Urlaubsabgeltungsanspruch während Kündigungsschutzklage

Ist nach dem Ausspruch einer Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf einen anhängigen Kündigungsrechtsstreit nicht sicher, hat der Kläger noch keinen Urlaubsabgeltungsanspruch. 

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.2025, 9 Sa 4/25

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Redaktion
Stand:  21.10.2025
Lesezeit:  01:15 min
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Das ist passiert

Der Kläger begehrt die Abgeltung von 36 Urlaubstagen aus den Jahren 2021 und 2023, nachdem eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.01.2024 ausgesprochen wurde. Gegen diese Kündigung hat er Kündigungsschutzklage erhoben. Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Urlaubsabgeltung ab, da die vertragliche Ausschlussfrist nicht eingehalten wurde. Der Kläger legte Berufung ein und argumentierte, die Ausschlussklausel sei unwirksam und der Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe unabhängig von der Kündigungsschutzklage.

So hat das Gericht entschieden

Das Berufungsgericht hat entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch erst mit der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht und daher bis zur Klärung der Kündigungsschutzklage ausgesetzt wird. Der Abgeltungsanspruch entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Wegfall des Abgeltungsverbots. Er wird grundsätzlich gleichzeitig fällig. § 7 Abs. 4 BUrlG knüpft allein an die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursachte Unmöglichkeit an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zu realisieren. Erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt die Arbeitspflicht und damit die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer durch Freistellung von der Arbeitspflicht Urlaub zu gewähren. Da das Bundesarbeitsgericht auf die objektive Rechtslage abstellt, hat der Kläger keinen „vorläufigen“ Urlaubsabgeltungsanspruch. Einen solchen kennt das Gesetz nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar entschieden, dass das von dem Kläger eingeleitete Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich auf die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs keinen Einfluss hat. Das bedeutet aber nicht, dass vor einer rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens schon eine abschließende Aussage über das Entstehen und die Fälligkeit des Urlaubsanspruchs möglich ist. Welches die maßgebliche objektive Rechtslage ist, steht erst nach Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens fest. Im vorliegenden Fall ist aber sowohl denkbar, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder am 31.01.2024 geendet hat. 

Zudem sei die vertragliche Ausschlussfrist unwirksam, da sie die Haftung wegen vorsätzlicher Schädigung nicht umfassend ausnimmt. Die Ausschlussfristenregelung ist unwirksam, weil sie entgegen § 202 Abs. 1 BGB die Haftung wegen Vorsatzes begrenzt. § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrags nimmt entgegen § 202 Abs. 1 BGB Haftungsansprüche aufgrund vorsätzlicher Schädigungen nicht umfassend aus dem Anwendungsbereich von § 10 des Arbeitsvertrags aus.

Praxishinweis

Die Entscheidung auch hinsichtlich der Ausschlussfrist führt zu klaren Handlungshinweisen bei ähnlich gelagerten Fällen. (dz)