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Berufungsverfahren (Arbeitsgericht)

Berufungsverfahren (Arbeitsgericht)

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Redaktion
Stand:  10.4.2025
Lesezeit:  01:15 min

Kurz erklärt

In einem Berufungsverfahren wird das Rechtsmittel der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil behandelt. 
Das Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht behandelt einen erneuten Prozess in einem erstinstanzlich bereits ausgeurteilten Rechtsstreit. Es geht dabei um eine Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils auf tatsächliche Fehler wie die Würdigung von Zeugenaussagen oder rechtliche Bewertungen des Falles. Die Parteien haben die Möglichkeit den gesamten Streitstoff von einer zweiten Instanz, dem Landesarbeitsgericht, prüfen zu lassen. In bestimmten Schranken können sie neue Tatsachen in das Verfahren einführen.  Die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels gegen eine gerichtliche Entscheidung entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte vereinheitlichen die Rechtsprechung der in dem jeweiligen Bundesland eingerichteten Arbeitsgerichte. 

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Begriff

Das Berufungsverfahren behandelt das einzuhaltende Verfahren für die Einlegung der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil. In diesem fristgebunden einzuleitenden Verfahren muss sich der Rechtsmittelführer auf genau zu bezeichnende Fehler des von ihm angegriffenen Urteils als Grund für die Einlegungen seines Rechtsmittels berufen.  
Rechtsmittel, das gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts beim Landesarbeitsgericht eingelegt werden kann.

Erläuterungen

Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Der Berufung entspricht die Beschwerde im Beschlussverfahren. Berufungsfähig sind in der Regel alle Entscheidungen eines Arbeitsgerichtes. Das folgt aus § 64 ArbGG. In den eher seltenen Fällen eines Beschwerdewertes unter 600,00 Euro kann das Arbeitsgericht die Berufung z.B. wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles zulassen. 

Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung ist eine sogenannte Beschwer des Berufungsführers. Das heißt, er muss durch das vorangegangene Urteil einen Nachteil erleiden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn dem Kläger statt der beantragten 2000,00 Euro nur 1500,00 Euro zugesprochen werden. Der Beklagte ist beschwert, wenn das Urteil für ihn nachteilig ausgefallen ist, z.B. die Unwirksamkeit einer von ihm erklärten Kündigung festgestellt wurde. 

Die Berufungsschrift muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beim Landesarbeitsgericht eingegangen sein. Die Einlegung muss zwingend durch einen Rechtsanwalt oder eine in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG aufgeführte Person, z.B. einen Gewerkschaftsvertreter eingelegt werden. 
In der Berufungsschrift muss das angegriffene Urteil und die Erklärung der Einlegung der Berufung enthalten sein. 

Die Berufungsbegründung hat innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständig abgefassten Urteils bei Landesarbeitsgericht eingehen. Der Vorsitzende kann diese Frist auf Antrag verlängern. 
Dem Berufungsbeklagten steht zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung eine Frist von einem Monat ab deren Empfang zu. 

Die Parteien können in der Berufungsinstanz neue Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vorbringen. Das geht gemäß § 67 ArbGG nur dann nicht, wenn die Prozessförderungspflicht bereits in der ersten Instanz durch nicht oder nicht rechtzeitiges Vorbringen verletzt wurde (§ 67 Abs. 1 -3 ArbGG). Dasselbe gilt, wenn im Berufungsverfahren Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht rechtzeitig vorgetragen werden (§ 67 Abs. 4 ArbGG). Was in der ersten Instanz als nicht rechtzeitig vorgetragen zurückgewiesen wurde, kann in der zweiten Instanz nicht mehr berücksichtigt werden. Hat der Richter der zweiten Instanz eine Frist für den Vortrag zu konkreten Tatsachen gesetzt und kann diese z.B. wegen Überlastung des Rechtsanwaltes nicht eingehalten werden, kann er diese verlängern. 

Das Landesarbeitsgericht nimmt grundsätzlich nur eine Rechtsfehlerkontrolle vor. Seine Aufgabe besteht in der Beseitigung eventueller Fehler der erstinstanzlichen Entscheidung. Dabei ist das Landesarbeitsgericht an die verfahrensfehlerfreie Tatsachenfeststellung der ersten Instanz gebunden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn das Landesarbeitsgericht konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen erkennt (BAG v. 29.6.2017 - 2 AZR 47/16 in NZA 2017,1605 Rn. 60). 

Das Landesarbeitsgericht entscheidet durch Urteil. Dieses ist von dem Vorsitzenden und den beiden ehrenamtlichen Richtern zu unterschreiben. 

Bezug zur Betriebsratsarbeit

Ein Betriebsratsmitglied kann während seiner Arbeitszeit nach Ansicht des Arbeitgebers nicht erforderliche Betriebsratsarbeit leisten. Der Arbeitgeber könnte deshalb für diese Zeit die Bezahlung der Vergütung verweigern. Das Betriebsratsmitglied könnte dann auf Lohnzahlung klagen. Für diesen Fall muss es das Urteilsverfahren wählen. Es kann dann gegen eine für es unbefriedigende arbeitsgerichtliche Entscheidung Berufung einlegen. Die Kosten der 1. Instanz würden dann unabhängig vom Verfahrensausgang immer das Betriebsratsmitglied persönlich treffen. Deshalb wird ein von dem Betriebsratsmitglied zugezogener Rechtsanwalt darauf hinweisen, dass für das Betriebsratsmitglied kostengünstiger im Beschlussverfahren geklagt werden sollte. Dies könnte mit dem Antrag geschehen, die Erforderlichkeit der aufgewendeten Zeit festzustellen. 

Rechtsquellen

§§ 64 bis 69 ArbGG

Seminare zum Thema:
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Ehrenamtliche Richter am Arbeitsgericht
Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht
Einigungsstellenverfahren
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