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Wann haften Sie als SBV in Ihrem Ehrenamt?

Die wichtigsten Tipps, um eine persönliche Haftung zu vermeiden!

Es ist für eine Vertrauensperson von großer Bedeutung sich mit Fragen der persönlichen Haftung auseinanderzusetzen. Dies gilt umso mehr, als die SBV ihre Entscheidungen allein treffen muss. 
ifb-Referent Dr. Michael Hennig, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht, erläutert in diesem Beitrag die rechtlichen Hintergründe und gibt wertvolle Praxistipps.

Michael Hennig

Stand:  16.10.2023
Lesezeit:  02:15 min
Haftung SBV | © AdobeStock | metamorworks

Die Haftung der Vertrauensperson wird bisher in der Rechtsprechung kaum behandelt. Es wird daher weitgehend auf die Grundsätze zurückgegriffen, die für Betriebs- und Personalräte entwickelt worden sind. Diese sind auch für die Schwerbehindertenvertretung anwendbar (§ 179 Abs.3 S.1 SGB IX).

Haftung für rechtsgeschäftliches Handeln

Die SBV darf im Rahmen ihrer Amtstätigkeit grundsätzlich die erforderlichen Sachmittel, Schulungen und Dienstleistungen, z. B. durch Rechtsanwälte, anschaffen bzw. beauftragen. Es entsteht gegenüber dem Arbeitgeber ein Freistellungsanspruch (§ 257 BGB) bzw. ein Kostenerstattungsanspruch (§ 670 BGB), denn der Arbeitgeber hat diese Kosten zu tragen (§ 179 Abs. 8 S. 1 SGB IX). Allerdings beschränkt sich seine Verpflichtung nur auf die erforderlichen Kosten (vgl. BAG, Urteil vom 27.7.2011 – 7 AZR 412/10).

Wichtig!
Muss der Arbeitgeber die Kosten im Einzelfall mangels Erforderlichkeit nicht übernehmen, haften Sie als Vertrauensperson persönlich für die von Ihnen verursachten Kosten.
Für die Erforderlichkeit reicht es allerdings aus, wenn Sie als SBV die Ausgaben unter vernünftigen Maßstäben und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für erforderlich halten durften. Anfallende Kosten sind immer dann erstattungsfähig, wenn

  • sie im Rahmen der Wahrnehmung einer gesetzlichen Aufgabe der SBV entstanden sind,
  • die kostenverursachende Maßnahme geeignet war, die wahrgenommene gesetzliche Aufgabe zu fördern,
  • es keine ebenso wirksame kostengünstigere Möglichkeit der Aufgabenwahrnehmung gegeben hätte und
  • in einer abwägenden Gesamtbetrachtung sowohl das mit der Maßnahme verfolgte Ziel als der damit verbundene Aufwand noch als verhältnismäßig angesehen werden können.

SBV-Tipp

Es ist grundsätzlich sinnvoll und empfehlenswert, bei kostenverursachenden Maßnahmen im Vorfeld mit dem Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen. Der Grundsatz der engen Zusammenarbeit der SBV mit dem Arbeitgeber nach § 182 SGB IX gebietet zumindest bei außergewöhnlichen Aufwendungen eine solche vorherige Abstimmung (vgl. zum Betriebsrat BAG, Beschluss vom 18.4.1967 – 1 ABR 11/66).

Beispiel: 
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Die SBV benötigt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Unterstützung einer Bürokraft und überlegt, sich hierzu an einen externen Bürodienstleister zu wenden. Im Interesse der engen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber ist die SBV jedoch gehalten, sich zuvor mit diesem auszutauschen. Erst wenn der Arbeitgeber die berechtigte Forderung nach Unterstützung durch eigenes geeignetes Büropersonal ablehnt, kann die Schwerbehindertenvertretung externe Kräfte auf Kosten des Arbeitgebers beauftragen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.11.2022 – 26 TaBV 751/22).

Sonderfall: Beauftragung eines Rechtsanwalts 

Der Arbeitgeber muss die SBV von den Rechtsanwaltskosten nach denselben Grundsätzen freistellen, wie sie für Personalräte und für Betriebsräte gelten. Ein Freistellungsanspruch scheidet allerdings dann aus, wenn die Beauftragung des Anwalts zur Rechtsverfolgung

  • offensichtlich aussichtslos ist, weil die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen der Arbeitnehmervertretung führen muss, oder
  • mutwillig ist, weil das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht missachtet wird. 

In diesen Fällen haften Sie als Vertrauensperson persönlich für entstandene Rechtsanwaltskosten. Für die Frage der Erforderlichkeit ist der Zeitpunkt der Beauftragung maßgebend (zum Betriebsrat vgl. BAG, Beschluss vom 18.3.2015 – 7 ABR 4/13).

SBV-Tipp

Es ist dringend zu empfehlen, vor der endgültigen Beauftragung eines Rechtsanwalts dem Arbeitgeber diese Absicht mitzuteilen. Damit geben Sie ihm Gelegenheit zu einer kostengünstigen Abhilfe.

Haftung bei Verletzung des Datenschutzes

Als SBV müssen Sie grundsätzlich im Umgang mit den Daten der betreuten schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen eine hohe Sensibilität an den Tag legen. Nur so können Haftungsrisiken vermieden werden. 
Auf der einen Seite müssen Sie die allgemeinen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) berücksichtigen. Auf der anderen Seite müssen Sie auch die Geheimhaltungspflicht der SBV beachten (§ 179 Abs. 7 SGB IX). 
Nach der Auffassung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW) kann die SBV nicht Adressatin von datenschutzrechtlichen Sanktionen durch die Behörden sein. Adressat möglicher Sanktionen ist grundsätzlich der Arbeitgeber als Verantwortlicher im Sinne der DSGVO. Ausgenommen sind hiervon vorsätzliche Verstöße im Sinne sog. „Mitarbeiterexzesse“ durch die SBV. An derartige Verstöße sind jedoch so hohe Anforderungen zu stellen, dass eine Haftung der Vertrauensperson regelmäßig nicht in Betracht kommen wird. 
Für die SBV ist die Geheimhaltungspflicht nach § 179 Abs. 7 S. 1 SGB IX von großer Bedeutung: Als Vertrauensperson haben Sie die Pflicht, von Amts wegen bekannt gewordener Geheimnisse nicht zu offenbaren. Dies gilt insbesondere für persönliche Lebensumstände der betreuten Kollegen. Gleiches auch für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers. Diese Pflicht gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt.

 Ausnahmen bestehen lediglich

  • gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, den Integrationsämtern und Rehabilitationsträgern, und
  • in der Zusammenarbeit mit dem Betriebs- bzw. Personalrat und den Stufenvertretungen. Eine weitere Ausnahme ist gegeben, wenn von den betroffenen Menschen eine Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Keine Geheimhaltungspflicht besteht zudem, wenn die betroffene Person in die Offenbarung eingewilligt hat.

Wird gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen, drohen strafrechtliche Konsequenzen für das handelnde Mitglied der SBV (§ 237a und § 237b SGB IX). Die Delikte werden nur auf Antrag der Verletzten verfolgt.
Gegebenenfalls macht sich das handelnde Mitglied der SBV bei fahrlässigen oder vorsätzlichen Verstößen auch schadensersatzpflichtig gegenüber dem Beschäftigten/Arbeitgeber: Die Regelung des § 179 Abs. 7 SGB IX stellt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar. Das heißt: Sie löst eine zivilrechtliche Haftung aus, ohne dass es zu einem Strafverfahren gekommen sein muss (vgl. Dau/Düwell/Joussen/Luik, Sozialgesetzbuch IX, 6. Aufl., 2022, Rdnr. 12 zu § 237a und § 237b SGB IX).

SBV-Tipp

Angesichts dieser großen Bedeutung des Datenschutzes und zur eigenen Absicherung sollten Sie als SBV dringend eine angemessene Schulung zu diesem Thema besuchen!

Haftung wegen Falschberatung

Als SBV haben Sie die Aufgabe, den schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen als Interessenvertretung „beratend und helfend zur Seite zu stehen“. Sie sind in diesem Rahmen berechtigt und verpflichtet, die Betroffenen über die zu ihren Gunsten geschaffenen Bestimmungen rechtlich zu unterrichten – einschließlich der Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung. 
Damit ist aber nicht jede Art von rechtsberatender Tätigkeit zugelassen. Die Regelung gilt ausdrücklich nur für die Erörterung von Rechtsfragen, welche die Beschäftigten „berühren“ und soweit ein Zusammenhang mit Ihren Aufgaben als SBV besteht. Die Behandlung der Rechtsfragen soll sich dabei auf eine Art „Erste Hilfe“ beschränken. 

Persönlich haften Sie als Schwerbehindertenvertretung hierbei nur für Auskünfte im Falle einer sog. unerlaubten Handlung nach §§ 823 ff. BGB. Eine Haftung für Vermögensschäden des beratenen Kollegen kommt damit allenfalls in den engen Grenzen einer nach § 826 BGB gegebenen sog. vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung in Betracht (vgl. Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 31. Auflage, Rdnr. 34 zu § 39 BetrVG). 
Das bedeutet: Wenn Sie sich als SBV bei Ihrer Auskunftserteilung innerhalb des oben genannten Rahmens bewegen, dann ist das Haftungsrisiko bei unzutreffenden oder unzureichenden Auskünften eher gering. 

Wichtig!
Rechtsauskünfte der SBV für schwerbehinderte Familienangehörige der Kollegen sind von Ihrem Aufgabengebiet als Vertrauensperson nicht erfasst. Gleiches gilt für Fragen, die weder einen Bezug zum Beschäftigungsverhältnis noch zur Behinderung haben. Die zulässige Rechtsberatung durch die SBV ist schließlich auch in ihrer „Tiefe“ begrenzt. 

SBV-Tipp

Um Haftungsrisiken zu minimieren, sollten Sie als Vertrauensperson die ratsuchenden Kollegen für weitergehende Rechtsinformationen und Gestaltungshilfen stets an die zuständigen Integrationsämter, den gewerkschaftlichen Rechtsschutz, die Behindertenverbände (VdK, SozVD) bzw. an die Rechtsanwaltschaft verweisen. Wertvolle Hilfestellungen leistet auch das kostenlose Beratungsangebot der bundesweit vertretenen sog. ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB).

Als SBV sollten Sie bei Ihrer Beratungstätigkeit stets die Gedanken „weniger ist mehr“ und „wer viel macht, kann viel falsch machen“ berücksichtigen und frühzeitig externe Partner einschalten.

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