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Die außerordentliche Kündigung des Kochs einer evangelischen Kindertageseinrichtung wegen seines Kirchenaustritts ist unwirksam. Mit dem Kirchenaustritt verstößt der Arbeitnehmer nicht schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätspflichten.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Februar 2021, 4 Sa 27/2
Der Arbeitnehmer ist seit 1995 bei der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart als Koch in einer Kita beschäftigt. Die Arbeitgeberin betreibt ca. 51 Kitas mit rund 1.900 Kindern. Im Juni 2019 trat der Arbeitnehmer aus der evangelischen Landeskirche aus. Nachdem die Arbeitgeberin davon erfahren hatte, kündigte sie ihm mit Schreiben vom 21. August 2019 außerordentlich und fristlos.
Die Arbeitgeberin sieht ihr Handeln vom besonderen Bild der christlichen Dienstgemeinschaft geprägt. Sie ist der Meinung, dass der Arbeitnehmer mit dem Kirchenaustritt schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätspflichten verstoße. Der Arbeitnehmer argumentiert, dass er mit den Kindern nur durch die Ausgabe von Getränken in Kontakt gekommen sei. Mit dem pädagogischen Personal in der Kita habe er sich nur alle
zwei Wochen in einer Teamsitzung getroffen. In der Sitzung hätten sie allerdings nur organisatorische Angelegenheiten besprochen.
Der Arbeitnehmer hat mit seiner Kündigungsschutzklage sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Die Loyalitätserwartung der Arbeitgeberin, dass der Arbeitnehmer nicht aus der evangelischen Kirche austrete, stelle keine wesentliche und berechtigte Anforderung an die persönliche Eignung für die Arbeit des Arbeitnehmers als Koch dar. Deshalb sei die Kündigung unwirksam.
Immer wieder kommt es zu Kündigungen von Mitarbeitern kirchlicher Einrichtungen. Der Vorwurf: Fehlende Loyalität zur Kirche. Aber ist Religion nicht Privatsache; und Religionsfreiheit ein Grundrecht (Artikel 4 des Grundgesetzes)? In Arbeitsverhältnissen gilt außerdem das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Warum wird dann überhaupt über eine fristlose Kündigung gestritten?
Die Kirche hat eine im Grundgesetz verankerte Sonderrolle als Arbeitgeber. Historischer Hintergrund dieser Sonderrechte ist die Trennung von Kirche und Staat. Das hat drastische Auswirkungen. Statt Betriebsverfassungsgesetz und Betriebsrat gibt es in kirchlichen Einrichtungen „Mitarbeitervertretungen“ mit eingeschränkten Rechten. Auch z.B. § 9 Abs. 2 AGG sieht extra für Kirchen eine Ausnahme vor.
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 20.02.2019, 2 AZR 746/14) zuletzt die Rechte von Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen gestärkt. Es komme im Einzelfall darauf an, ob die Loyalitätspflicht zur Kirche tatsächlich eine wesentliche und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
(jf)