Teresa Ribera, innerhalb der EU-Kommission Exekutive-Vizepräsidentin für einen sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Wandel, sagte unmittelbar nach Bekanntwerden der verhängten Strafe an die insgesamte 15 Autobauer sowie den Verband ACEA: „Heute haben wir mehrere Automobilhersteller sanktioniert, die den Wettbewerb beim Recycling von Altahrzeugen verhindert haben.“
Absprachen sollen 15 Jahre angedauert haben
Es gehe um den Zeitraum zwischen 2002 und 2017, in denen die Autohersteller wettbewerbswidrige Vereinbarungen getroffen haben sollen, so die EU-Kommission. Sie hätten sich rechtswidrig abgesprochen, Unternehmen beispielsweise nicht für die Zerlegung von Altfahrzeugen zu bezahlen – dabei sind Autohersteller laut europäischer Altfahrzeugverordnung verpflichtet, für das Recycling ihrer Fahrzeuge aufzukommen. Zudem sollen sie sensible Geschäftsinformationen über ihre individuellen Vereinbarungen mit Demontagebetrieben ausgetauscht und ihr Verhalten gegenüber diesen abgestimmt haben. Darüber hinaus gebe es wohl Vereinbarungen, nicht aktiv damit zu werben, wie viele Teile von Altfahrzeugen wiederverwendbar sind und in welchem Ausmaß recyceltes Material in Neuwagen eingebaut wird. Das Ziel: Verbraucher konnten diese Informationen bei der Fahrzeugwahl so nicht berücksichtigen, was den Druck auf die Unternehmen verringert, über die gesetzlichen Anforderungen hinauszugehen.
VW zahlt höchste Strafe – Mercedes als Kronzeuge
Volkswagen bekam mit rund 128 Millionen Euro die höchste Strafe „aufgebrummt“, BMW triff es mit 25 Millionen Euro. Der Opel-Mutterkonzern Stellantis muss 75 Millionen zahlen, Opel selbst noch knapp 25 Millionen. Normalerweise wären die Strafen der beiden doppelt so hoch ausgefallen, aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit der EU-Kommission wurden ihnen allerdings Ermäßigungen gewährt. Unter den bestraften Unternehmen sind außerdem: Ford, Mitsubishi, Renault/Nissan, Toyota, Honda, Hyundai, Jaguar, Mazda, General Motors, Suzuki und Volvo. Davon abgesehen muss der Branchenverband ACEA 500.000 Euro bezahlen, da dieser laut Untersuchungen Treffen und Kontakte zwischen den beteiligten Firmen organisiert habe.
Mercedes-Benz wurde von der Strafe – eigentlich 35 Millionen Euro – befreit, da der Stuttgarter Autobauer die Kronzeugenregelung der EU-Kommission in Anspruch nahm. Mercedes hatte die Absprachen selbst angezeigt und umfassend mit den Behörden zusammengearbeitet. Die Kronzeugenregelung der Europäischen Union gibt es seit 2006 und bietet Unternehmen, die an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligt sind, die Möglichkeit, durch Kooperation mit der EU-Kommission entweder vollständige Straffreiheit oder eine erhebliche Ermäßigung von Geldbußen zu erhalten.
Wir werden Kartelle jeglicher Art nicht tolerieren.
Teresa Ribera, Exekutiv-Vizepräsidentin für einen sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Wandel in der EU-Kommission
„Wir werden Kartelle jeglicher Art nicht tolerieren. Das gilt auch für Kartelle, die es den Kunden erschweren, Informationen über umweltfreundlichere Produkte zu erhalten und diese nachzufragen. Hochwertiges Recycling in wichtigen Wirtschaftszweigen wie der Kfz-Industrie wird von zentraler Bedeutung sein, um unsere Ziele im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft zu erreichen …“, sagte Teresa Ribera.
Reaktion der betroffenen Autobauer?
Ob und inwieweit die Automobilhersteller gegen das Urteil der EU-Kommission Rechtsmittel einlegen, ist noch nicht bekannt. Bislang haben sich die Unternehmen – wenn überhaupt – sehr defensiv geäußert. „Die Volkswagen AG nimmt die heutige Entscheidung der Europäischen Kommission zur Kenntnis“, wird beispielsweise ein VW-Sprecher im NDR zitiert. Das Unternehmen habe „während der gesamten Untersuchung uneingeschränkt mit der Kommission zusammengearbeitet“. Andere Firmen wie BMW, Renault, Opel oder auch Mercedes-Benz, die von der Strafe befreit wurden, haben noch keine Stellungnahmen veröffentlicht.
Einige Experten rechnen damit, dass das Urteil langfristig zu mehr Transparenz rund um die Recyclinginformationen führen könnte und diese fortan stärker als Wettbewerbsvorteil genutzt werden könnten. (tis)