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Betriebsvereinbarung kann auch ohne Betriebsratsbeschluss wirksam sein

Unterzeichnet ein Betriebsratsvorsitzender ohne Beschluss eine Betriebsvereinbarung, kann diese wirksam sein. Wusste der Betriebsrat vom Handeln des Vorsitzenden, kann dies dem Gremium zuzurechnen sein, sodass eine Rechtsscheinhaftung eintritt. 
 


Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 16. Dezember 2021, 5 Sa 752/19

Stand:  14.6.2022
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Das ist passiert

In einem Betrieb sollte im Jahr 2017 das Entgeltsystem neu geregelt werden. In diesem Zusammenhang wurde im Rahmen einer Betriebsvereinbarung u.a. festgelegt, dass ein zur damaligen Zeit angestellter Fräser fortan 200 Euro weniger verdienen sollte. Hiermit war der Arbeitnehmer jedoch nicht einverstanden und erhob Klage vor Gericht. Seiner Ansicht nach wurde die Betriebsvereinbarung nicht wirksam abgeschlossen, da dieser kein Betriebsratsbeschluss zugrunde lag. Auch hätten Arbeitgeber und Betriebsrat den Grundsatz der Tarifautonomie nach § 77 Abs. 3 BetrVG nicht beachtet. 

Das entschied das Gericht

Das Gericht lehnte die Klage des Arbeitnehmers ab. Der Arbeitnehmer habe zwar mit seinen Ausführungen Recht, dass kein Beschluss des Betriebsrats zur Unterzeichnung der Betriebsvereinbarung vorgelegen habe. Der Betriebsratsvorsitzende handelte damit, ohne eine Vollmacht des Gremiums zu besitzen. Nach Ansicht des Gerichts lag im vorliegenden Fall jedoch eine sogenannte Rechtsscheinhaftung vor, nach der der Betriebsrat für den Vorsitzenden haftet: Der Betriebsrat bzw. die Mehrheit des Gremiums kannte das Handeln ihres Vorsitzenden und muss sich sein Handeln zurechnen lassen. Denn der Arbeitgeber habe keine Möglichkeit zu erkennen, ob ein Vorsitzender mit dem erforderlichen Beschluss agiert, was zu großer Rechtsunsicherheit führen würde. 
Ferner wurde der Grundsatz der Tarifautonomie gewahrt, da der zugrundeliegende Tarifvertrag im Rahmen einer Öffnungsklausel eine solche Gehaltsregelung ermöglichte. Die Klage ist damit abzulehnen.

Hintergrund und Bedeutung für die Praxis

Grundsätzlich gilt, dass für nahezu alles ein Betriebsratsbeschluss benötigt wird. An diesem Tipp ändert sich auch nichts, davon sollte unter keinen Umständen abgerückt werden. Gleichzeitig gibt es Fälle, in denen eine Vertragspartei geschützt werden muss. Im hier diskutierten Fall muss sich der Arbeitgeber darauf verlassen können, dass der Betriebsratsvorsitzende mit der Legitimität des Beschlusses seines Gremiums ausgestattet ist. Daher ist ausnahmsweise auch ein an sich rechtswidriges Handeln des Vorsitzenden dem Betriebsrat zurechenbar, sodass dieser auch an die Folgen seiner Handlungen gebunden ist. 
(sts)

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