BR-Wahl: Keine Nachfrist bei zu wenig Bewerbern

Darf der Wahlvorstand bei einer Betriebsratswahl eine Nachfrist setzen, wenn bis zum Ablauf der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen nicht genügend Wahlbewerber kandidieren, um bei der Wahl die vorgeschriebene Betriebsratsgröße erreichen zu können? Darüber hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.05.2025, 7 ABR 10/24

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Redaktion
Stand:  4.11.2025
Lesezeit:  02:15 min
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Das ist passiert:

Bei diesem Rechtsstreit geht es um die Anfechtung einer Betriebsratswahl. 
Der Betriebsrat hatte einen Wahlvorstand zur Einleitung einer außerordentlichen Betriebsratswahl bestellt, weil die Gesamtzahl der Mitglieder des Betriebsrats unter die vorgeschriebene Größe des Gremiums gesunken war. Der Wahlvorstand setzte im Wahlausschreiben eine Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen fest, bis zu deren Ablauf lediglich eine Liste mit sechs Bewerbern einging. Zu wählen war jedoch ein Gremium mit neun Mitgliedern. Aus diesem Grund veröffentlichte der Wahlvorstand einen neuen Aushang mit folgendem Inhalt: „Der Wahlvorstand gibt hiermit bekannt, dass bis zum Ablauf der im Gesetz vorgesehenen Frist von 2 Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens die nötige Anzahl von 9 Kandidaten für die Vorschlagslisten für die Betriebsratswahl nicht erreicht wurde. Der Wahlvorstand setzt hiermit gemäß § 9 Abs. 1 WO eine Nachfrist von einer Woche (Ende 29.12.2022) ab Aushang dieser Bekanntmachung. Sollten nach Ablauf dieser Frist keine weiteren Wahlbewerber vorschlagen werden, ist ein kleinerer Betriebsrat in der Größe der nächstniedrigeren Staffel des § 9 BetrVG zu wählen.“

Nachdem keine weiteren Wahlvorschläge folgten, wurde die Wahl durchgeführt und ein neuer Betriebsrat gebildet. Der Arbeitgeber erklärte die Anfechtung der Wahl. Seiner Auffassung nach sei die Nachfrist zur Einreichung weiterer Wahlvorschläge falsch berechnet und daher zu kurz gewesen. Er beantragte, die Wahl für unwirksam zu erklären.

Das entschied das Gericht:

Das BAG hat entschieden, dass der Wahlvorstand keine Nachfrist setzen darf, wenn die Zahl der eingegangenen Wahlvorschläge zur Erreichung der gesetzlichen Betriebsratsgröße nicht ausreicht. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage. § 9 Abs. 1 der Wahlordnung (WO) regele die Nachfrist nur den Fall, dass überhaupt gar kein Wahlvorschlag innerhalb der Frist eingereicht wurde. Eine analoge Anwendung im Falle einer zu geringen Zahl von Wahlbewerbern komme nicht in Betracht. Denn die Nachfrist des § 9 Abs. 1 WO sei nur dazu da, um das Stattfinden der Wahl überhaupt noch retten zu können. Bei einer zu geringen Anzahl von Wahlbewerbern finde die Wahl aber auch ohne Nachfrist statt, nur eben mit der Folge eines kleineren Gremiums. Beide Fälle (gar kein Wahlvorschlag, zu wenige Kandidaten) wären nicht miteinander vergleichbar.

Dennoch hat das Bundesarbeitsgericht noch nicht endgültig über die Wirksamkeit dieser angefochtenen Wahl entschieden, sondern den Rechtsstreit wegen weiterer im Streit befindlicher Mängel bei der Wahl zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen. Wegen der falschen Nachfristsetzung alleine sei die Wahl jedenfalls nicht unwirksam, weil sich diese Nachfrist nicht auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat – es sind ja keine weiteren Wahlvorschläge in der Nachfrist gekommen.

Bedeutung für die Praxis:

Mit diesem Beschluss stellt das Bundesarbeitsgericht klar, dass im Falle zu geringer Bewerberzahl bei Einreichung der Wahlvorschläge keine Nachfrist analog § 9 WO gesetzt werden darf. Eine entgegenstehende Praxis in analoger Anwendung der Nachfrist-Vorschrift ist damit ab sofort ungültig. Diese Rechtsfrage war lange Zeit rechtlich umstritten, so hatten z.B. das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gegenteilige Auffassungen vertreten. Mit diesem Beschluss ist diese Frage nun höchstrichterlich entschieden und bei den kommenden Wahlen von allen Wahlvorständen unbedingt zu beachten. (mb)