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News Unternehmenskrise Keiner will auf Dauer zu Fuß gehen

Keiner will auf Dauer zu Fuß gehen

Autoindustrie in der Krise? Eine Klarstellung!

In der deutschen Autoindustrie häufen sich die schlechten Nachrichten. Die Nobel-Hersteller BMW und Mercedes geben Gewinnwarnungen heraus, alle leiden unter Beschäftigungsmangel als Folge der Nachfrageeinbrüche bei Elektroautos – vor allem VW und noch mehr die Zulieferer. Und das ist noch nicht alles! CO2-Strafzahlungen sorgen für weitere Belastungen. Befindet sich die deutsche Autoindustrie in einer Krise? Ein Kommentar von Dr. Helmut Becker.

Ökonom Dr. Helmut Becker Becker

Dr. Helmut Becker

Stand:  1.10.2024
Lesezeit:  04:00 min
© Adobe | Daniela

Immer wieder schlechte Nachrichten aus der deutschen Autoindustrie:Gewinnwarnungen, Beschäftigungsmangel und ein verstärkter Wettbewerb mit der chinesischen Autoindustrie in China selbst; mit der Folge, dass der Gewinngenerator China erheblich an Schwung verloren hat. Dort konnten die deutschen Autobauer in guten Jahren über ein Drittel (der VW-Konzern fast die Hälfte) ihrer Verbrenner-Jahresproduktion mit hohen Margen verkaufen und mitunter die Hälfte des Jahresergebnisses erzielen.

CO2-Strafzahlungen sorgen für weitere Belastungen

Hinzu kommen 2025 weitere milliardenschwere Belastungen für die Autohersteller wegen CO2-Strafzahlungen an die EU für die Überschreitung der zulässigen Emissionsgrenzwerte von dann 95 Gramm/Kilometer im Durchschnitt ihrer Neuwagenflotten. 2024 liegt der gemessene Wert im EU-Durchschnitt bisher bei ca. 115 Gramm/Kilometer.

Diese Grenzwerte waren 2021 in der allgemeinen Elektroauto-Euphorie mit Zustimmung der Autohersteller von der EU so festgelegt worden; 2030 soll der Grenzwert auf 50 Gramm/Kilometer sinken, 2035 soll er ganz fallen: Verbrennerverbot! Unrühmliches Ende des 100jährigen erfolgreichen Geschäftsmodells der deutschen Autoindustrie.

In Summe fallen in Europa 2025  15 Milliarden Euro Strafzahlungen an.

In Summe fallen in Europa 2025 nach Berechnungen von Luca de Meo, Renault-CEO und aktueller Präsident des europäischen Automobil-Dachverbandes ACEA, 15 Milliarden Euro Strafzahlungen an, davon allein bis zu 5 Milliarden nur für VW.

„Die Kosten im internationalen Wettbewerb sind viel zu hoch“

Den Reigen eröffnete VW-Konzernchef Oliver Blume, der Mitte September Belegschaft und Öffentlichkeit mit der Meldung überraschte, VW müsse zur Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Existenz die bisherigen Kostensenkungs- und Einsparmaßnahmen drastisch verschärfen. Dazu Blume: „Bei Volkswagen sind die Kosten im internationalen Wettbewerb viel zu hoch.“ Da müsse man jetzt ran.

Angesichts hoher Absatzverluste bei Elektroautos müssten Kapazitäten abgebaut, eventuell sogar ganze Werke geschlossen und der seit 30 Jahren bestehende Kündigungsschutz aufgehoben werden. Für die VW-Belegschaft ein Sakrileg, und für eine Bundesregierung, die mit dem Ziel einer Mobilitätswende und „Electric only“ angetreten war, mehr als nur ein großes Problem. Von hausgemachten Fehlern, falschen Weichenstellungen in der Antriebs- und Modellpolitik und hausinternen Managementbaustellen sagte der VW-Chef nichts.

Politik und Öffentlichkeit waren bestürzt ob der wachsenden Flut von Negativ-Meldungen aus der wichtigsten deutschen Industrie, vor allem aber ob der geplanten einschneidenden Maßnahmen beim Leuchtturm-Unternehmen Volkswagen mit rund 300.000 Beschäftigten in Deutschland, darunter allein 100.000 in Niedersachen.

Ohne Zweifel hat die Autoindustrie, allen voran Branchenprimus Volkswagen, als Motor der deutschen Wirtschaft eine zentrale Bedeutung für Beschäftigung und Wohlstand.

Der Ernst der Lage wurde für die Öffentlichkeit noch dadurch verstärkt, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die wichtigsten Autounternehmen, Gewerkschaften und den Branchenverband VDA – quasi über Nacht – zu einem „Autogipfel“ nach Berlin einlud, um eine mögliche Krise in der Autoindustrie abzuwenden. Grundsätzlich ist zu fragen:

Befindet sich die deutsche Autoindustrie in einer Krise?

Diese Frage ist für die deutsche Wirtschaft existenziell. Denn eines ist gewiss, wäre die Autoindustrie in einer Krise, hätte das fatale Folgen für die Zukunft der gesamten deutschen Volkswirtschaft.Ohne Zweifel hat die Autoindustrie, allen voran Branchenprimus Volkswagen, als Schlüsselbranche und Motor der deutschen Wirtschaft eine zentrale Bedeutung für Beschäftigung und Wohlstand im Land.

Bei einer Krise käme alles ins Rutschen: sichere Arbeitsplätze und Einkommen, stabile Renten, die ganze soziale Sicherung, an die die Bürger sich als selbstverständlich gewöhnt haben.

Die Antwort auf die Frage ist ein klares Nein!

Nein, die deutsche Autoindustrie ist nicht in einer Krise, sie ist innovativ, sie ist produktiv, sie stellt hochwertige Produkte her – und das Automobil als solches ist nach wie vor hoch begehrt; populär ausgedrückt: Keiner will auf Dauer zu Fuß gehen.  

Nicht die Autoindustrie an sich ist in der Krise, sondern allenfalls einzelne Unternehmen. Und selbst die sind (noch) nicht in der Krise, sondern haben lediglich in Teilbereichen mit großen Absatzproblemen zu kämpfen.

Gemeint sind hier die Unternehmen, die in der Vergangenheit Fehler gemacht haben:

  • zum einen im Vertrauen auf eine „ewige“ Verkaufsförderung von Batterie-Elektroautos (BEV+PHEV) durch die Politik,
  • zum anderen durch völlige Fehleinschätzung der eigentlichen Mobilitätsbedürfnisse des Marktes und der Wertschätzung von Verbrennerautos in der Gunst der Konsumenten,
  • zum Dritten durch hausgemachte Strategiefehler eines völligen Umschwenkens in der etablierten und erfolgreichen Konzerntechnologie und Modellpolitik weg vom Verbrenner und hin zur einseitigen Ausrichtung auf Elektromobilität; ohne jede weitere Technologie-Alternative, wie zum Beispiel klimafreundliche synthetische Treibstoffe.

Eine solche Fixierung auf ein völlig neues, nicht erprobtes Geschäftsmodell ist mit hohen Risiken verbunden. Und wenn diese brachiale technologische Transformation in einem Unternehmen geschieht, dessen globaler Verbrenner-Altbestand, sprich Wiederkauf-Potenzial, auf weit über 100 Millionen geschätzt wird, und das jährlich weltweit in 70 Werken täglich 40.000 Verbrennerautos produziert, und der Markt nicht mitspielt, dann gerät dieses Unternehmen zwangsläufig in eine Schieflage. Nicht durch Gottes Fügung, sondern durch hausgemachte Fehlentscheidungen!

Ergebnis der aktuellen Branchenanalyse

Das Ergebnis der aktuellen Branchenanalyse lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Alle Autohersteller in Europa leiden unter der Marktschwäche Elektroautos (BEV), am meisten jene Massenhersteller, die sich besonders stark in der neuen Technologie engagiert haben. Am stärksten dabei hat es die Zulieferer mit speziellerem Geschäftsmodell ohne Kompensationsmöglichkeiten getroffen.
  • Der Absatz von Automobilen mit Hybrid-Technologie und von Verbrennerautos läuft stattdessen umso besser, obwohl sich Verbrenner in den letzten Jahren überdurchschnittlich verteuert haben.
  • Es gibt keine generelle Krise in der deutschen Autoindustrie, sondern es gibt nur erste Ansätze eine Krise, so bei Mercedes in Bezug auf den Absatz der S-Klasse oder – und vor allem – bei VW wegen der einseitigen Konzentration auf Elektroautos und der strategischen Vernachlässigung des bewährten Verbrenner-Fundaments. Nicht ohne Grund macht der Spruch vom Volkswagen-Konzern ohne „Volkswagen“ die Runde.
  • Kein anderer Massenhersteller in Europa hat die gegenwärtigen Probleme von VW. Die Ursachen sind hausgemacht und sind nicht extern durch politische oder tarifliche Rahmenbedingungen bestimmt.
  • Alle Autohersteller in der EU leiden unter den hohen CO2 Strafzahlungen an die EU.

Schlussfolgerung

Die sogenannte VW-Krise ist die Krise der Batterie-Elektro-Mobilität und wurde von der Politik initiiert, dann aber maßgeblich von einzelnen Autoherunternehmen durch strategische Management-Fehlentscheidungen verstärkt. Die aktuellen VW-Probleme sind hausgemacht. Lohnkosten werden nur dann zu „zu hohen“ Lohnkosten, wenn der Absatz sinkt! Und genau das ist beim Absatz von VW-Elektroautos geschehen.

Zu diesem Ergebnis kam auch Minister Habecks Autogipfel. Beschlüsse für die Branche wurden nicht gefasst, der von VW vorgetragene Wunsch nach neuerlicher staatlicher Kaufförderung von E-Autos wurde abgelehnt.

Allerdings fand ebenfalls keine politische Korrektur der einseitigen BEV-Elektro-Strategie statt, Technologie-Offenheit wurde nicht erwähnt.  Ebenso ließ die Politik keinen Willen erkennen, sich für eine Verschiebung oder Korrektur der CO2-Emissionsgrenzwerte oder gegen das Verbrenner-Aus einzusetzen. Die Agenda für einen möglichen Nachfolge-Autogipfel steht damit schon fest.

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