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Will der Arbeitgeber Kraft seines Direktionsrechts Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers ändern, hat er immer auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Hierzu gehört auch das Interesse und die Pflicht, sich adäquat um ein Haustier zu kümmern.
Arbeitsgericht Hagen, Urteil vom 16.02.2021, 4 Ca 1688/20
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer gegen die einseitige Änderung seiner Arbeitszeiten durch den Arbeitgeber geklagt. Der Arbeitnehmer war seit 2009 als Fahrer in Teilzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden beschäftigt. Er lieferte von montags bis freitags, jeweils vormittags zwischen 8:00 und 13:00 Uhr, Essen an Kitas, Schulen, Kantinen und Einzelhaushalte aus. Im Jahr 2020 änderte der Arbeitgeber die Arbeitszeiten und verlangte, dass der Arbeitnehmer freitags ab sofort sieben Stunden mit Pause, dafür montags bis mittwochs gleichmäßig entsprechend weniger arbeiten sollte. Er berief sich auf sein Direktionsrecht.
Der Arbeitnehmer war nicht bereit, die Neuverteilung der Arbeitszeit zu akzeptieren und klagte hiergegen. Er machte vor Gericht geltend, dass er und seine Frau sich darauf geeinigt haben, dass sie Vollzeit arbeitet und er dafür Teilzeit; und sich zusätzlich um familiäre Verpflichtungen wie den Haushalt, die Versorgung seines 84-jährigen Schwiegervaters und auch die Betreuung des gemeinsamen Hundes kümmert. Außerdem machte der Arbeitnehmer geltend, dass der Arbeitgeber für fast genau dieselben Zeiten, zu denen er ursprünglich eingesetzt war, Fahrer sucht, weshalb noch weniger ersichtlich ist, warum er nun unbedingt freitagnachmittags arbeiten soll.
Das Arbeitsgericht Hagen gab dem Arbeitnehmer Recht. Der Arbeitgeber habe im Rahmen der Ermessensausübung seines Direktionsrechts (§ 106 GewO i.V.m. § 315 BGB) auch Gesichtspunkte des Tierschutzes zu berücksichtigen. Dazu gehöre das Interesse des Arbeitnehmers an einer adäquaten Betreuung des Hundes durch den Arbeitnehmer.
Das Gericht war im konkreten Fall der Ansicht, dass der Tierschutz zugunsten des Arbeitnehmers wiegt. Der Arbeitnehmer könne seinen Hund nicht sieben Stunden plus Wegezeiten allein lassen. Hunde sind Rudeltiere, die bei längerem Alleinsein aufgrund Ihrer Urängste in Stress geraten. Außerdem muss gesichert sein, dass sie regelmäßig ihre Notdurft verrichten können. Das Gericht hat zwar auch in Betracht gezogen, dass der Arbeitnehmer den Hund bei einem Tiersitter oder in einer Tierpension unterbringen könnte. Da es sich hierbei aber um kostenauslösende Maßnahmen handelt, können diese dem Arbeitnehmer nur zugemutet werden, wenn tatsächlich gewichtige betriebliche Gründe vorliegen und eine pflichtgemäße Ermessensausübung seitens des Arbeitgebers erfolgt wäre. Derartige gewichtige betriebliche Interessen konnte das Arbeitsgericht Hagen jedoch nicht feststellen, da der Arbeitgeber zum einen Fahrer für die Vormittags-Touren suchte und zum anderen keinen konkreten Grund nennen konnten, warum der betroffene Arbeitnehmer ab sofort unbedingt freitagnachmittags arbeiten sollte. Zudem habe der Arbeitgeber sein Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt, da er Aspekte des Tierschutzes nicht in seine Überlegungen zur Änderung der Arbeitszeiten des Arbeitnehmers einbezogen hat. Die einseitige Änderung der Arbeitszeiten war deshalb unwirksam. Der Arbeitnehmer musste wieder zu seinen ursprünglichen Arbeitszeiten eingesetzt werden.
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Außerdem könnte es sein, dass solche Tierschutzerwägungen auch bei der rechtlichen Überprüfung einer Änderungskündigung zu berücksichtigen sind, soweit es um die Änderung der Arbeitszeiten geht.
(jh)