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Zu Hause im Zeiterfassungssystem einloggen und erst dann zur Dienststelle fahren, um erst dort mit der Arbeit zu beginnen, weil das Arbeitszeitkonto dringend aus dem Minus muss? Ob der dringende Verdacht einer falschen Arbeitszeiterfassung eine personenbedingte (Verdachts-)Kündigung rechtfertigen kann, darüber hatten die Richter des LAG Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 28.3.2023, 5 Sa 128/22
Der Mitarbeiter war seit 2005 bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) beschäftigt. Er hatte ein Gleitzeitkonto und musste grundsätzlich im Büro arbeiten. Um außerhalb des Büros arbeiten zu können, benötigte er die Zustimmung seiner Führungskraft.
Seine Lebensgefährtin, mit der er zusammenlebte, war ebenfalls bei der BA beschäftigt. Sie arbeitete meist im Home-Office. Die Arbeitszeit musste gemäß einer Dienstvereinbarung an einem stationären Zeiterfassungsgerät oder am PC erfasst werden.
Im Jahr 2020 hatte der Mitarbeiter erhebliche Minusstunden auf seinem Gleitzeitkonto angesammelt. Sein Vorgesetzter führte daher zu Beginn des Jahres ein Gespräch mit ihm und vereinbarte, den Negativsaldo innerhalb eines bestimmten Zeitraums auszugleichen.
Im Oktober 2021 wurden an drei aufeinanderfolgenden Tagen Unstimmigkeiten zwischen den Arbeitszeitbuchungen des Mitarbeiters und seiner tatsächlichen Anwesenheit festgestellt. Er buchte sich online um 6:30 Uhr ein, dann wieder aus, beides online, obwohl er zu dieser Zeit nicht im Büro war. Kurz darauf meldete er sich vor Ort im Jobcenter wieder an. Mobile Arbeit war für diese Tage nicht genehmigt worden.
In einem Gespräch wegen seines auffälligen Buchungsverhaltens erklärte der Arbeitnehmer dieses damit, dass er immer mit dem Fahrrad zur Arbeit komme. Sich umziehe und sich dann online in seinem Büro im Zeiterfassungssystem anmelde.
Es fanden weitere Gespräche und Aufklärungsversuche statt und der Arbeitnehmer wurde mit dem Verdacht konfrontiert, sich von zu Hause aus über den Zugang eines Dritten eingebucht zu haben. Schließlich wurde der Personalrat zur ordentlichen Verdachtskündigung angehört, die im Februar 2022 ausgesprochen wurde.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Seine Arbeitgeberin vermute lediglich einen Arbeitszeitbetrug, könne dies aber nicht belegen. Es sei erlaubt, sich am Arbeitsplatzrechner online einzubuchen.
Vor dem Arbeitsgericht hatte der Arbeitnehmer keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts bestätigt.
Warum? Es besteht der dringende Verdacht, dass der Kläger an mehreren Tagen frühmorgens Arbeitszeiten von zu Hause aus gebucht hat, ohne tatsächlich zu arbeiten. Der Verdacht, dass ein Arbeitnehmer vorsätzlich gegen seine Pflicht verstoßen hat, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren (was für den Arbeitgeber schwer zu überprüfen ist), kann an sich als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. BGB angesehen werden. Der Arbeitgeber muss darauf vertrauen können, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiter, die am Gleitzeitmodell teilnehmen, korrekt dokumentiert wird - insbesondere, wenn er den Nachweis den Arbeitnehmern selbst überträgt. Das LAG stützte seine Entscheidung auf die Fakten, die bereits in der ersten Instanz festgestellt wurden.
Es gibt strenge Regeln für eine Verdachtskündigung, aber sie ist möglich. Es muss ein schwerwiegender Verdacht einer Pflichtverletzung vorliegen
Bevor der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, muss er alle zumutbaren Mittel nutzen, um den Sachverhalt aufzuklären. Dazu gehört vor allem, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, zu dem Verdacht Stellung zu nehmen. Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist zwingend. Fehler bei der Anhörung oder gar eine unterlassene Anhörung führen unmittelbar zur Unwirksamkeit einer Verdachtskündigung. (ah)