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Freiwilligkeitsvorbehalt

Freiwilligkeitsvorbehalt

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Redaktion
Stand:  14.10.2025
Lesezeit:  02:00 min

Kurz erklärt

Mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt will sich der Arbeitgeber die Möglichkeit der Verweigerung einer schon angekündigten Leistung eröffnen. Zugleich will der Arbeitgeber künftige Ansprüche auf bisher erbrachte Zahlungen ausschließen.  

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Begriff

Erklärung des Arbeitgebers, mit der er Ansprüche von Arbeitnehmern auf eine bereits zugesagte oder künftig fällige freiwillige Leistung ausschließen will.

Erläuterung

Vorbemerkung

Ein Arbeitnehmer verpflichtet sich im Arbeitsvertrag zur Erbringung einer gleichbleibend guten Leistung. Dafür sagt ihm der Arbeitgeber ein laufendes Entgelt in Form eines Stundenlohnes oder Gehaltes zu. Auf dessen künftig gleichbleibende Höhe stellt er sein Ausgabenverhalten berechtigterweise ein. 
Dieses anzuerkennende Vertrauen würde rechtsmißbräuchlich gestört, könnte der Arbeitgeber trotz gleichbleibender Leistung des Arbeitnehmers seine laufende Gegenleistung für dessen Leistung nach Belieben kürzen oder ganz einstellen. Unter anderem aus diesen Erwägungen hält das Bundesarbeitsgericht einen vorformulierten Ausschluss des Rechtsanspruches auf laufendes Entgelt für generell unwirksam. Es gelte der Grundsatz, Verträge sind bindend (BAG v. 3.8.2016 - 10 AZR 710/14 in NZA 2016, 1334 Rn.20). 

Inhalt

Ein Freiwilligkeitsvorbehalt schließt jeden Rechtsanspruch eines Arbeitnehmers für künftige Bezugszeiträume aus. 

Gegenstand laufendes Entgelt

Der Vorbehalt kann laufendes Entgelt betreffen. In diesen Fällen ist er bei der Verankerung in einem vorformulierten Vertrag generell unwirksam. 

Gegenstand Sonderzahlungen

Der Vorbehalt kann Sondervergütungen ohne Bezug zum laufenden Entgelt wie etwa Weihnachtsgratifikationen, Urlaubsgeld oder Jubiläumszahlungen beigefügt werden. In diesen Fällen ist er generell möglich. Es hat jedoch eine Prüfung an den Maßstäben der §§ 305 ff BGB stattzufinden. Das heißt, er muss durchschaubar, klar und deutlich formuliert sein. In diesen Fällen verhindert der Vorbehalt das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs auf dem Weg einer betrieblichen Übung. Das gilt für einen noch laufenden Bezugszeitraum wie z.B. ein erst für den 30.11. des Jahres in Aussicht gestelltes Weihnachtsgeld. Verhindert wird aber unter der Voraussetzung einer dem § 307 BGB genügenden klaren Formulierung auch das Entstehen eines Anspruch für einen künftigen Bezugszeitraum. Das gilt auch dann, wenn die betreffende Leistung unter Beifügung des Freiwilligkeitsvorbehaltes wiederholt erbracht wird. 

Mit der Formulierung, dass aus der Leistung einer Sonderzahlung keinerlei Rechte hergeleitet werden können, macht der Arbeitgeber hinreichend deutlich, dass er gerade keine Rechtsfolge im Sinne einer Erfüllungspflicht herbeiführen will. Deshalb verstößt ein Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen, der einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung ausschließt, auch nicht gegen den allgemeinen Grundsatz wonach Verträge einzuhalten sind. Denn es ist zu keiner verbindlichen Zusage gekommen (BAG v. 30.7.2008 - 10 AZR 606/07 in NZA 2008,1173 Rn.17). Die Bedeutung eines mit einer Sonderzahlung verbundenen Freiwilligkeitsvorbehaltes liegt im Ausschluss eines Rechtsanspruches auf die Sonderzahlung (Münchner Handbuch Arbeitsrecht, Band 1, 2024, § 63 Rn. 8).  

Inhaltskontrolle

Der Freiwilligkeitsvorbehalt kann vor der Gewährung einer freiwilligen Leistung im Einzelfall oder als Generalklausel für alle Fälle freiwilliger Leistungen im Arbeitsvertrag vereinbart werden. 
Die Vereinbarung eines Freiwilligkeitsvorbehalts in einem Formulararbeitsvertrag unterliegt dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und daher der Inhaltskontrolle. Bestimmungen in AGB sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 BGB). Formularmäßig vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalte sind in folgenden Fällen unwirksam:
•    Ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, benachteiligt den Arbeitnehmer regelmäßig unangemessen (BAG v. 14.9.2011 - 10 AZR 526/10 in NZA 2012,81).
•    Hat sich der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag zu einer Bonuszahlung verpflichtet, und schließt er im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung aus, ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruchs auf die Bonuszahlung benachteiligt wird (BAG v. 24. 10. 2007 - 10 AZR 825/06 in NZA 2008,40).
Zweifel bei der Auslegung des Textes gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Das folgt aus § 305 c Abs. 2 BGB. Denn der Arbeitgeber hätte die Möglichkeit einer klaren Formulierung wahrnehmen können. 
Letztlich kommt einem Freiwilligkeitsvorbehalt nur die Bedeutung eines Mittels zur Verhinderung des Entstehens einer betrieblichen Übung auf Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld zu.

Freiwilligkeitsvorbehalt, Widerrufsvorbehalt

Für Zusagen einer Zusatzleistung des Arbeitgebers, die das laufende Arbeitsentgelt betreffen und eine Gegenleistung des Arbeitnehmers voraussetzen (z. B. Bonuszusagen), ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt unzulässig (BAG v. 25.4.2007 - 5 AZR 627/06 in NZA 2007,753). Widerrufs- und Freiwilligkeitsklauseln schließen sich aus. Der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber setzt einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Hat der Arbeitnehmer auf Grund eines Freiwilligkeitsvorbehalts dagegen keinen Anspruch auf die Leistung, geht ein Widerruf der Leistung ins Leere. Bei einer Zusage unter Widerrufsvorbehalt kann der Arbeitnehmer mit der Sonderzahlung rechnen und sie beanspruchen, solange der Arbeitgeber keinen Widerruf erklärt hat. Selbst wenn der Arbeitgeber von seinem vereinbarten Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hat, ist der Widerruf nur dann wirksam, wenn dieser für den Arbeitnehmer zumutbar ist (§ 308 Nr. 4 BGB). Bei einem klar und verständlich formulierten, einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung ausschließenden Freiwilligkeitsvorbehalt darf der Arbeitnehmer von vornherein nicht mit Sonderzahlungen rechnen (BAG v. 30.7.2008 - 10 AZR 606/07 in NZA 2008, 1173).

Rechtsquellen

§§ 305c Abs. 2, 307 Abs. 1 Satz 2, 308 Nr. 4 BGB

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