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Umdeutung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung

Knackpunkt in diesem Urteil ist eine Zuständigkeitsfrage. Das Thema, wer ist zuständig – der örtliche Betriebsrat oder der Gesamtbetriebsrat – taucht in Unternehmen mit mehreren Betrieben immer wieder auf und ist nicht immer leicht zu beantworten. Der heute besprochene Fall zeigt aber, wie wichtig es ist, die Zuständigkeitsfrage zu klären, da ansonsten in Betriebsvereinbarungen geregelte Vergütungsansprüche wegfallen können.

BAG, Urteil vom 09.11.2021, 1 AZR 206/20 

 

Stand:  29.3.2022
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Das ist passiert 

Ausgangspunkt für die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war ein Streit zwischen einem Arbeitnehmer und seiner Arbeitgeberin über die Zahlung einer Jahresprämie für das Jahr 2018. Bei der Arbeitgeberin bestehen zwei Betriebe, die jeweils über einen Betriebsrat verfügen. Außerdem gibt es einen Gesamtbetriebsrat. Im Jahr 2007 schloss die Arbeitgeberin mit den beiden örtlichen Betriebsräten eine Gehalts-Betriebsvereinbarung, in der unter anderem die Zahlung einer Jahresprämie vorgesehen war. Außerdem gab es in der Betriebsvereinbarung eine Stichtagsregelung. Die Höhe der Jahresprämie richtete sich vor allem nach dem Unternehmenserfolg. Ein Bezug zu den einzelnen Betrieben war nicht geregelt. Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis und schied Ende November 2018 aus. Die Jahresprämie für das Jahr 2018 erhielt er von der Arbeitgeberin nicht. Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Klage. 

Das entschied das Gericht 

Nachdem das Landesarbeitsgericht in der Vorinstanz die Entstehung des Prämienanspruchs grundsätzlich für möglich hielt, die Klage jedoch unter Bezugnahme auf die Stichtagsregelung der Betriebsvereinbarung abwies, ist der Prämienanspruch aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts nicht bzw. nie entstanden. Das Bundesarbeitsgericht stuft die abgeschlossene Gehalts-Betriebsvereinbarung nämlich als unwirksam ein, da aufgrund der unternehmensbezogenen Ausgestaltung der Betriebsvereinbarung der Gesamtbetriebsrat und nicht die örtlichen Betriebsräte für den Abschluss der Betriebsvereinbarung zuständig gewesen wären.  

Der Prämienanspruch ließ sich auch auf keine andere Anspruchsgrundlage stützen. Insbesondere kam aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts im vorliegenden Fall keine Umdeutung nach § 140 BGB der unwirksamen Betriebsvereinbarung in eine Gesamtzusage in Betracht. Eine Umdeutung wäre nur dann möglich gewesen, wenn besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Arbeitgeberin sich auch unabhängig von der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall binden und entsprechende Jahresprämien hätte zahlen wollen. Im vorliegenden Fall waren solche besonderen Umstände nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht erkennbar. Ein Argument des Bundesarbeitsgerichts ist, dass sich die Arbeitgeberin von einer Betriebsvereinbarung jederzeit durch Kündigung nach § 77 Abs. 5 BetrVG hätte lösen können, von eine Gesamtzusage allerdings nur durch Vereinbarung mit dem einzelnen Arbeitnehmer oder durch entsprechende Änderungskündigung, also nur unter erschwerten Bedingungen.  

Auch einen Anspruch aus betrieblicher Übung lehnte des Bundesarbeitsgericht ab, da sich die Arbeitgeberin zur Zahlung der Jahresprämien irrtümlich aufgrund der unwirksam Betriebsvereinbarung verpflichtet sah. In so einem Fall kann ein Arbeitnehmer nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht davon ausgehen, dass ihm die Leistung auf Dauer, unabhängig von einer Rechtspflicht, gewährt werden soll. 

Praxistipp für den Betriebsrat 

Mit diesem Urteil führt das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung zum Thema Umdeutung unwirksamer Betriebsvereinbarungen fort und besteht weiterhin auf das Vorliegen besonderer Umstände. Für Sie als Betriebsrat ist es daher umso wichtiger, darauf zu achten wirksame Betriebsvereinbarungen abzuschließen und hier besonders auch die Zuständigkeit zu prüfen, sofern in Ihrem Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat besteht. 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts enthält außerdem den wichtigen Hinweis, dass Regelungen zu Jahresprämien, die an den Unternehmenserfolg geknüpft sind, ohne einen Bezug zum einzelnen Betrieb zu haben, tendenziell in die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats fallen. (jh) 

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