Ziel einer betrieblichen Gesundheitsarbeit ist es, Arbeitsbelastungen zu verringern und so die Gesundheit der Mitarbeiter zu erhalten bzw. zu fördern. Dazu müssen die „Gefährdungen“, wie es das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) nennt, zuerst einmal ermittelt werden. Nur dann können sie durch entsprechende Maßnahmen möglichst beseitigt, zumindest aber reduziert werden.
Übrigens sind die Arbeitgeber hierzu verpflichtet – seit 2013 sogar nicht nur bezüglich physischer, sondern auch hinsichtlich psychischer Belastungen (vgl. § 5 ArbSchG). Koordiniert und gesteuert wird dies in der Regel vom Arbeitskreis Gesundheit. In diesem sollten neben dem Betriebsrat auch der Betriebsarzt, die Fachkraft für Arbeitssicherheit, der Sicherheitsbeauftragte, die Personalabteilung, ein neutraler (meist externer) Moderator sowie die Unternehmensleitung vertreten sein. So ist sichergestellt, dass das Gremium Entscheidungen treffen kann, die das Unternehmen auch mitträgt.
Das Erfolgsrezept dieser Arbeitsgruppe liegt im Mitarbeiter-Know-how
Die Idee: Betroffene zu Beteiligten machen
Der Arbeitskreis Gesundheit hat zwar das erste und das letzte Wort, er kann jedoch zu seiner Unterstützung Arbeitsaufträge vergeben, z.B. zur Ermittlung und Analyse von Arbeitsbelastungen. Hierfür hat sich der sogenannte Gesundheitszirkel als optimaler Ausschuss bewährt. Das Erfolgsrezept dieser Arbeitsgruppe liegt im Mitarbeiter-Know-how als Expertenwissen. Denn niemand kennt seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld besser als die Beschäftigten selbst. Sie sind Experten in eigener Sache und damit Hauptakteure im Gesundheitszirkel. Die Beteiligung der Beschäftigten bei der betrieblichen Gesundheitsarbeit vergrößert zudem die Akzeptanz der umgesetzten Maßnahmen bei allen Mitarbeitern im Unternehmen.
Verantwortlich ist der Arbeitskreis Gesundheit.
Die Route: Von Berlin nach Düsseldorf
Für die Auswahl der Teilnehmer des Gesundheitszirkels ist der Arbeitskreis Gesundheit verantwortlich. In der Praxis haben sich für die Auswahl zwei Modelle bewährt: Das Berliner und das Düsseldorfer Modell. Nach dem „Berliner Modell“ sind im Gesundheitszirkel nur Personen aus einer Hierarchieebene vertreten (homogener Zirkel), möglichst unterstützt durch einen externen Moderator. Diese offene Gesprächsatmosphäre lädt dazu ein, auch sensible Probleme und Belastungen frei anzusprechen. Allerdings birgt es die Gefahr, dass sich die Beteiligten in persönlichen Details verlieren. Außerdem fehlt in der Gruppe ein Entscheidungsträger, so dass es die Realisierung von vorgeschlagenen Maßnahmen schwierig werden kann.
Nach dem „Düsseldorfer Modell“ besteht der Zirkel aus fünf bis sieben Beschäftigten, der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt, einem Mitglied des Betriebsrats, einem Vertreter des Arbeitgebers und einem externen Moderator. Die Teilnahme eines Vorgesetzten erleichtert die spätere Umsetzung der Maßnahmen. Jedoch kann es passieren, dass nicht alle Probleme und Belastungen frei angesprochen werden, da manche Mitarbeiter durch die Anwesenheit eines Vorgesetzten verunsichert sind.
Welches Modell idealerweise zu wählen ist, kommt – wie so oft – ganz auf den Einzelfall bzw. auf das zu behandelnde Thema an. Auch Mischmodelle sind natürlich möglich. Bei Bedarf können zudem weitere Experten hinzugezogen werden.
Gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz müssen identifiziert und konkrete Verbesserungsvorschläge gefunden werden.
Die Aufgabe: So arbeitet der Gesundheitszirkel
Steht die Zusammensetzung des Zirkels geht es an die Arbeit. Gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz müssen identifiziert und konkrete Verbesserungsvorschläge gefunden werden. Hierzu trifft sich die Gruppe mehrmals, natürlich während der Arbeitszeit. Die Themen sind breit gefächert: Von Führung, Leistungsdruck, Lärmbelästigung, Mobbing bis zum Raumklima – all dem kann sich ein Gesundheitszirkel annehmen. Es gibt keine Tabus. Idealerweise werden die anstehenden Themen bereits im Vorfeld im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung oder Mitarbeiterbefragung ermittelt.
Anhaltspunkte können auch hohe Krankenzahlen oder eine auffällige Fluktuation sein.
Die vom Gesundheitszirkel erarbeiteten Ergebnisse werden dem Arbeitskreis-Gesundheit vorgelegt. Bei den Lösungsvorschlägen kann es sich um technische, ergonomische, organisatorische oder personenbezogene Schritte handeln. Über die tatsächliche Durchführung entscheidet dann der Arbeitskreis Gesundheit.
Der Betriebsrat: Rolle und Rechte
Der Betriebsrat kann als Teilnehmer innerhalb eines Gesundheitszirkels wertvolle Hinweise geben und maßgebende Beiträge leisten. Aber nicht nur das: Im Gesundheitszirkel werden Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Das ist ein Teil des betrieblichen Vorschlagswesens. Daher hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Zusammensetzung und Arbeitsweise des Zirkels.
Außerdem können sich aus den erarbeiteten Ergebnissen Maßnahmen ergeben, an denen der Betriebsrat zu beteiligen ist, z B. Qualifizierungsmaßnahmen mit entsprechenden Mitbestimmungsrechten nach §§ 96 ff. BetrVG. Darüber hinaus ist auch folgender Aspekt wichtig:
Wie schon erwähnt, beschäftigt sich der Gesundheitszirkel idealerweise mit den Ergebnissen, die bereits in einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt wurden. Die Arbeit des Zirkels selbst kann jedoch ebenfalls als Instrument der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG verstanden werden. Dementsprechend steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu.
Tipp: Für eine effektive Zusammenarbeit im Gesundheitszirkel empfiehlt es sich, Verfahrensregeln zu vereinbaren (z.B. Häufigkeit und Dauer der Treffen, Verschwiegenheitspflicht)!
Fazit: Eine runde Sache
Der Gesundheitszirkel ist eine runde Sache, wenn seine Lösungsvorschläge auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. Um die Beteiligten nicht zu enttäuschen oder zu demotivieren, sollte die Umsetzung zeitnah erfolgen. Natürlich sind nicht alle Ideen realisierbar. Es ist jedoch ein Zeichen der Wertschätzung, die Ablehnung von Vorschlägen nachvollziehbar zu begründen. Wie mit den Ergebnissen der Arbeit des Zirkels umgegangen wird, ist nicht nur abhängig von Budget und Ressourcen, sondern insbesondere auch von der Gesundheitskultur im Unternehmen und der Bereitschaft des Arbeitgebers, in die Gesundheit der Mitarbeiter zu investieren.