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Einlassungs- und Erörterungspflicht

Einlassungs- und Erörterungspflicht

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Redaktion
Stand:  25.8.2023
Lesezeit:  01:30 min

Kurz erklärt

Die Einlassungs-und-Erörterungspflicht beschreibt wesentliche Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Beide Seiten sollen in Verhandlungen nicht nur ihren eigenen Standpunkt vortragen. Sie sollen sich auch mit den Argumenten der anderen Seite auseinandersetzen. Darüber hinaus sind Arbeitgeber und Betriebsrat gehalten, Lösungsvorschläge zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten vorzubringen. Dadurch wird eine ausgewogene und konstruktive Diskussion gefördert. Diese sichert einen fairen und transparenten Entscheidungsprozess. 

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Begriff

Die aus § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abgeleitete Pflicht von Arbeitgeber und Betriebsrat, in streitigen Angelegenheiten ihre jeweiligen Standpunkte darzulegen und zu begründen.  Sie sollen danach auch zu der Argumentation der anderen Seite Stellung nehmen. Außerdem haben sie - nicht nur in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten - Vorschläge zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen.

Beschreibung

Die Einlassungs- und Erörterungspflicht der Betriebspartner Arbeitgeber und Betriebsrat ist aus § 74 Abs. 2 BetrVG abzuleiten. Danach haben beide Seiten „über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen.“  

Geschieht dies nicht, kann eine so manifestierte Blockadehaltung auf einen Verzicht auf die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts, z.B. bei der Dienstplangestaltung, hinauslaufen (BAG v. 12.3.2019 - 1 ABR 42/17 in NZA 2019,843 Rn. 57).

Maßstab für den Umfang der wechselseitigen Einlassungspflichten ist das in § 2 Abs. 1 BetrVG geregelte Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dieses gebietet alle Verhandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Sieht eine Seite die Verhandlungen als gescheitert an, haben sich alsdann beide Seiten um eine einvernehmliche Bildung einer Einigungsstelle zu bemühen (BAG v. 12.2.2019 ,aaO. Rn. 55) . Ruft eine Seite die Einungsstelle ohne jeglichen Einigungsversuch an, fehlt ein Scheitern der Verhandlungen als Anlass für deren Einberufung. Sie verstößt damit gegen die Einlassungs- und Erörterungspflicht. Sobald aber eine Seite nach ihrer subjektiven Einschätzung nicht mehr von einer Konfliktlösung ohne fremde Hilfe ausgehen darf, kann sie ein Verfahren vor der Einigungsstelle einleiten. Dadurch soll die stockende vertrauensvolle Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) unter Zuhilfenahme eines unparteiischen Einigungsstellenvorsitzenden wieder in Gang gebracht werden (LAG Niedersachsen vom 25.10.2025 - 1 Ta BV 48/05 in NZA -RR 2006, 142). 

Rechtsquelle

§ 74 Abs. 2 BetrVG

Seminare zum Thema:
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Praxistage Mobbing
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