Absprachen zwischen Betriebsratsvorsitzendem und Arbeitgeber „zwischen Tür und Angel“ – geht das überhaupt? Schauen wir zunächst auf die rechtliche Ausgangslage und die Stellung des Betriebsratsvorsitzenden.
Der BRV vertritt den Betriebsrat
Nach § 26 Abs. 2 BetrVG vertritt der Betriebsratsvorsitzende den Betriebsrat im Rahmen der gefassten Beschlüsse. „Vertreten“ heißt dabei aber nicht, dass der Vorsitzende anstelle des Gremiums handeln darf. Vielmehr ist der Vorsitzende immer an den Willen des BR-Gremiums gebunden. Der Betriebsratsvorsitzende überschreitet daher seine Kompetenzen, wenn er eigenmächtig Zusagen macht, die so noch gar nicht beschlossen wurden.
Wichtig: Wenn der Betriebsratsvorsitzende wiederholt Zusagen ohne Rückhalt des Gremiums machen würde, könnte darin sogar eine grobe Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 1 BetrVG liegen.
Sind Zusagen trotzdem bindend?
Doch wie schaut es mit der Außenwirkung aus? Sind Zusagen des Betriebsrats ohne wirksamen Beschluss des Betriebsrats trotzdem rechtlich bindend?
Der Arbeitgeber darf darauf vertrauen, dass ein wirksamer Beschluss vorliegt.
Dazu müssen zwei Fälle unterschieden werden
Erster Fall:
Der Betriebsratsvorsitzende gibt eine Erklärung ab, er stimmt beispielsweise ohne Betriebsratsbeschluss einer Kündigung zu. Dies ist in der Regel rechtlich wirksam; Fehler auf Betriebsratsseite dürfen in diesem Fall nicht zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Der Arbeitgeber darf darauf vertrauen, dass ein wirksamer Beschluss vorliegt. Ausnahme: Der Arbeitgeber weiß, dass erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums vorliegt, sondern nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden.
Zweiter Fall:
Für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung liegt kein wirksamer Beschluss vor. So geschehen in einem Fall, der am Ende vor Gericht landete. Ein Betriebsratsvorsitzender hatte eine Betriebsvereinbarung zu einem neuen Entlohnungssystem unterzeichnet – ohne Beschluss des Betriebsrats.
Grundsätzlich gilt: Ohne einen wirksamen Beschluss des Betriebsrats kommt eine Betriebsvereinbarung nicht wirksam zustande. Es kann aber anders aussehen, sofern die Grundsätze der Rechtsscheinhaftung gegeben sind. Dann wird der Betriebsrat als Gremium für ein eigenmächtiges und damit eigentlich rechtswidriges Handeln seines Vorsitzenden haftbar bzw. er ist an dessen Erklärungen gebunden. So war es im oben genannten Fall.
Damit ist Vorsicht geboten!
Was sind die Voraussetzungen der Rechtsscheinhaftung?
Kennt der Betriebsrat das Auftreten des Betriebsratsvorsitzenden bzw. hat die Mehrheit der Mitglieder von dem Auftreten des Betriebsratsvorsitzenden gewusst (oder hätte es wissen müssen), dann ist eine Rechtsscheinhaftung gegeben. Der Arbeitgeber wird geschützt und darf auf die Erklärungen des Vorsitzenden vertrauen. Hintergrund ist, dass es sonst für Außenstehende faktisch unmöglich wäre zu erkennen, ob der Unterzeichnung einer Betriebsvereinbarung eine wirksame Beschlussfassung zugrunde liegt oder nicht.
Wichtig für die tägliche Praxis im BR!
Es kann also sein, dass Erklärungen des Betriebsratsvorsitzenden gegenüber dem Arbeitgeber bindend sind, auch wenn kein Mehrheitsbeschluss vorliegt.
Damit ist Vorsicht geboten! Sowohl das Gremium als auch der Betriebsratsvorsitzende sind dazu aufgerufen, genau abzustimmen, welche Erklärungen tatsächlich an den Arbeitgeber weitergegeben werden dürfen.