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Gemeinsamer Ausschuss

Gemeinsamer Ausschuss

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Redaktion
Stand:  3.11.2025
Lesezeit:  02:00 min

Kurz erklärt

"Gemeinsamer Ausschuss" ist die Bezeichnung für ein paritätisch seitens des Betriebsrats und des Arbeitgebers besetztes Gremium zur sachkundigen und schnellen Lösung bestimmter Fragen. Die Mitglieder des Betriebsrats werden von diesem durch Beschluss bestimmt. Diese können unterschriftsreife Lösungen mit den Arbeitgebervertretern für den Betriebsrat erarbeiten. Eine BV können sie nicht abschließen. 

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Begriff

Ein vom Betriebsrat und Arbeitgeber freiwillig errichtetes Gremium, das in der Regel mit der gleichen Anzahl von Vertretern beider Seiten besetzt ist und die Aufgabe hat, bestimmte beteiligungspflichtige Angelegenheiten zu behandeln.

Ausschuss Betriebsrat | © AdobeStock | SurfupVector

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Rechtsnatur

Ein gemeinsamer Ausschuss ist kein Hilfsorgan des Betriebsrates. Wegen der Arbeitgeberbeteiligung bildet er eine eigenständige Einrichtung besonderer Art. Seine Errichtung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Errichtung beruht auf einer freiwilligen Entscheidung beider Seiten (BAG v. 23.3. 2016 - 1 ABR 14/14 in NZA 2016, 1283 Rn. 17 u. 20). Sie ist weder vom Betriebsrat noch vom Arbeitgeber gegen den Willen der jeweils anderen Seite über eine Einigungsstelle durchsetzbar.  

Errichtung

Betriebsrat und Arbeitgeber können vereinbaren, einen (in der Regel) paritätisch besetzten gemeinsamen Ausschuss zu bilden. Dieser wird auch als Kommission bezeichnet. Die Zahl der Mitglieder jeder Seite wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in der Vereinbarung über die Bildung des gemeinsamen Ausschusses festgelegt.

Die Auswahl der konkreten Mitglieder des Betriebsrats erfolgt für  Ausschüsse 
    -   mit Entscheidungsbefugnissen der entsandten Mitglieder durch Mehrheitswahl 
        oder Verhältniswahl (BAG v. 20.10.1993 - 7 ABR 26/93 in NZA 1994,567)
   -   ohne Entscheidungsbefugnisse der entsandten Mitglieder durch einfachen
       Mehrheitsbeschluss des Gremiums.  

Gemeinsame Ausschüsse ohne Entscheidungsbefugnis können unabhängig von dem Bestehen oder Fehlen eines Betriebsausschusses gebildet werden (ErfK. 26.Aufl. 2026, § 28 Rn. 2). Das heißt, auch in Gremien mit weniger als neun Mitgliedern und damit ohne Betriebsausschuss kann ein gemeinsamer Ausschuss errichtet werden.

Die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses kann dann zweckmäßig sein, wenn eine sachgerechte Behandlung bestimmter Angelegenheiten den Sachverstand beider Seiten auf einem speziellen Gebiet erfordert (z.B. Beschwerdeausschuss, Mobbingausschuss, Kantinenausschuss, Berufsbildungsausschuss). 

Die Entscheidung des Betriebsrats, welche Aufgaben er an einen gemeinsamen Ausschüsse überträgt, unterliegt keiner Zweckmäßigkeits-, sondern nur einer Rechtskontrolle. Das heißt, das Arbeitsgericht überprüft nur, ob die Aufgabenübertragung auf einem fehlerhaften Beschluss des Betriebsrats beruht oder inhaltlich unzulässig war. Das wäre der Fall, wenn der gemeinsame Ausschuss zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen ermächtigt würde. Das geht nicht. Es kann auch nicht in einer Betriebsvereinbarung erlaubt werden (Münchner Handbuch Arbeitsrecht, Band 3, 6. Aufl. 2025, § 293 Rn. 60; anderer Ansicht Fitting, BetrVG, 32. Aufl. 2024, § 28 Rn.50).

Vor der Verlagerung von Zuständigkeiten des Betriebsrats per Mehrheitsbeschluss auf die Mitglieder gemeinsamer Ausschüsse ist die Möglichkeit des Missbrauchs eines solchen Rechts zu bedenken.  Denn dadurch könnte z.B. ein aus 11 Mitgliedern bestehendes Gremium mit der Mehrheit von 6 Stimmen die Minderheit des Betriebsrats von der Entscheidungsfindung ausschließen.

Die Bildung und Zusammensetzung eines gemeinsamen Ausschusses von Betriebsrat und Arbeitgeber ist nicht davon abhängig, ob weitere Ausschüsse bestehen und wie sie besetzt sind. Über die Größe eines gemeinsamen Ausschusses entscheiden Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam. Sie können eigenverantwortlich die Zahl der Ausschussmitglieder festlegen, die sie im Interesse einer zügigen, praxisgerechten Aufgabenerfüllung für zweckmäßig erachten (BAG v. 20.10.1993 - 7 ABR 26/93 in NZA 1994,567).

Befugnisse

In aller Regel dient der gemeinsame Ausschuss der Vorbereitung von Entscheidungen und Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Ist ein Betriebsausschuss gebildet, kann der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder (absolute Mehrheit) Aufgaben zur selbständigen Entscheidung auf die dem gemeinsamen Ausschuss angehörenden Mitglieder übertragen. Die Übertragung bedarf der Schriftform (§ 28 Abs. 2 i. V. m. § 27 Abs. 2 S. 2 bis 4 BetrVG). Ist eine Angelegenheit zur selbständigen Erledigung übertragen worden, z.B. die Erteilung der Zustimmung zu einer Versetzung, ist die Entscheidung des Ausschusses hierzu verbindlich und muss nicht noch vom Betriebsrat und dem Arbeitgeber gebilligt werden (BAG v. 12.7.1984 - 2 AZR 320/83). 

Betriebsrat und Arbeitgeber sollten die Befugnisse dieses Gremiums sowie die Voraussetzungen und das Verfahren für die Beschlussfassung in einer Betriebsvereinbarung festlegen. Für die Beschlussfassung sollten die für Beschlüsse des Betriebsrats vorgeschriebenen Regelungen (§ 33 BetrVG) unter Berücksichtigung der Zusammensetzung der Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses entsprechend angewendet werden. Das heißt in einem gemeinsamen Ausschuss mit je 3 Mitgliedern beider Seiten sollte z.B. geregelt werden, dass die Entscheidungen immer der Mehrheit der Mitglieder der vom Betriebsrat entsandten Mitgliederzahl bedürfen. Ein Beschluss könnte dann nicht gegen die Mehrheit der vom Betriebsrat entsandten Mitglieder gefasst werden (ErfK, 26. Aufl. 2026, § 28 Rn. 2). Das heißt, von 3 BR-Mitgliedern müssen immer mindestens zwei BR-Mitglieder zustimmen. Dies gilt auch dann, wenn die Mehrheit mit drei zustimmenden Erklärungen der Arbeitgeberseite und einem zustimmenden BR-Mitglied erreicht wäre (dazu Fitting, BetrVG, 32. Aufl. 2024, § 28 Rn. 45 ff). 
Eine andere Regelung käme einem Verzicht auf Mitbestimmungsrechte gleich. 
 
Bei einer Pattsituation geht die Angelegenheit zur Entscheidung an den Betriebsrat und den Arbeitgeber zurück. Arbeitgeber und Betriebsrat dürfen auf der Grundlage des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats beim betrieblichen Vorschlagswesen (§ 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG) in einer Betriebsvereinbarung eine paritätische Kommission zur verbindlichen Beurteilung eingereichter Verbesserungsvorschläge einrichten. Die mit Mehrheit getroffenen tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen dieser Kommissionen sind nur beschränkt gerichtlich überprüfbar (BAG v. 20.1.2004 - 9 AZR 393/03).

Beispiel aus der Rechtsprechung

Ein als Muster dienendes Beispiel aus der Rechtsprechung über die Bildung und Befugnisse eines gemeinsamen Ausschusses findet sich im Beschluss des BAG vom 20.10.93 - 7 ABR 26/93 mit folgendem Text einer Aufgabenübertragung an einen gemeinsamen Ausschuss:

"Ausschuss Neue Technologien
Der Ausschuss nimmt die Mitbestimmungs- und Mitberatungsrechte des Betriebsrats auf dem 
der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsabläufen im Rahmen Neuer Technologien wahr. Betriebsvereinbarungen und Regelabsprachen im Rahmen der aufgeführten Aufgaben werden vom Ausschuss zur Beschlussfassung im Betriebsrat vorbereitet. Der vom Betriebsrat eingesetzten paritätischen Technologie-Kommission werden folgende Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen:

  1. Überprüfen von DV-Systemen auf die Einhaltung von Gesetzen, BV usw.
  2. Zustimmung zu DV-Systemen, die die Gesetze, BV usw. einhalten.
  3.  Zustimmung oder Ablehnung von Erweiterungen zu bestehenden und genehmigten DV-Systemen.

Beschlüsse sind nur dann wirksam, wenn alle benannten BR-Mitglieder in der Technologie-Kommission anwesend waren und zugestimmt haben."

In der Geschäftsordnung des Betriebsrats vom 3. September 1992 wurde Nr. 10.3.7 wie folgt gefasst:

"Ausschuss Neue Technologien
Der Ausschuss nimmt die Mitbestimmungs- und Mitberatungsrechte des Betriebsrats auf dem Gebiet der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsabläufen im Rahmen neuer Technologien wahr. Betriebsvereinbarungen und Regelabsprachen im Rahmen der aufgeführten Aufgaben werden vom Ausschuss zur Beschlussfassung im Betriebsrat vorbereitet. Der vom Betriebsrat eingesetzten paritätische Technologie-Kommission werden folgende Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen:

  1. Überprüfen von bestehenden DV-Systemen auf die Einhaltung von Gesetzen, BV usw.
  2. Zustimmung zu DV-Systemen, die die Gesetze, BV usw. einhalten.
  3. Zustimmung oder Ablehnung von Erweiterungen zu bestehenden und genehmigten DV-Systemen.

Die Betriebsratsvertreter in der paritätischen Technologie-Kommission geben den Mitgliedern des Ausschusses "Neue Technologien" rechtzeitig vor Beschlussfassung über anstehende Entscheidungen nach Punkt 2 und 3 Kenntnis. Der Ausschuss "Neue Technologien" kann wegen grundsätzlicher Bedeutung der anstehenden Sache die Behandlung und Entscheidung an sich ziehen.
Beschlüsse sind nur dann wirksam, wenn alle benannten BR-Mitglieder in der Technologie-Kommission anwesend waren und zugestimmt haben."

Rechtsquelle

§ 28 Abs. 2, 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG

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