„Sie betragen 25 Prozent ohne Ausnahmen und Befreiungen“, so US-Präsident Donald Trump Mitte Februar, nachdem er im Weißen Haus zwei Dekrete unterschrieben hatte. Mit diesen wären die Ausnahmen und Befreiungen von seinen 2018 eingeführten Zöllen auf Stahl und Aluminium aufgehoben – eigentlich. Die Anordnungen sollten am 12. März 2025 in Kraft treten, bereits im Wahlkampf hatte Trump mögliche Strafzölle für Importe aus dem US-Ausland zum Thema gemacht. Dann die Kehrtwende: Für 90 Tage ist Pause im weltweiten Zollstreit. Warum das Hin und Her? Trump erhofft sich durch die Strafzölle einen wirtschaftlichen Aufschwung für sein Land, selbst wenn einige Experten sogar mit gegenteiligen Auswirkungen rechnen.
Stahl- und Aluminiumindustrien mit großen Sorgen
Die deutsche Stahlindustrie ist jedenfalls alarmiert. „Die Ankündigung des US-Präsidenten, Strafzölle auf alle Stahlimporte zu verhängen, trifft die Stahlindustrie in Deutschland und in der Europäischen Union in mehrfacher Hinsicht – und zur Unzeit“, sagte Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl in einer Mitteilung. Schließlich sei die USA der wichtigste Absatzmarkt für die europäische Stahlindustrie. Allein aus Deutschland wird jedes Jahr rund eine Million Tonnen Stahl in die USA exportiert, aus der EU gelangen etwa 20 Prozent der gesamten Stahlexporte in den US-Markt. Daher fordert Groebler von der EU-Kommission ein geeintes, planvolles und rasches Handeln.
Eine handelspolitische Eskalation müssen wir vermeiden. Sie schadet allen Beteiligten.
Rob van Gils, Präsident von Aluminium Deutschland in einer Mitteilung
Auch die Aluminiumindustrie beobachtete die Entwicklung mit Sorge, wie es in einer Mitteilung des Verbandes Aluminium Deutschland heißt. Der Schritt komme zwar nicht überraschend, dennoch setze diese Maßnahme etablierte und vertraute Zusammenarbeit zwischen Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks unter erhebliche Anspannung. „Eine handelspolitische Eskalation müssen wir vermeiden. Sie schadet allen Beteiligten“, so Rob van Gils, Präsident von Aluminium Deutschland. Hochgerechnet wurden 2024 51.000 Tonnen Aluminiumerzeugnisse an Kunden in den USA geliefert.
Durch die Einführung von Zöllen besteuern die USA ihre eigenen Bürger, erhöhen die Kosten für die Unternehmen …
Die EU reagierte und verkündete ihrerseits Gegenzölle auf US-Produkte. Bestimmte Waren aus den USA sollten ab 15. April nach und nach mit Zöllen zwischen zehn und 25 Prozent belegt werden. Dies wurde allerdings ebenfalls zunächst für 90 Tage ausgesetzt. In dieser Zeit wolle man mit der Trump-Administration verhandeln, heißt es. „Wenn die Verhandlungen nicht zufriedenstellend verlaufen, werden unsere Gegenmaßnahmen in Kraft treten", erklärte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Also keine Entwarnung - alle Optionen bleiben weiter „auf dem Tisch".
Bereits in der ersten Amtszeit von Donald Trump hatte es US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte gegeben, die EU antwortete mit Gegenzölle auf Jeans, Whiskey und Motorräder. Die Folge davon: Die Menschen sowohl in Europa als auch in den USA mussten mehr für ihre Produkte zahlen. „Durch die Einführung von Zöllen besteuern die USA ihre eigenen Bürger, erhöhen die Kosten für die Unternehmen, ersticken das Wachstum und treiben die Inflation an“, heißt es in einer Erklärung der EU-Kommission. Und weiter: „Zölle erhöhen die wirtschaftliche Unsicherheit und stören die Effizienz und Integration der globalen Märkte.“
Gut 150.000 Menschen unmittelbar in der Branche beschäftigt
Aktuellen Berechnungen zufolge sollen Trumps Zölle die US-Wirtschaft sogar härter treffen als den europäischen Markt. Volkswirte rechnen mit einem Rückgang der realen Produktion innerhalb der USA um 1,0 bis 1,63 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Innerhalb der EU soll der Rückgang lediglich 0,15 Prozent betragen. Ein zweites Szenario sieht einen Rückgang der realen Produktion innerhalb der EU zwischen 0,22 Prozent und 0,33 Prozent vor.
Auch das wäre ein harter Einschnitt. Einen Handelskrieg mit den USA gilt es für die derzeit arg gebeutelte deutsche Wirtschaft auf alle Fälle zu vermeiden. Deutschland ist innerhalb der EU der größte Stahlproduzent und belegt weltweit den siebten Platz. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz arbeiten rund 90.000 Menschen in der Stahlindustrie, hinzu kommen vier Millionen Menschen, die hierzulande in stahlintensiven Branchen – etwa in der Automobil- oder Bauindustrie – arbeiten (Stand: 2023). In der Aluminiumindustrie sind weitere 62.000 Menschen beschäftigt, die die Entwicklungen ganz genau verfolgen und auf vernünftige Lösungen hoffen. (tis)
Sie sind Betriebsrat in einem Unternehmen aus der Stahl- oder Aluminiumbranche: Was denken Sie über die angekündigten Straffzölle und welche Auswirkungen haben diese auf die Belegschaft im Unternehmen? Schreiben Sie uns gerne!