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Warum schlechte Chefs krank machen

Führung

In vielen Unternehmen werden umfangreiche Programme zum betrieblichen Gesundheitsmanagement aufgesetzt, doch die Erfolgszahlen lassen oft auf sich warten. Der Grund: Nicht nur die äußeren Rahmenbedingungen beeinflussen unser Wohlbefinden, sondern auch die Art und Weise, wie wir mit unseren Mitarbeitern umgehen. Diana Weiland ist Senior Consultant bei Gallup und unterstützt seit Jahren Unternehmen dabei, motivierende Arbeitsplätze aufzubauen, in denen sich soziale Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg nicht ausschließen.

Diana Weiland

Diana Weiland

Stand:  19.10.2015
Warum schlechte Chefs krank machen | © shutterstock | file404

Vergeht Ihnen manchmal der Spaß bei der Arbeit? Fühlen Sie sich innerlich ausgebrannt? Haben Sie sich in letzter Zeit aufgrund von Arbeitsstress schlecht gegenüber Ihrer Familie verhalten? Dann sind Sie nicht allein in Deutschland. Wir verbringen den größten Teil unseres Lebens bei der Arbeit, doch für viele von uns ist der tägliche Gang ins Büro oder in den Betrieb energieraubend und belastet nicht nur physisch, sondern auch psychisch: Basierend auf Patientendaten der Asklepios-Kliniken-Gruppe schätzte das Manager Magazin im Jahr 2012, dass im Schnitt 1.500 bis 3.300 Mitarbeiter pro DAX-Unternehmen jährlich aufgrund psychischer Belastungen am Arbeitsplatz behandelt werden. Im Jahr 2014 hat allein jeder der elf Millionen AOK-versicherten Arbeitnehmer im Durchschnitt 18,9 Tage aufgrund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Betrieb gefehlt. Doch wo liegen die Ursachen?

Arbeitsbedingungen: Mit Leidenschaft dabei?

Während Arbeitnehmervertreter besonders auf hohe körperliche Arbeitsbelastungen und Arbeitsunfälle hinweisen und umfassende Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung fordern, konnte Gallup nachweisen, dass nicht nur die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz ausschlaggebend für unsere Motivation und Gesundheit sind. Gallup befasst sich seit den 30er Jahren damit, herauszufinden, was Menschen motiviert und hat dabei festgestellt, dass es bestimmte Arbeitsplatzbedingungen gibt, die erfüllt sein müssen, damit Mitarbeiter mit Leidenschaft dabei sind:

  • Weiß ich, was bei der Arbeit von mir erwartet wird?
  • Habe ich die Materialien und Arbeitsmittel, um meine Arbeit zu machen?
  • Zählt meine Meinung?
  • Bekomme ich positives und konstruktives Feedback von meinem Vorgesetzten?
  • Gibt es ein vertrauensvolles Miteinander?
  • Bin ich mehr als nur eine Nummer im System und kann ich mich in diesem Unternehmen weiterentwickeln?

Emotionale Bindung steigert Produktivität

Wenn Mitarbeiter diesen und weiteren Fragen überwiegend zustimmen können oder nach Gallups Definition eine hohe emotionale Bindung zum Unternehmen aufweisen, zeigen sie deutlich geringere Fehlzeiten aufgrund von Krankheit oder Unwohlsein, geringere Fluktuationszahlen und andererseits gesteigerte Produktivität. Dabei konnten wir auch feststellen, dass Beschäftigte ohne emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber eher das Gefühl haben, ausgebrannt zu sein und ihren Arbeitsstress an Freunden und Familie auslassen (siehe Infografik). Niemand gibt seinen Stress am Werkstor oder am Empfang ab, wenn er nach Hause geht, sondern nimmt ihn mit nach Hause.

Soziale Verantwortung des Arbeitgebers

Wie Gallup in seiner langjährigen Forschung festgestellt hat, wird die emotionale Bindung und Motivation von Mitarbeitern weniger von übergeordneten Personalstrategien oder Hygienefaktoren beeinflusst, sondern in erster Linie durch das unmittelbare Arbeitsumfeld, wobei das Verhältnis im Team und mit dem direkten Vorgesetzten eine besondere Rolle spielt. Erwartungsmanagement, konstruktives Feedback, Anerkennung und Entwicklung – all dies sind Faktoren, die maßgeblich durch den direkten Vorgesetzten beeinflusst werden.

Doch die meisten Führungskräfte sehen diese „weichen" Themen nicht in ihrer Verantwortung: Personalentwicklung? Gesundheit? Dafür ist HR da. Führungskräfte müssen erkennen, welchen Einfluss sie auf das Leben ihrer Mitarbeiter und auch auf deren Familien haben und sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden, denn unsere Studien zeigen: schlechte Chefs können krank machen. In den vergangenen Jahren haben Langzeitstudien unter britischen Arbeitnehmern gezeigt: Wenn Mitarbeiter der Ansicht waren, ihr Vorgesetzter sei eine schlechte Führungskraft, stieg die Wahrscheinlichkeit, eine Herzattacke zu erleiden, auf 30 %.

Guter Chef, schlechter Chef?

Ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement sollte daher auch die Qualität der Mitarbeiterführung in den Fokus nehmen. Gute Führung bedeutet, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu verstehen, sie zu adressieren und den eigenen Führungsstil immer wieder kritisch zu hinterfragen. Doch genau damit haben die meisten Führungskräfte anscheinend ein Problem: Laut einer Umfrage des Forsa Instituts für das Handelsblatt im vergangenen Jahr halten sich 95 % aller Führungskräfte für einen guten Chef.

Das Problem ist allerdings, dass viele Mitarbeiter dem nicht zustimmen können. Im Rahmen unseres Engagement-Indexes wurde 2014 erneut deutlich, dass viele Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre zentralen Bedürfnisse von ihren direkten Vorgesetzten teilweise oder völlig ignoriert werden. 70 % der Mitarbeiter machen Dienst nach Vorschrift, jeder fünfte hat innerlich gekündigt. Mitarbeiter ohne emotionale Bindung weisen im Schnitt fünf Tage mehr Fehlzeiten auf als ihre emotional hoch gebundenen Kollegen. Und jeder Fehltag kostet. Aus dem Mehr an Fehlzeit aufgrund fehlender oder geringer Mitarbeiterbindung entstehen einem Unternehmen mit 2.000 Mitarbeitern Kosten in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro. Und ein Viertel der Befragten in unserer Studie hat schon einmal seine Arbeitsstelle wegen eines Vorgesetzten gekündigt, um das eigene Wohlbefinden zu verbessern. In Bezug auf herausragende Führung scheinen Selbst- und Fremdbild also stark auseinanderzugehen.

Zu einer gesunden Unternehmenskultur gehört, die Bedürfnisse zu erfüllen, die Menschen auch am Arbeitsplatz haben und vor allem: Den Mitarbeitern zuzuhören.

Was Unternehmen tun können

In fast jedem Unternehmen werden Qualitätsprüfungen durchgeführt und Qualitätsbeauftragte eingestellt. Doch wenn es um das Thema Führung geht, vertraut man oft auf sein Bauchgefühl oder auf das Urteilsvermögen der einzelnen Akteure. Wenn Unternehmen fest davon überzeugt sind, dass Mitarbeiter ihr wichtigstes Kapital sind und mehr hinter dieser Behauptung steckt als eine reine Marketingfloskel, so muss dem Thema Führung mehr Bedeutung zugemessen werden.

Die Frage an die Arbeitgeber, die Betriebsräte stellen sollten, lautet daher: Wie wählen wir Führungskräfte aus? Wie unterstützen wir Führungskräfte, den eigenen Führungsstil zu reflektieren und zu verbessern? Erfahrungen und fachliche Kompetenzen sind zwar von Vorteil, dennoch ersetzen sie nicht das nötige Talent, andere zu führen und zu entwickeln.

Als Führungskraft darf man das Folgende nicht vergessen: Mitarbeiter kommen zu einem Unternehmen, aber sie verlassen ihren direkten Vorgesetzten. Zu einer gesunden Unternehmenskultur gehört, die Bedürfnisse zu erfüllen, die Menschen auch am Arbeitsplatz haben und vor allem: Den Mitarbeitern zuzuhören.

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