Grenzen der Mitbestimmung im Datenschutz

Der Betriebsrat kann bei zwingend gesetzlichen Vorgaben im Datenschutz nur begrenzt mitbestimmen, eine freiwillige Vereinbarung dahingehend bleibt aber weiterhin möglich. Für die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen ist der Arbeitgeber verantwortlich.

Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 05. Dezember 2024, 5 TaBV 4/24 

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Redaktion
Stand:  14.10.2025
Lesezeit:  01:45 min
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Das ist passiert

Der Arbeitgeber möchte ein neues Personalverwaltungssystem einführen. Das Hosten der Daten sollte auf Servern in den USA erfolgen. Die nach dem Spruch einer Einigungsstelle zustande gekommene Betriebsvereinbarung vom April 2023 wurde vom Betriebsrat gekündigt. Der Betriebsrat hatte datenschutzrechtliche Bedenken, insbesondere mit Blick auf der Speicherung von personenbezogenen Daten in einem sogenannten Drittland (Nicht-EU-Mitglied), ohne eine für den Betriebsrat erkennbare Rechtsgrundlage. Auch sei das IT-System an sich in der Betriebsvereinbarung nicht umfassend geregelt worden, sondern lediglich einzelne Aspekte daraus. Darüber hinaus wäre das umfassende Mitbestimmungsrecht im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Datenschutzrecht nicht beachtet worden. Der Betriebsrat erhob daher Klage vor Gericht, um feststellen zu lassen, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam ist. In der ersten Instanz hatte das Arbeitsgericht Fulda den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.

Das entschied das Gericht

Das Gericht lehnte die Klage des Betriebsrats als unbegründet ab. Handelt es sich um Datenschutzfragen, die nicht unmittelbar im Zusammenhang zu einer möglichen Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftigten stehen, bestehe keine erzwingbare Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Nach Ansicht des Gerichts liege die Verantwortung über die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen beim Arbeitgeber, da er Verantwortlicher im Sinne der Datenschutzgrundverordnung sei (vgl. Art. 4 Nr. 7 DSGVO). Ferner sei der Eingangssatz von § 87 BetrVG zu beachten: Danach bestehe nur dann ein Mitbestimmungsrecht, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht bestehe, was aber durch die DSGVO und das BDSG gerade der Fall sei. 

Hintergrund und Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung des Gerichts schränkt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein. Das heißt jedoch nicht, dass der Betriebsrat überhaupt kein Mitbestimmungsrecht im Datenschutz hat: Selbstverständlich kann der Betriebsrat auch weiterhin vom Arbeitgeber Auskünfte über den Zweck, die Rechtsgrundlage und der grundsätzlichen Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme verlangen und über diese verhandeln. Das ist weiterhin der Kernpunkt bei Verhandlungen: Ist das Mittel für den angestrebten Zweck überhaupt geeignet? Gibt es nicht auch ein milderes Mittel? Gerade die Grundgedanken bzw. Grundsätze der DSGVO sollten hier unbedingt auch weiterhin mit einfließen, um zu einem guten Verhandlungsergebnis zu kommen. Wichtig: Es empfiehlt sich, auch ohne erzwingbare Mitbestimmung (freiwillige) Regelungen in Betriebsvereinbarungen zu treffen, z.B. zum Löschkonzept. Das sorgt für die bei neuen Systemen unabdingbare Transparenz und Akzeptanz bei den Beschäftigten.

Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder anderen Gerichten zu dieser Frage steht noch aus. Es wird spannend zu beobachten sein, ob das BAG die Rechtsfrage ähnlich beantwortet oder zu einem anderen Ergebnis kommt. (sts)