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Öffentliche Arbeitgeber sind verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern diese fachlich nicht offensichtlich ungeeignet sind, § 165 Satz 3 und 4 SGB IX. Bei Verhinderung des Bewerbers muss der Arbeitgeber einen Ersatztermin anbieten, wenn der Interessent gewichtige Gründe für seine Terminabsage darlegt und eine erneute Terminierung für den Arbeitgeber zumutbar ist.
BAG, Urteil vom 23.11.2023, 8 AZR 164/22
Die Klagepartei hatte sich 2019 per E-Mail bei der städtischen Ausländerbehörde auf eine Stellenausschreibung im „Fallmanagement/Aufenthaltsrecht“ unter Angabe der Schwerbehinderung beworben. Sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Allerdings hatte sie zu diesem Termin „bereits einen anderen Termin in Brandenburg“ und bat daher um einen Ersatztermin. Dieser Bitte kam die Stadt nicht nach und begründete dies damit, dass das Stellenbesetzungsverfahren aufgrund der Dringlichkeit nicht weiter verzögert werden könne.
Die Stadt führte im Jahr 2019 über 200 Stellenbesetzungsverfahren durch. Daran nahmen neben der Personalverwaltung und der jeweiligen Fachleitung der Personalrat, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sowie ggf. die Schwerbehindertenvertretung teil. Die Vorstellungsgespräche fanden vor einer Auswahlkommission statt. Wegen Terminkollisionen war es der Kommission nicht möglich, zeitnah erneut zusammenzukommen. In der Ausländerbehörde lag die Wartezeit für terminierte Vorsprachen bei Fallmanagern in der zweiten Jahreshälfte 2019 bei sieben Monaten.
Zum Vorstellungsgespräch war die klagende Partei nicht erschienen und verlangte die Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung. Die Vorinstanzen und das BAG wiesen die Klage ab.
Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sind nicht erfüllt.
Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen wird dabei auf die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verwiesen, § 164 Abs. 2 SGB IX. Die klagende Partei wurde durch die Zurückweisung ihrer Bewerbung unmittelbar aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt, § 3 Abs. 1 AGG. Sie konnte aber nicht hinreichend darlegen, dass diese Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung nach § 164 Abs.2 SGB IX erfolgt war:
§ 7 Abs. 1 AGG verlangt, dass zwischen der Benachteiligung und der Behinderung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Grundsätzlich trägt die Person, die einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend macht, die Darlegungslast für das Vorliegen seiner Voraussetzungen. § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen eine Erleichterung der Darlegungslast vor: Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen einer Schwerbehinderung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
Der Verstoß eines öffentlichen Arbeitgebers gegen seine Pflicht zur Einladung, wie sie in § 165 SGB IX festgeschrieben ist, lässt zwar regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen Schwerbehinderung zu. Das BAG betont dabei, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht genügt, wenn er nur einen einzigen Vorstellungstermin anbietet und der Bewerber für die Absage zu diesem Termin von sich aus hinreichend gewichtige Gründe mitteilt. Andererseits muss dem Arbeitgeber das Anbieten eines Ersatztermins zeitlich und organisatorisch auch zumutbar sein.
In jedem Einzelfall sind die Interessen der Parteien zu berücksichtigen und abzuwägen: Die Absage der Klagepartei „wegen eines anderen Termins in Brandenburg“ lässt keine Rückschlüsse auf die Bedeutung und Dringlichkeit dieses Termins erkennen. Den Arbeitgeber treffen hierbei keine weiteren Erkundigungspflichten. Andererseits hatte die Stadt auf die organisatorischen Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Ersatztermin und auf die Dringlichkeit des Stellenbesetzungsverfahrens (lange Bearbeitungszeiten im Ausländeramt) hingewiesen.
Die Interessenabwägung gehe in diesem Fall zugunsten der Stadt aus, so die Richter: Das unterbliebene Bewerbungsgespräch stelle kein Indiz dafür dar, dass die Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung erfolgt sei. Mangels derartiger Indizien bestehe auch kein Anspruch auf eine Entschädigung. (gs)