Rückzahlung von Fortbildungskosten und Gehalt

Muss ein Arbeitnehmer die für eine Ausbildung zum Brandmeister gezahlte Bruttovergütung bei einem vorzeitigen Ausscheiden zurückzuzahlen? So sah es eine Rückzahlungsklausel im Vertrag vor. Der Fall landete vor dem Landesarbeitsgericht Köln.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.08.2025, 7 SLa 648/24
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Redaktion
Stand:  30.9.2025
Lesezeit:  02:00 min
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Das ist passiert

Es geht um die Rechtmäßigkeit einer Rückzahlungsverpflichtung für Weiterbildungskosten. Die Arbeitgeberin machte die anteilige Rückzahlung von Fortbildungskosten in Höhe von 69.370,45 Euro geltend. Hierbei entfielen 9.416,25 Euro auf die reine Fortbildung und 59.954,20 Euro auf die gezahlte Vergütung. Der beklagte Brandmeisteranwärter leistete keine Zahlung. 

Die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossenen Vereinbarung enthielt eine Rückzahlungsklausel, die vorsah, dass die während der 18-monatigen Ausbildung zum Brandmeister gezahlte Bruttovergütung bei einem vorzeitigen Ausscheiden zeitratierlich zurückzuzahlen ist.


 „§ 4 Rückzahlungsverpflichtung: Weiterbildungskosten
(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die nach § 3 vom Arbeitgeber tatsächlich übernommenen Kosten ganz oder teilweise an diesen zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren (= 36 Monate) nach erfolgreicher Beendigung der Fortbildung aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen von diesem selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitnehmers beendet wird. Die vorgenannte Rückzahlungsverpflichtung entsteht somit nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die der Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind.


(2) Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Fortbildung vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 1/36.


(3) Eine Rückzahlungspflicht besteht auch, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung ohne wichtigen Grund vorzeitig abbricht. Sie besteht ferner, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft das Ziel der Fortbildung nicht erreicht oder das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Fortbildung aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen von diesem selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitnehmers beendet wird. Abs. 2 dieser Vorschrift findet in den vorgenannten Fällen keine Anwendung. § 4 Abs. 1 Satz 2 dieser Vereinbarung gilt entsprechend. Bei vorzeitigem Abbruch oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Fortbildungsende sind die bis dahin tatsächlich entstandenen Kosten (§ 3) zu erstatten.


(4) Der jeweilige Rückzahlungsbetrag ist in voller Höhe zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis fällig und kann gegen pfändbare finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers aufgerechnet werden.


§ 5 Rückzahlungsverpflichtung: Freistellungsvergütung (brutto)
(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich ferner, die nach § 2 vom Arbeitgeber während der Freistellung gezahlte (Bruttomonats)-Vergütung – ohne Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung – ganz oder teilweise an diesen zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren (= 36 Monate) nach erfolgreicher Beendigung der Fortbildung aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen von diesem selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitnehmers beendet wird. Die vorgenannte Rückzahlungsverpflichtung entsteht somit nicht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen, die der Verantwortungs- und Risikosphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind.


(2) Für jeden vollen Beschäftigungsmonat nach Beendigung der Fortbildung vermindert sich der Rückzahlungsbetrag um 1/36.


(3) Die Rückzahlungspflicht nach Abs. 1 besteht auch, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung ohne wichtigen Grund vorzeitig abbricht. Sie besteht auch, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft das Ziel der Fortbildung nicht erreicht oder das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Fortbildung aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen von diesem selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitnehmers beendet wird. Abs. 2 dieser Vorschrift findet in den vorgenannten Fällen keine Anwendung. § 5 Abs. 1 Satz 2 dieser Vereinbarung gilt entsprechend. Bei vorzeitigem Abbruch oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Fortbildungsende sind die bis dahin tatsächlich entstandenen Kosten (§ 2) zu erstatten.


(4) Der jeweilige Rückzahlungsbetrag ist in voller Höhe zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis fällig und kann gegen pfändbare finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers aufgerechnet werden.“

So hat das Gericht entschieden

Bei den in der „Fortbildungsvereinbarung“ getroffenen Abreden handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Es handelt sich um von der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin vorformulierte Vertragsbedingungen.


Die Rückzahlungsklausel in § 4 der Fortbildungsvereinbarung führt zu einer unangemessenen Benachteiligung des Beklagten i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam.


Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht.


Zum einen kommt eine Auslegung in Frage, die vom Begriff des Vertretenmüssens im Sinne von § 276 BGB ausgeht. Danach hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Vertretenmüssen im Sinne des Fortbildungsvertrags könnte dann als Verschulden im Sinne vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens interpretiert werden. Nach dieser Auslegung wäre der Fall der unverschuldeten Eigenkündigung (etwa wegen dauerhafter Leistungsunfähigkeit) von der Klausel nicht erfasst und würde – zumindest nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG – keine Rückzahlungspflicht auslösen.


Zum anderen kommt auch eine Auslegung in Frage, wonach der Begriff des Vertretenmüssens alle Gründe umfasst, die aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen. Der Beklagte soll zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet sein, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren nach erfolgreicher Beendigung der Fortbildung „aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen“ von diesem selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitnehmers beendet wird. Da sich diese Formulierung nicht nur auf eine Kündigung der Klägerin, sondern auch auf eine Eigenkündigung des Beklagten und eine einvernehmliche Vertragsbeendigung der Parteien bezieht, muss sie kein schuldhaftes und daher notwendigerweise an eine Pflichtverletzung des Beklagten anknüpfendes Verhalten iSd. § 276 BGB beschreiben. Ein „zu vertretender Grund“ kann vielmehr schon dann gegeben sein, wenn der Auslöser, Anlass oder die Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dem alleinigen Verantwortungs- und Risikobereich des Beklagten und damit ausschließlich aus seiner Sphäre stammt.


Da keine dieser beiden Auslegungsmöglichkeiten den Vorzug verdient, geht die Unklarheit zu Lasten des Verwenders und es besteht keine Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten.


Dies gilt aus den genannten Gründen auch für die Rückzahlung der „Freistellungsvergütung“. Hier kommt nach Ansicht des Gerichts noch hinzu, dass es sich nicht um eine Freistellung handelt, sondern um Vergütung von Arbeit, da es sich um eine Ausbildung handelt und die Ausbildung als Arbeitsleistung geschuldet war.

Praxishinweis

Das Urteil enthält noch viele weitere Hinweise, die bei der Erstellung einer den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligenden Vereinbarung herangezogen werden sollten. dz