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Fachartikel Arbeitsrecht Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis

Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis

Wichtige arbeitsrechtliche Themen als Betriebsrat im Blick haben!

Arbeitsrecht ist Arbeitnehmerschutzrecht. Das Besondere dabei: Die nötigen Regelungen stehen in vielen verschiedenen Gesetzen. Verschaffen Sie sich als Betriebsrat einen guten Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Themen. Oft hilft allein die Idee schon einen Schritt weiter, welches Gesetz zum konkreten Anliegen passen könnte. So können Sie Ihren Kollegen im Betrieb bei Fragen aus dem Arbeitsalltag schnell weiterhelfen.

Julia Friedrich | ifb

Stand:  23.2.2024
Lesezeit:  02:30 min

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpflichten: Achtung, nicht alles steht im Arbeitsvertrag!

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben verschiedene arbeitsvertragliche Pflichten zu beachten. Das ergibt sich aus der Natur des Arbeitsverhältnisses und ist häufig nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt. Dabei können Pflichtverstöße unterschiedliche arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Wurde bereits eine Pflicht verletzt, kommt ein „das habe ich so nicht gewusst“ möglicherweise zu spät. Nutzen Sie als Betriebsrat die Möglichkeit, die Kollegen an den richtigen Stellen sensibilisieren.

Haupt- und Nebenpflichten des Arbeitgebers

Hauptpflicht des Arbeitgebers: Vergütung

Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. In der Regel ist die Höhe des Gehalts im Arbeitsvertrag vereinbart oder ergibt sich aus einem einschlägigen Tarifvertrag. Das Gehalt muss pünktlich gezahlt sowie Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung ordnungsgemäß abgeführt werden. 

Nebenpflichten des Arbeitgebers

Unabhängig von den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag hat der Arbeitgeber einige Nebenpflichten zu beachten. Hier ein paar Beispiele:

Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber insbesondere dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer bei der Arbeit Schutz für Leben und Gesundheit erfährt., z. B. muss er Diskriminierung, Mobbing oder sexuelle Belästigung sofort unterbinden.
Beschäftigungspflicht: Solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, einen Arbeitnehmer entsprechend der Vereinbarung im Arbeitsvertrag zu beschäftigen.
Schutz für eingebrachte Sachen: Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, für die Sicherheit von Sachen zu sorgen, die die Arbeitnehmer berechtigterweise mit in den Betrieb bringen, dort ablegen oder unterstellen und während der Arbeitszeit nicht bewachen können (auch PKW).
Datenschutz: Es besteht generell die Pflicht zum Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers. Dazu gehört auch der Schutz des einzelnen Arbeitnehmers gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwertung und Weitergabe seiner persönlichen Daten.

Was tun bei Pflichtverletzung(en)?

Erfüllt der Arbeitgeber seine Pflichten nicht (vollständig), kann der Arbeitnehmer die Erfüllung verlangen und notfalls seine Ansprüche beim Arbeitsgericht einklagen. Dies gilt bspw. für Entgeltzahlung, Zeugniserteilung oder Anbringung von Schutzvorrichtungen an Maschinen. Gegebenenfalls kann der Arbeitnehmer sogar seine Arbeitsleistung zurückhalten (Vorsicht, nicht ohne Rücksprache mit einem Experten, z. B. einem Rechtsanwalt). Auch Schadensersatzansprüche sind denkbar.

Haupt- und Nebenpflichten der Arbeitnehmer

Hauptpflicht des Arbeitnehmers: Arbeitsleistung

Der Arbeitnehmer hat höchstpersönlich die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen, so wie es der Tätigkeitsbeschreibung entspricht. Und wie sieht es mit der Qualität seiner Arbeit aus? Ein Arbeitnehmer schuldet grundsätzlich nur das, was er persönlich kann (subjektiver Leistungsbegriff) - das allerdings zu 100 Prozent. Er darf seine Arbeitskraft nicht bewusst zurückzuhalten, muss sich aber auch nicht so verausgaben, dass er seine Gesundheit schädigt.

An dieser Stelle sei noch auf Begriffe wie Schlechtleistung, Minderleistung, Normalleister oder Low Performer hingewiesen. Arbeitsgerichte müssen leider immer wieder darüber entscheiden, was mit Mitarbeitern passiert, die – aus unterschiedlichen Gründen – (weit) hinter der Leistung ihrer Kollegen zurückbleiben. In der Praxis ist es für den Arbeitgeber jedoch oft gar nicht so leicht, eine Minderleistung zu beweisen. Die Hürden dafür sind relativ hoch.

Nebenpflichten des Arbeitnehmers

Die Nebenpflichten eines Arbeitnehmers werden häufig unter der Bezeichnung „Treuepflicht“ zusammengefasst. Darunter versteht man, vereinfacht ausgedrückt, dass sich der Arbeitnehmer so zu verhalten hat, dass dem Arbeitgeber und damit auch dem Betrieb sowie seinen Kollegen kein Schaden zugefügt wird. Was das bedeutet, ergibt sich in den meisten Fällen auch aus gesundem Menschenverstand. Hier ein paar Beispiele:

  • Treuepflicht: Dem Arbeitgeber, Betrieb und Kollegen darf kein Schaden zugefügt werden.
    Beispiel 1: Eine Schlägerei unter Kollegen auf dem Heimweg vor dem Betriebsgelände kann eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten zur Rücksichtnahme auf andere Arbeitnehmer darstellen und sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
    Beispiel 2: Bei öffentlichem „schlecht Reden“ über den Arbeitgeber in den sozialen Medien ist wirklich Vorsicht angesagt! Allerdings können bestimmte Äußerungen von dem Recht auf freie Meinungsäußerung abgedeckt sein.
  • Verschwiegenheitspflicht: Es ist dem Arbeitnehmer untersagt, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritten unbefugt mitzuteilen. Das betrifft alle Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Arbeitgebers geheim gehalten werden sollen.
    Beispiele dafür sind Bilanzen, Kunden- und Preislisten, spezielles technisches Knowhow, etc.
  • Wettbewerbsverbot: Solange das Arbeitsverhältnis besteht, darf ein Arbeitnehmer weder für ein Konkurrenzunternehmen des Arbeitgebers tätig werden, noch selbst auf eigene Rechnung ein Konkurrenzunternehmen führen.
    Beispiel: Die gleiche Leistung „privat“ bei einem Kunden anzubieten, kann zur fristlosen Kündigung führen.
  • Bestechungsverbot: Die Annahme von Geld-, Sachgeschenken oder sonstigen Vorteilen, ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich verboten.
  • Auskunftspflichten: Auf Verlangen des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer über den Stand und die Durchführung seiner Arbeiten zu berichten, bzw. auch Rechenschaft abzulegen.

Folgen bei Pflichtverletzungen

Die arbeitsrechtlichen Konsequenzen können je nach Pflichtverletzung ganz unterschiedlich ausfallen, bis hin zur Abmahnung oder sogar Kündigung. Auch wenn der Arbeitgeber der Meinung ist, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht ordentlich ausführt (Stichwort „Schlechtleistung“), besteht grundsätzlich keine Berechtigung zur Kürzung der Vergütung.

Wann haftet der Arbeitnehmer bei der Arbeit?

Was passiert eigentlich, wenn der Arbeitnehmer während seiner Arbeit z. B. etwas kaputt macht, also einen Schaden verursacht? Muss der Arbeitnehmer dann für den kompletten Schaden aufkommen? Die Antwort ist, wie so oft im Arbeitsrecht, es kommt darauf an. Klar ist, dass es sich hier schnell um sehr hohe Schadenssummen handeln kann. Deshalb hat die Rechtsprechung zum Schutz des Arbeitnehmers die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung entwickelt. Es wird genau geprüft, wie fahrlässig der Arbeitnehmer gehandelt hat. Am Grad der Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers orientiert sich dann die Haftung, von anteilig bis hin zur vollen Haftung. Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nie.

Das Weisungsrecht: Was darf der Arbeitgeber einseitig anordnen?

Im betrieblichen Alltag kommt es gar nicht so selten vor, dass ein Arbeitnehmer (sich) die Fragen stellt: „Darf mein Vorgesetzter das von mir verlangen?“; „In meinem Arbeitsvertrag steht doch etwas anderes?“; „Was mache ich jetzt am besten?“.

Als Betriebsrat sind Sie oft erster Ansprechpartner für diese Fragen der Kollegen in Ihrem Betrieb. Welche Weisungen darf der Arbeitgeber nun erteilen und wo sind die Grenzen? Ein kleiner Überblick über die Spielräume des Arbeitgebers hilft Ihnen hier schon weiter.

Arbeitnehmer können sich nach §§ 84, 85 BetrVG unter anderem beim Betriebsrat über die Weisung des Arbeitgebers beschweren. Außerdem können sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber die Zulässigkeit einer Weisung beim Arbeitsgericht überprüfen lassen.

Inhalt des Weisungsrechts

Das Weisungsrecht, auch Direktionsrecht genannt, ist in § 106 GewO (Gewerbeordnung) gesetzlich geregelt. Danach hat der Arbeitgeber grundsätzlich das Recht:

•    die Arbeitspflicht inhaltlich näher festzulegen (Art der Arbeitsleistung),
•    die Begleitumstände der Arbeit näher zu bestimmen (auch das Ordnungsverhalten im Betrieb),
•    die Arbeitszeit festzulegen, und
•    den Arbeitsort festzulegen.
Ein Arbeitnehmer ist weisungsabhängig, das unterscheidet ihn z. B von einem freien Mitarbeiter. Doch gerade wegen der Weisungsabhängigkeit ist der Arbeitnehmer schutzbedürftig. Für den Schutz sollen die Gesetze und die Rechtsprechung sorgen. Arbeitsgerichte überprüfen regelmäßig Weisungen von Arbeitgebern und die Frage, ob oder inwieweit die Arbeitnehmer ihnen Folge leisten müssen.

Weisungen können je nach Branche ganz unterschiedlich ausfallen. Beispiele:

  • Vorgaben zu bestimmter Arbeitskleidung
  • Zuweisung zusätzlicher oder anderer Aufgaben
  • Anordnung des Wechsels in ein anderes Firmengebäude, ins Home-Office, in eine andere Abteilung oder Schicht
  • verschiedene Verbote (z. B. Rauchverbot, keine Pflanzen im Büro)

Grenzen des Weisungsrechts

Gemäß § 106 GewO wird das Weisungsrecht des Arbeitgebers begrenzt oder eingeschränkt durch:

  • Regelungen im Arbeitsvertrag
  • Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung
  • Bestimmungen eines Tarifvertrags
  • Gesetzliche Vorschriften
  • Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
  • Ermessensgrenzen

Je konkreter z. B. das Jobprofil und die einzelnen Arbeitsaufgaben im Arbeitsvertrag beschrieben sind, umso weniger Spielraum hat der Arbeitgeber diesbezüglich bei Weisungen. Ansonsten wird allgemein auf das entsprechende Berufsbild abgestellt. Ein als Lohnbuchhalter eingestellter Arbeitnehmer darf z. B. nicht einfach auf eine Hausmeisterstelle versetzt werden.

Auch bestimmte Vorgaben durch Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge schränken das Weisungsrecht des Arbeitgebers ein. Das gleiche gilt, wenn die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen sind. Und natürlich darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nichts verlangen, was gegen Gesetze verstößt, z. B. gegen Vorschriften zur Arbeitssicherheit.

Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber bei Weisungen z. B. auf die familiäre Situation oder eine Behinderung des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Insgesamt heißt das, dass die Umstände des Einzelfalls abgewogen und die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden müssen.

Arbeitszeit: Ein wichtiges Thema für Arbeitnehmer und Betriebsrat

Im Arbeitsvertrag ist es mit am wichtigsten, neben der Vergütung auch die Arbeitszeit zu regeln. Grundsätzlich wird in Arbeitsverträgen festgelegt, wie hoch die Wochenarbeitszeit insgesamt ist und an wie vielen und welchen Wochentagen gearbeitet werden soll.

Doch zum Schutz der Gesundheit und des Privatlebens der Arbeitnehmer müssen bei der Arbeitszeit bestimmte Grenzen beachtet werden. Dem Arbeitnehmer soll genügend Zeit zur Ruhe und Erholung bleiben.

Wichtig!
Der Betriebsrat hat rund um die Arbeitszeit im Betrieb wichtige Mitspracherechte.

Das Arbeitszeitgesetz

Bei der Arbeitszeit geht es für den Arbeitnehmer vor allem um zwei Fragen, die immer getrennt voneinander betrachtet werden müssen:

  1. Für welche Zeit werde ich bezahlt? Die sogenannte vergütungsrechtliche Arbeitszeit ist meistens im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag und ggf. ergänzend auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt.
  2. Wann und wie lange darf ich arbeiten? Die Regelungen zur sogenannten arbeitsschutzrechtlichen Arbeitszeit finden sich im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), aber auch im Jugendarbeitsschutzgesetz (JuArbSchG) und im Mutterschutzgesetz (MuSchG).

Nach § 2 ArbZG gilt die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen als Arbeitszeit. Grundsätzlich zählen auch Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz – im Gegensatz zur Rufbereitschaft. Auch Reisezeit (z. B. die Fahrt zu einem Kunden) kann zur Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz zählen, und zwar dann, wenn der Arbeitnehmer durch die Reise selbst (sitzt am Steuer) oder während der Reisezeit (arbeitet am Laptop im Zug) „beansprucht“ wird.

In § 3 ArbZG ist die Höchstarbeitszeit geregelt. Das Gesetz geht von einer normalen werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden aus. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Arbeitszeit ausnahmsweise auf täglich bis zu zehn Stunden verlängert werden.

Nach § 5 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden zu gewähren.

§ 6 ArbZG regelt den besonderen Schutz, den Nacht- und Schichtarbeitnehmer brauchen. Unter anderem geht es dabei um den Anspruch auf medizinische Untersuchungen und um die Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz.

Nach § 9 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Das gilt gemäß § 10 ArbZG natürlich nicht für besondere Bereiche, z. B. Krankenhäuser, Polizei, Gastgewerbe etc. Die betroffenen Arbeitnehmer haben jedoch Anspruch auf einen Ausgleich.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Eine wichtige Regel für den Betriebsrat

In Tarifverträgen und ggf. ergänzend auch in Betriebsvereinbarungen können verschiedene Ausnahmen geregelt werden (§§ 7,12 ArbZG).

Arbeitszeit und Betriebsrat

Der Betriebsrat hat beim Thema Arbeitszeit wichtige und vielfältige Möglichkeiten der Mitwirkung und Mitbestimmung. Deshalb ist es absolut sinnvoll, eine Betriebsvereinbarung auszuarbeiten.

Hier nur ein kurzer Überblick und einige Beispiele zu den Mitbestimmungsrechten:

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bestimmt der Betriebsrat unter anderem mit bei der:

  • Einführung oder Ausgestaltung von Gleitzeit (Arbeitszeitkonten etc.)
  • Einführung von Bereitschaftsdiensten oder Rufbereitschaft
  • Aufstellung von Dienst- oder Schichtplänen Einführung, Anzahl oder Abbau von Schichtarbeit
  • Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
  • Dauer und Lage der Pausen während der Arbeitszeit
  • Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage

Nach § 87 BetrVG Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bestimmt der Betriebsrat mit bei der Verkürzung der Arbeitszeit (Kurzarbeit) oder bei der Verlängerung der Arbeitszeit (Überstunden).

Nur mit dem Betriebsrat!

Es liegt klar auf der Hand: In Betrieben mit einem Betriebsrat gehen viele betriebliche Regelungen zur Arbeitszeit nicht ohne den Betriebsrat.

Arbeitsvergütung: Ohne Arbeit kein Lohn?!

Arbeitnehmer bekommen ihren Lohn bzw. ihr Gehalt als Gegenleistung für ihre Arbeit. Die Vergütung sollte angemessen sein und die Arbeitnehmer sollten gut davon leben können. Die Höhe der Vergütung kann wegen der Vertragsfreiheit grundsätzlich beliebig vereinbart werden. Bestimmte Regelungen sind dennoch zu beachten und auch nicht wegzudenken, wie ein Blick auf den Niedriglohnsektor zeigt.

Klar ist, das Thema Gehalt ist in jedem Betrieb und für jeden Arbeitnehmer wichtig. Als Betriebsrat können Sie Einfluss nehmen, auch wenn Ihr Mitbestimmungsrecht in diesem Bereich häufig durch Tarifverträge eingeschränkt ist.
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der Arbeitsvergütung ergibt sich meist aus einem Arbeitsvertrag und/oder einem Tarifvertrag, wenn dieser für beide Vertragsparteien verbindlich ist.

Mindestlohn

Eine Lohnuntergrenze setzt das Mindestlohngesetz (MiLoG) fest. Vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2022 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro pro Stunde und vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2022 liegt der gesetzliche Mindestlohn bei 10,45 Euro. Es ist allerdings geplant, dass er durch eine einmalige Anpassung auf 12,00 € angehoben werden soll.

Vergütungsformen

Das Gehalt kann sich je nach Branche und Vereinbarung aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammensetzen. In der Praxis geht es z. B. immer wieder darum, ob bestimmte Leistungen des Arbeitgebers freiwillig oder widerruflich sind und er sie einfach stoppen kann; oder ob der Arbeitgeber Leistungen zurückfordern kann.

  • Zeitvergütung (Das Gehalt bemisst sich nach der geleisteten Arbeitszeit, z. B. Stundenlohn)
  • Leistungsorientierte Vergütung (Akkordlohn, Prämien etc.)
  • Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Jubiläumszuwendung etc.)
  • Zuschläge (bei besonderen Leistungen oder Belastungen, z. B. Überstundenzuschlag)
  • Beteiligung am Geschäftsergebnis (z.B. Umsatzbeteiligung)
  • Mehr Informationen zur Vergütung finden Sie auch in unserem Lexikon - Stichwort "Arbeitsentgelt".

Vergütung ohne Arbeitsleistung

Normalerweise gilt der Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“. Doch unter bestimmten Voraussetzungen wird dieser Grundsatz zum Schutz des Arbeitnehmers immer wieder durchbrochen. Ein einfaches Beispiel ist die Vergütung an gesetzlichen Feiertagen. Der Arbeitnehmer erhält gemäß § 2 Abs. 1 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) sein Gehalt, obwohl er nicht arbeitet.

Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte Annahmeverzug oder das Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer eine Zeitlang nicht mehr beschäftigen, z. B. wegen eines Stromausfalls oder weil sich eine Lieferung verspätet hat, hat der Arbeitnehmer trotzdem Anspruch auf sein Gehalt (mehr dazu in unserem Lexikon - Stichwort "Annahmeverzug").

Außerdem schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch bei dessen Urlaub (§ 11 BurlG) und Arbeitsunfähigkeit (§ 3 EntgFG) das Arbeitsentgelt, ohne dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen muss (mehr dazu in diesem Leitfaden, Kapitel 05. und 06.).

Die Rolle des Betriebsrats bei der betrieblichen Lohngestaltung: Tarifvorbehalt beachten!

Grundsätzlich ist das Aushandeln des Gehalts ureigene Aufgabe der Gewerkschaften. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Bereich der Lohngestaltung ist häufig durch Tarifverträge eingeschränkt.

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, insbesondere in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Dazu gehören alle Formen der Arbeitsentgelte (z. B. Zeit- oder Leistungslohn). Der Mitbestimmung unterliegt dabei auch die Festlegung aller kollektiven Grundsätze zur Lohnfindung aus Gründen der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit und-transparenz (z. B. Festlegung von Lohngruppen).

Zu den Entlohnungsgrundsätzen gehören auch die Grundsätze, nach denen freiwillige oder zusätzliche Leistungen verteilt werden sollen, z. B. Weihnachtsgeld, Leistungs- und Erschwerniszulagen.

Entgelttransparenzgesetz

Der Gesetzgeber möchte mit dem Entgelttransparenzgesetz mehr Transparenz in Vergütungsfragen und auch mehr Lohngerechtigkeit schaffen. Unter anderem besteht nach § 5 Abs. 2 EntgTranspG (Entgelttransparenzgesetz) in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmern ein individueller Auskunftsanspruch für Beschäftigte über die Kriterien und das Verfahren der Ermittlung und Zusammensetzung des eigenen Entgelts und des Vergleichsentgelts. In tarifgebundenen oder einen Tarifvertrag anwendenden Betrieben wenden sich die Arbeitnehmer dafür an den Betriebsrat. § 13 EntgTranspG betont die Rolle des Betriebsrats bei der Förderung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. 

Urlaub: Wie sieht der Anspruch auf Erholung aus?

Urlaub steht jedem Arbeitnehmer zu. Doch wann entsteht der Anspruch und um wie viele Urlaubstage geht es? Im betrieblichen Alltag kann es manchmal ziemlich herausfordernd sein, so fair wie möglich zu regeln, wer wann in den Urlaub darf. Ordnet der Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum keinen Betriebsurlaub an, können natürlich nicht alle gleichzeitig Urlaub nehmen. Arbeitsgerichte beschäftigen sich außerdem immer wieder mit der Frage, was passiert, wenn ein Arbeitnehmer den Urlaub nicht nehmen konnte. Im Folgenden erhalten Sie einige wichtige Informationen rund um das Thema Urlaub.

Mitbestimmung des Betriebsrats beim Urlaub

Der Betriebsrat bestimmt nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG bei der Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, eines Urlaubsplans oder der Einführung eines Betriebsurlaubs mit. Natürlich ist der Betriebsrat auch mit dabei, wenn sich einer oder mehrere Arbeitnehmer und der Arbeitgeber nicht über die zeitliche Lage des Urlaubs einigen können.

Der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Befreiung von der Arbeitspflicht für eine bestimmte Zeit (Erholungsurlaub). Während dieser Zeit muss der Arbeitgeber weiterhin das übliche Entgelt zahlen. Während dieser Zeit darf der Arbeitnehmer nichts tun, was dem Erholungszweck widerspricht. Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, kann er sich auch nicht erholen und hat Anspruch auf Nachgewährung der „verlorenen“ Urlaubstage. Wichtig ist hier der Nachweis durch ein ärztliches Attest.

Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub

Arbeitnehmer haben bei einer Sechs-Tage-Woche Anspruch auf einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen für das Kalenderjahr (§ 3 BUrlG). Bei weniger Arbeitstagen in der Woche ist die Gesamtdauer des Urlaubs (24 Tage) durch sechs zu teilen und mit der für den Arbeitnehmer maßgebenden Anzahl der Arbeitstage in der Woche zu multiplizieren. Bei einer Fünf-Tage-Woche ergibt sich so ein Mindesturlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen. Das entspricht vier Wochen Urlaub pro Jahr. Die meisten Tarifverträge und auch eine Vielzahl der Arbeitsverträge gehen allerdings über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus – 30 Tage Urlaub im Jahr sind keine Seltenheit.

Anspruch auf Teilurlaub

Der volle Urlaubsanspruch wird gemäß § 4 BUrlG erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Endet das Arbeitsverhältnis vorher, geht dadurch der bisher erworbene Urlaub nicht verloren. Folgende Konstellationen sind zu unterscheiden:

Was passiert, wenn Urlaub (teilweise) nicht genommen werden kann?

Verfall des Resturlaubs?

Grundsätzlich ist der Urlaub auf das Kalenderjahr befristet. Das heißt, der Arbeitnehmer hat auch die Pflicht, den Urlaub im laufenden Jahr zu nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr kommt (nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber) gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG nur bei dringenden betrieblichen (z. B. personellen Engpässe) oder in der Person (z. B. Krankheit) liegenden Gründen in Betracht. Dann muss der Resturlaub bis spätestens 31.03. des Folgejahres genommen werden, danach droht der Verfall des Urlaubs.

Der Verfall tritt nach aktueller Rechtsprechung allerdings nur ein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr zum Urlaubsantritt ausdrücklich (nachweisbar) aufgefordert und vor dem sonst drohenden Urlaubsverfall gewarnt hat. Der Urlaub verfällt nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt ist. § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG führen bei längerer durchgehender Arbeitsunfähigkeit nicht schon zum 31.03. des Folgejahres, sondern erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres (31.03. des übernächsten Jahres) zum Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruchs.

Abgeltung des Resturlaubs?

Während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses darf nicht genommener Urlaub nicht durch eine Geldzahlung abgegolten werden. Einzige Ausnahme ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wenn der Urlaub aus diesem Grund nicht mehr genommen werden kann, § 7 Abs. 4 BUrlG. Dann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abgeltung des Resturlaubs.

Arbeitsunfähig erkrankt … was nun?

Der Umgang mit erkrankten Arbeitnehmern ist in Betrieben durchaus unterschiedlich geregelt. Mache Arbeitgeber sind „großzügiger“, wenn es z. B. um den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit geht. Andere Arbeitgeber wollen den Nachweis am ersten Tag. Für Arbeitnehmer ist es deshalb wichtig zu wissen, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen krankheitsbedingte Fehltage für sie haben und was sie alles beachten müssen.

Eine weitere wichtige Frage für Arbeitnehmer ist, ob sie trotz krankheitsbedingter Fehltage weiter ihren Lohn erhalten und, wenn ja, in welcher Höhe.

Was ist bei Arbeitsunfähigkeit zu beachten?

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer gesundheitlich nicht fähig ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuüben, § 3 Abs. 1 EntgFG (Entgeltfortzahlungsgesetz). Das kann bedeuten, dass ein und dieselbe Erkrankung bei dem einen Arbeitnehmer zur Arbeitsunfähigkeit führt, bei dem anderen nicht.

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, muss sich so verhalten, dass er bald wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Er hat alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Was der Arbeitnehmer nun während seiner Arbeitsunfähigkeit konkret tun darf und was nicht, hängt auch von der Art der Erkrankung ab.

Unter anderem sind folgende Anzeige- und Nachweispflichten gemäß § 5 EntgFG zu beachten:

  • Unverzügliche Anzeige der Arbeitsunfähigkeit
  • Der Arbeitnehmer muss so schnell wie möglich die zuständige Stelle im Betrieb informieren. Eine Form der Mitteilung ist grundsätzlich nicht vorgeschrieben. Entweder werden im Betrieb übliche oder durch den Arbeitgeber vergebene Kommunikationswege genutzt.
  • Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  • Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer spätestens am folgenden Tag (d.h. dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit, nicht wie oftmals behauptet am dritten Tag!) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, häufig auch als Attest oder Krankschreibung bezeichnet, vorzulegen, aus der die weitere voraussichtliche Dauer hervorgeht.

Wichtig!
Der Arbeitgeber kann ein ärztliches Attest schon ab dem ersten Tag verlangen.

Wichtig für gesetzlich versicherte Arbeitnehmer: die Elektronische Krankmeldung (eAU) gilt seit dem 01. Januar 2023!

Arbeitgeber werden ab dem 01.01.2023 durch die Krankenkassen digital über den Beginn und die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit eines gesetzlich versicherten Arbeitnehmers informiert. (Nach § 5 Abs 1 EntgFG wurde dazu der Abs. 1a neu eingefügt.) Die Krankenkassen wiederum werden durch die Arztpraxen elektronisch informiert. Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer müssen sich also seit Januar 2023 nicht mehr darum kümmern, ihre Krankschreibungen einzureichen. Sie müssen dem Arbeitgeber nur noch rechtzeitig mitteilen, dass sie von ihrem Arzt krankgeschrieben worden sind. Der Arbeitgeber ruft dann die Krankmeldung elektronisch bei der Krankenkasse ab. Den „gelben Schein“ gibt es dann nur noch in der Version für den Arbeitnehmer.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, so muss der Arbeitgeber nach Zustimmung des Betroffenen klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und wie erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Wichtige Informationen zum Ziel und möglichen Ablauf des BEM sowie die Beteiligung des Betriebsrats finden Sie in diesem Leitfaden.

Entgeltfortzahlung bei Krankheit

Wenn der Arbeitnehmer unverschuldet arbeitsunfähig erkrankt, was in aller Regel der Fall ist, erhält er für die Dauer von bis zu sechs Wochen nach § 3 EntgFG weiterhin sein Gehalt, und zwar grundsätzlich in der Höhe, wie wenn er normal gearbeitet hätte. Zusätzliche Leistungen für Überstunden oder besondere Aufwendungen des Arbeitnehmers (z. B. Schmutzzulagen) gehören allerdings nicht dazu. Das Arbeitsverhältnis muss zudem mindestens vier Wochen ununterbrochen bestanden haben. Nach sechswöchiger Fehlzeit aufgrund derselben Erkrankung entfällt die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung und der Arbeitnehmer erhält Krankengeld von der Krankenkasse. Die Höhe des Krankengeldes ist um einiges geringer. Sie beträgt 70 Prozent des letzten beitragspflichtigen Bruttogehalts und maximal 90 Prozent des Nettogehalts (§ 47 Abs. 1 SGB V (5. Sozialgesetzbuch)). Das Krankengeld ist einschließlich der Entgeltfortzahlung auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren beschränkt.

Handelt es sich um eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit, bekommt der Arbeitnehmer das etwas höhere Verletztengeld.

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