Arbeitsunfall schon auf dem Weg zur Tiefgarage?

Wo genau verlässt ein Arbeitnehmer in einem Mehrfamilienhaus den privaten Bereich? Beginnt bereits im Treppenhaus auf dem Weg zur Tiefgarage der Weg zur Arbeit? Um diese Frage ging es vor dem Landessozialgericht Hamburg. Denn ein gesetzlich versicherter Arbeits- bzw. Wegeunfall liegt erst dann vor, wenn er sich nach dem Verlassen des Wohnbereichs ereignet.  
Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 06. August 2025, L 2 U 30/24
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Redaktion
Stand:  30.9.2025
Lesezeit:  01:45 min
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Das ist passiert

Der Arbeitnehmer wohnt in einem Mehrfamilienhaus, zu dem eine eigene Tiefgarage gehört. Die Bewohner gelangen von ihrer Wohnung aus über ein Treppenhaus zur Tiefgarage.  

Auf diesem Weg, also im Treppenhaus auf dem Weg zu seinem Auto in der Tiefgarage, stürzte der Arbeitnehmer. Dabei verletzte er sich sein Handgelenk. Sein Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls wurde von der Unfallkasse abgelehnt. Begründet wurde der Bescheid damit, dass der Unfallversicherungsschutz erst mit dem Durchfahren des Garagentors beginne. Denn die Tiefgarage bilde eine bauliche Einheit mit dem Wohngebäude. Dagegen klagte der Arbeitnehmer. Er ist der Meinung, dass er den nicht versicherten privaten Bereich mit dem Durchschreiten seiner Wohnungstür verlassen habe. Beim Weg zur Tiefgarage müsse er auch an zahlreichen anderen Wohnungstüren vorbeigehen.   

Das entschied das Gericht

Sowohl Sozialgericht als auch Landessozialgericht (LSG) entschieden, dass der Sturz nicht als Arbeitsunfall zu werten sei. Der Unfallversicherungsschutz beginne mit dem Verlassen des häuslichen Bereichs, also erst wenn man durch die Außentür des bewohnten Gebäudes geht. Das sei auch die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dabei komme es nicht auf die Größe von Häusern an (z. B. Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Mehrfamilienhaus), sondern nur darauf, ob sich ein Unfall innerhalb oder außerhalb des Gebäudes ereignet hat. Alle gemeinschaftlich genutzten inneren Gebäudeteile gehörten noch zum unversicherten häuslichen Wirkungskreis. Auch eine Garage, die an das Wohngebäude angebaut und durch einen direkten Zugang aus zu erreichen ist, gehöre zum häuslichen Bereich. Das Garagentor sei dann eine der Außentüren des Gebäudes. Der Arbeitnehmer habe somit beim Sturz im Treppenhaus noch keine Außentür durchschritten. Ein Unfallversicherungsschutz bestehe in diesem Fall nicht. 

Hinweise für die Praxis

Der Arbeitsweg fängt doch an, sobald die eigene Wohnungstür ins Schloss fällt? Das denken viele Arbeitnehmer. Doch nicht immer ist die eigene Haustür auch eine Außentür, durch die der häusliche Lebensbereich wirklich verlassen wird. Dass es auf dieses wichtige Detail ankommt, stellt das Landessozialgericht Hamburg in dieser Entscheidung nochmal klar.   Für Arbeitnehmer ist es wegen der umfassenden medizinischen und finanziellen Unterstützung eine äußerst wichtige Frage, ob der gesetzliche Unfallversicherungsschutz greift. Deshalb müssen Arbeitsgerichte auch immer wieder klären, wo genau die Grenze zwischen privatem Lebensbereich und versicherten Arbeitsweg verläuft. Versichert ist nur der direkte Weg vom Wohngebäude zum Arbeitsplatz und zurück. (jf)