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Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind verbreitete Arbeitsmodelle, nicht nur im Krankenhaus und Pflegebereich. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen, ob Dienste nun als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaft einzuordnen sind. Im Einzelfall kann die Frage schwierig sein und hat auch mal wieder das Bundesarbeitsgericht beschäftigt. Dieses Urteil ist zwar ein Fall aus dem Pflegebereich, liefert aber auch für andere Bereiche wichtige Anhaltspunkte zur Einordnung von Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst.
BAG, Urteil vom 24.02.2022, 6 AZR 251/21
Der Kläger war als Fahrer für einen Verein tätig, der soziale Dienste anbietet - unter anderem auch einen Hausnotrufdienst. Im Arbeitsvertrag wurde auf die Arbeitsvertragsrichtlinien der Johanniter Bezug genommen. Nach diesen galt für den Bereitschaftsdienst im Hausnotrufdienst, dass der betreffende Mitarbeiter innerhalb von bis zu 30 Minuten, spätestens 35 Minuten nach Auftragserteilung durch die Hausnotrufzentrale bei dem Notrufenden eintreffen und innerhalb dieser Zeit dessen auch noch dessen Wohnungsschlüssel aus einem Schlüsselschrank der Dienststelle holen muss. Für das Abholen des Schlüssels aus der Dienststelle wurde vom beklagten Verein 5 Minuten als erforderliche Zeit angesetzt. Die Fahrtzeit von der Dienststelle der Beklagten bis zu dem am weitesten weg wohnenden Notrufenden betrug circa 30 Minuten.
Der Kläger wurde ein bis zwei Mal pro Monat für den Hausnotrufdienst eingeteilt. Dieser dauerte jeweils von montags 9 Uhr bis montags 9 Uhr der Folgewoche.
Bei einem Hausnotrufeinsatz musste der Kläger vor Ort die Situation des Notrufenden einschätzen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Hierzu gehörte z.B., eine aus dem Bett oder Rollstuhl gefallene Person wieder ins Bett zu bringen oder in den Rollstuhl bzw. auf die Couch zu setzen und andere Tätigkeiten mit einem erhöhten medizinischen Handlungsbedarf. In dringenden Fällen hatte der Kläger auch den Hausarzt oder den Notarzt zu rufen.
Der beklagte Verein behandelte die einsatzlosen Zeiten der Hausnotruf-Bereitschaft als Rufbereitschaft. Mit seiner Klage hat der Kläger unter anderem die Vergütungsdifferenz zwischen Rufbereitschafts- und Bereitschaftsdienstentgelt für die inaktiven Zeiten während der Hausnotruf-Bereitschaft geltend gemacht.
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Kläger Recht. Das Gericht war insbesondere der Ansicht, dass der Hausnotrufdienst Bereitschaftsdienst im arbeitszeitrechtlichen Sinne ist; und nicht nur Rufbereitschaft, wie der Beklagte meinte.
Das Bundesarbeitsgericht führte in seinem Urteil aus, dass der Bereitschaftsdienst mit einer Aufenthaltsbeschränkung sowie der Verpflichtung verbunden ist, bei Bedarf sofort tätig zu werden. Der Beklagte hatte in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall den Aufenthaltsort des Klägers hier zwar nicht ausdrücklich festgelegt. Die Einschränkungen, die sich aufgrund der Regelungen in den Arbeitsrichtlinien der Johanniter und damit der Anordnung des Arbeitgebers erreichten ein Ausmaß, das einer Aufenthaltsbeschränkung gleichkam. Dadurch, dass die Fahrzeiten von der Dienststelle zu den am weitesten entfernt gelegenen Einsatzorten ungefähr 30 Minuten betrugen sei der Kläger wegen der Vorgabe, spätestens 35 Minuten nach der Auftragserteilung beim Notrufenden eintreffen zu müssen gezwungen, sich während der Hausnotruf-Bereitschaft in unmittelbarer Nähe zur Dienststelle aufzuhalten. Vor diesem Hintergrund war es ihm nicht möglich, frei private Aktivitäten zu planen und durchzuführen, die mehr als nur wenige Minuten von seiner Dienststelle entfernt stattfanden. Durch diese Begrenzung war der Kläger in seiner Freizeitgestaltung in einem Maß eingeschränkt, das den Rahmen einer Rufbereitschaft überschritt. Bei der Hausnotruf-Bereitschaft des Beklagten handelt es sich deshalb um einen Bereitschaftsdienst im arbeitszeitrechtlichen Sinne.
Mit seiner Entscheidung bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung. Es gibt damit ein weiteres Stück Klarheit und Orientierung, wo das Bundesarbeitsgericht zeitliche Grenzen setzt bei der Einordnung von Arbeitszeiten als Bereitschaftsdienst oder als Rufbereitschaft. Gleichzeitig zeigt das Urteil, dass es für die Einordnung, ob Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft vorliegt, auf die tatsächlichen Umstände des Einsatzdienstes ankommt und nicht darauf, welche Form der Arbeitgeber meint, eingeordnet zu haben. (jh)