht noch kurzfristig tätigen könnten, weil der Einzelhandel eben nicht völlig selbstverständlich an Heiligabend bis in den Nachmittag hinein geöffnet hat? Nicht wenigen Männern (und Frauen) hat genau das schon so manches Weihnachtsfest gerettet, wenn wieder bis auf den letzten Drücker mit dem Geschenkekauf gewartet wurde. Kurzum: Nicht jeder hat Heiligabend frei, vielmehr sorgen wenige dafür, dass der Großteil der Menschen in Deutschland die Weihnachtstage entspannt im Kreise der Liebsten genießen kann. Und dafür gilt es an dieser Stelle einfach mal „Danke“ zu sagen.
Einzelne Branchen müssen vermehrt an Heiligabend arbeiten
Knapp zehn Prozent aller Erwerbstätigen arbeitete 2023 zumindest teilweise an Heiligabend, wie aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Besonders hoch war der Anteil im Gastgewerbe, in Verkehr und Logistik sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Die Zahl dürfte 2024 noch deutlich höher liegen, da Heiligabend 2023 auf einen Sonntag fiel, Beschäftigte im Handel somit automatisch frei hatten – heuer ist der 24.12. bekanntlich ein Dienstag. Zum Vergleich: 2022 arbeiteten vormittags 20 Prozent, damals war Heiligabend ein Samstag.
Einen Anspruch auf Urlaub gibt es weder für Heiligabend noch für Silvester.
Einen Anspruch auf Urlaub gibt es übrigens weder für Heiligabend noch für Silvester – sie sind keine gesetzlichen Feiertage, wenngleich das viele denken. Das weitverbreitete Gerücht dürfte unter anderem daher kommen, dass manche Unternehmen ihren Mitarbeitern am 24. und 31. Dezember entweder komplett oder halbtags freigeben. Aber: Rein rechtlich haben die beiden Tage keinen besonderen Status, es muss also, wenn es keine besondere Regel hierfür gibt, für diese Tage ganz normal Urlaub eingereicht werden. Und auch einen Feiertagszuschlag bzw. -ausgleich dürfen Mitarbeiter nicht erwarten, es sei denn in der Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag ist explizit etwas anderes geregelt. Vorsicht: An Heiligabend einfach zuhause bleiben, obwohl man für die Arbeit eingeteilt ist, könnte Arbeitnehmern teuer zu stehen kommen. Dann droht eine Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar die Kündigung. Am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag sowie Neujahr gelten übrigens wieder ganz andere Regeln, schließlich sind das deutschlandweit gesetzliche Feiertage.
Unternehmen schicken Belegschaft in Betriebsferien
Einige Unternehmen schließen über die Weihnachtsfeiertage ihre Betriebsstätten komplett und schicken die Belegschaft in die Betriebsferien. Selbst dann muss für die Tage, die nicht als gesetzliche Feiertage gelten, Jahresurlaub aufgebraucht werden – wenn nichts anderes geregelt ist. Das kann mitunter für diejenigen Mitarbeiter ärgerlich sein, die aus persönlichen oder religiösen Gründen kein Weihnachten oder Silvester feiern und lieber arbeiten möchten. Allerdings: Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass etwa 60 Prozent des Jahresurlaubs für Betriebsurlaub verwendet werden darf, 40 Prozent stehen somit freien Verfügung. Ganz wichtig: Der Betriebsrat hat bei der der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze mitzubestimmen. Mitbestimmungspflichtig ist also nicht nur die Entscheidung des Arbeitgebers, ob Betriebsferien eingerichtet werden, sondern auch deren zeitliche Lage und die Dauer der Betriebsferien, vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG (siehe: Lexikon).
Frei an Heiligabend wegen betrieblicher Übung?
Eine Möglichkeit gibt es hingegen, bei der Mitarbeiter über Heiligabend frei haben, ohne dass Betriebsferien angeordnet sind oder Urlaub eingereicht wurde. Diese nennt sich betriebliche Übung und bezieht sich auf eine regelmäßige, vorbehaltlose Handlung oder Verhaltensweise des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern, die über einen längeren Zeitraum praktiziert wurde und von den Arbeitnehmern als selbstverständlich angesehen wird (siehe: Lexikon). Hatte die Belegschaft beispielsweise seit drei Jahren an Heiligabend uneingeschränkt frei, dann kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden sein.
Hatte die Belegschaft mindestens über drei Jahre an Heiligabend uneingeschränkt frei, dann hat sie weiterhin Anspruch darauf.
Und so bleibt abschließend zu hoffen, dass möglichste viele ihren Heiligabend genau so verbringen können, wie sie sich das wünschen. Entscheidend ist, dass Weihnachtsmann oder Christkind im Dienst sind und nicht frei haben. Wie sollte man das den Kindern erklären? (tis)