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Betriebsratssitzungen bald online?

Schöne neue Betriebsratswelt:

Eine weitgehend unbemerkte Gesetzesänderung erlaubt ab Oktober Betriebsratssitzungen per Videokonferenz. Zwar gilt dies nur für Europäische Betriebsräte, die auf Seeschiffen arbeiten und die an Sitzungen des EBR teilnehmen möchten. Doch ist dies möglicherweise bereits der erste Schritt zu Online-Betriebsratssitzungen?

Stand:  11.9.2017
Lesezeit:  03:00 min
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Betriebsratssitzungen in Präsenz | © iStock.com | PeopleImages

Update vom 09.04.2020:

Beschlüsse per Videokonferenz sind befristet vom 01.03. bis 31.12.2020 zulässig!

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Was gefällt Dir eigentlich am besten an euren Sitzungen, habe ich vor kurzem einen BR-Vorsitzenden gefragt. „Der Austausch am Rande", antwortete dieser ganz spontan. „Denn so erfährt man wirklich, was den Kollegen am Herzen liegt."

Fragt man hingegen Außendienstler, dann hört man immer wieder, wie sehr das Reisen zu den Sitzungen stresst. Ebenso geht es Mitgliedern des Gesamtbetriebsrats von Unternehmen mit deutschlandweiten Standorten. Die Fahrten binden Zeit und sind sehr aufwändig. Doch vielleicht ist es ja bald passe´, das viele Reisen?

Neuerung für Seeleute

Nun, ganz so weit ist es noch nicht. Sitzungen des EBR sind ebenso wie Sitzungen des Betriebsrats nach wie vor nichtöffentlich (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 5 EBRG; § 30 Satz 4 BetrVG). Dies bedeutet, dass BR-Sitzungen per Videokonferenz in der Regel weiter unzulässig sind. Der Grund ist einfach: Zwar könnten Beschlüsse per Videokonferenz getroffen werden, den beraten kann man sich schließlich auch von Bildschirm zu Bildschirm. Aber: Garantieren kann man nicht, ob dann nicht unberechtigte Dritte mithören können. Und selbst wenn technisch alles abgesichert und absolut frei von Spähsoftware ist, wer weiß denn schon, ob nicht hinter dem Bildschirm unbemerkt jemand zuhört?

Nun, trotzdem wird es diese Neuerung ab dem 10.10.2017 geben. Denn dann tritt der neue § 41a EBRG in Kraft. Er trifft besondere Regelungen für Seeleute: Sind diese Mitglied eines Europäischen Betriebsrats, dann wird ihnen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, an Sitzungen mittels „neuer Informations- und Kommunikationstechnologien" teilzunehmen. Die Videokonferenz kann kommen, wenn dies in der Geschäftsordnung des Gremiums vorgesehen ist und die Vertraulichkeit der Sitzung gewährleistet werden kann.

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Tabubruch vs. Neue Chancen

Kaum haben die Ersten Wind davon bekommen, wird der Ruf laut, den Grundsatz der persönlichen Anwesenheit auch im allgemeinen Betriebsverfassungsrecht zu lockern.

Diskutiert wird dieses Thema schon lange. Denn man muss wissen, dass das Betriebsverfassungsgesetz im Grunde aus dem Jahr 1972 stammt – aus einem Jahrzehnt, in dem das Digitalzeitalter gerade erst geboren wurde. Inzwischen hat die Technik laufen gelernt und der Wandel der Arbeitswelt ist unbestritten. Vielleicht stecken wir auch gerade mitten in einer Neugestaltung der Betriebsratslandschaft? Denn mit der ersten „legalen" Online-Betriebsratssitzung scheint ein Tabu gebrochen.

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Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht die Entwicklung kritisch. In einer Stellungnahme fasst er seine Bedenken gegen die Änderungen im Europäischen Betriebsrätegesetz zusammen. Insbesondere sei eine Videokonferenz nicht in der Lage, die gesamte Vielfalt menschlicher Kommunikation „sinnlich wahrnehmbar" abzubilden, Körpersprache, Mimik, und Gestik aus persönlicher Nähe sei für die Meinungsbildung aber unerlässlich. (Die Stellungnahme des DGB zum Nachlesen: www.dgb.de unter „Themen").

Nun, an diesen Argumenten ist etwas dran. Denn oft sind es gerade die Gespräche am Kaffeeautomaten, die neue Impulse bringen. Aber müssten diese denn ersatzlos wegfallen? Nein, wenn Präsenz-Betriebsratssitzungen weiter der Regelfall bleiben würde. Und das ließe sich leicht mit entsprechenden Vorschriften steuern.

Mann mit Headset vor PC | © istock.com | Portra

Es scheint, die Zeit ist reif!

Bei allen Bedenken scheint es letztlich, als sei die Zeit reif für eine technische Revolution im BR-Büro. Denn der Wandel der Arbeitswelt macht auch vor der Betriebsverfassung nicht halt. Und das ist auch gut so.

In der freien Wirtschaft sind Videokonferenzen seit langem Standard. Auch das ist gut, denn dies erleichtert so manchen Berufsalltag.

Und es gibt noch ein gutes Argument, das man beim Thema Online-Betriebsratssitzung nicht vergessen darf: Vielleicht würde diese Möglichkeit dazu führen, dass noch mehr Kollegen Interesse am Amt hätten? Eben genau solche, die bisher vor den Reisen zurückschrecken?

Vielleicht müsste so mancher Beschäftigte eines kleinen Betriebsteils in Zukunft nicht mehr auf seine Kandidatur verzichten.

Es spricht viel dafür, Online-Betriebsratssitzungen zu erlauben.

Eines hat die Bundesregierung mit ihrer Gesetzesänderung jedenfalls geschafft: Sie bringt Seeleute zur Sitzung und uns zum Nachdenken. (CB)

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Die Neuregelung zum Nachlesen

Die Neuregelung des Europäischen Betriebsrätegesetzes ist im „Gesetz zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetzes (EM-Leistungsverbesserungsgesetz)" zu finden: Bundesgesetzblatt Nr. 48 vom 21.07.2017.

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