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Duschen als Arbeitszeit? Das sagt das Bundesarbeitsgericht

Nach dem LAG Nürnberg bestätigt nun auch das BAG: Duschen und Waschen nach der Arbeit sind als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen, wenn sie mit der geschuldeten Arbeitsleistung unmittelbar zusammenhängen und deshalb ausschließlich fremdnützig sind. Das ist auch dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit so sehr verschmutzt, dass ihm nicht der Weg nach Hause ungewaschen nicht zugemutet werden kann.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. April 2024, 5 AZR 212/23

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Redaktion
Stand:  27.8.2024
Lesezeit:  01:45 min
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Das ist passiert

Der Arbeitnehmer ist seit 2009 als Containermechaniker beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört das „In-Ordnung-Bringen“ von Containern, das unter anderem auch das Abschleifen schadhafter Stellen und deren Nachlackierung umfasst. Bevor der Arbeitnehmer sich am Zeiterfassungsterminal einloggt und seinen eigentlichen Arbeitsplatz aufsucht, zieht er sich im Umkleideraum der Arbeitgeberin bereitgestellte Schutzkleidung an. Während seiner Tätigkeit wird er häufig trotz Schutzkleidung sehr schmutzig. Nach der Arbeit geht er wieder in die Umkleide, legt seine Schutzkleidung zur Reinigung durch die Arbeitgeberin ab und duscht oder wäscht sich. Die Umkleide-, Wasch- und Duschzeiten dürfen als Arbeitszeit nicht erfasst werden. 

Mit seiner Klage verlangte der Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung für Wege-, Umkleide- und Körperreinigungszeiten im Umfang von täglich 55 Minuten.  

Das entschied das Gericht

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg hatte am 06. Juni 2023 entschieden, dass dem Arbeitnehmer zusätzliche Vergütung für Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegezeiten im Umfang von täglich 21 Minuten zustehen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeberin legten gegen diese Entscheidung Revision ein. Dem Bundesarbeitsgericht (BAG) fehlte es an verschiedenen konkreten Feststellungen durch das LAG, deshalb hat es das Urteil in diesen Teilen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. 

Allerdings hat das BAG klargestellt, dass das LAG zu Recht davon ausgegangen sei, dass eine Vergütung für Umkleide-, Wege- und Körperreinigungszeiten gemäß § 611a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Grunde nach in Betracht kommt. Um vergütungspflichtige Arbeitszeit handle es sich sowohl bei dem An- und Ausziehen der von der Arbeitgeberin vorgeschriebenen Schutzkleidung als auch bei der innerbetrieblichen Wegezeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz und zurück. Das Umkleiden und der zurückzulegende Weg zur Umkleide seien ausschließlich fremdnützig. 

Auch die Körperreinigungszeiten können vergütungspflichtige Arbeitszeiten sein, wenn sie mit der Art der Tätigkeit „unmittelbar“ zusammenhängen und deshalb ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dienen. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschriften die Körperreinigung nach der Arbeit verlangen. Vergütungspflichtig seien die Waschzeiten aber auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner Arbeit so sehr verschmutzt, dass ihm das Anziehen der privaten Kleidung und der Weg nach Hause – sei es durch Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs oder durch Nutzung eines eigenen Fahrzeugs – ohne eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Allerdings müsse sorgfältig differenziert werden: Nicht jede Verschmutzung oder Verunreinigung führe dazu, dass das Waschen oder gar Duschen am Ende des Arbeitstages zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehöre. Gehe es bei der Körperreinigung lediglich darum, eine übliche Verunreinigung oder Schweiß zu beseitigen, diene das der Befriedigung privater Bedürfnisse; das sei dann nicht mehr ausschließlich fremdnützig und damit nicht vergütungspflichtig. Das LAG Nürnberg muss nun unter anderem nochmal genau prüfen, ob sich der Arbeitnehmer tatsächlich so verschmutzt, dass und wenn ja wie lange das Waschen oder sogar Duschen nach der Arbeit im Betrieb zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören.

Hinweise für die Praxis

Das BAG hat mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zum An- und Ausziehen der Dienstkleidung im Betrieb und zu den erforderlichen Wegen dafür bestätigt: Die Zeit für das vom Arbeitgeber vorgegebene Umkleiden und die nötige Wegezeit vom Umkleideraum zum Arbeitsplatz gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. 

Ob es sich bei Körperreinigungszeiten um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt, war bislang vom Bundesarbeitsgericht nicht entschieden worden. Jetzt hat das Gericht klargestellt: Es kommt im Einzelfall auf Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit sowie der getragenen Arbeitskleidung, dem mit der Arbeitsleistung verbundenen Ausmaß der Verschmutzung und der sich daraus ergebenden erforderlichen Art und Dauer der Körperreinigung an. Wichtig: Die Ganzkörperreinigung (also das Duschen) gehört nur dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sie unmittelbar mit der eigentlichen Tätigkeit zusammenhängt, als auch mit der Art und Weise ihrer Erbringung. Wir dürfen gespannt sein, welche Fälle zur Klärung dieser Voraussetzungen vor den Arbeitsgerichten landen werden. 

Das BAG hat allerdings auch nochmal darauf hingewiesen, dass individual- oder kollektivrechtliche Regelungen zulässig sind, wonach Umkleide-, Körperreinigungs- und Wegezeiten anders vergütet werden als die „eigentliche“ Arbeit. (jf)

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