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Der jüngste Betriebsratsvorsitzende Deutschlands?

© AdobeStock | methaphum
Stand:  9.4.2024
Lesezeit:  04:00 min
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David Schultheiß (26) über seinen rasanten Aufstieg als Interessenvertreter

Wie alt ist Deutschlands jüngster Betriebsratsvorsitzender? Genau können wir das nicht beantworten. In jedem Fall dürfte David Schultheiß von DP World in Leipzig mit seinen 26 Jahren zu den jüngsten Vorsitzenden eines Betriebsratsgremiums in der Bundesrepublik zählen. Wie es dazu kam? Ob es Akzeptanzprobleme angesichts seines Alters mit Betriebsratskollegen, Mitarbeitern und der Geschäftsführung gibt? Und was er sich für die Zukunft erhofft? Wir haben mit dem BR-Senkrechtstarter gesprochen.

David Schultheiß

David Schultheiß hat seine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der Deutschen-Bahn-Tochter DB Schenker in Leipzig absolviert. Nach seiner Ausbildung ist er in der Betriebssteuerung gelandet, kümmert sich dort um die Abläufe von Wareneingang bis Warenausgang. Nach seiner Zeit in der JAV wurde er 2022 erstmals in den Betriebsrat gewählt, seit 2023 ist er Vorsitzender des Gremiums. DB Schenker wurde in Leipzig im April 2022 von DP World übernommen, einem Unternehmen aus Dubai, das logistische Dienstleistungen anbietet. Am Standort Leipzig werden Teile für BMW verpackt und an die Werke des Autoherstellers in China und Mexiko geliefert.

David, mit 26 Jahren bereits Betriebsratsvorsitzender – das ist alles andere als alltäglich. Wie kam es dazu? 

David Schultheiß: Ich war einige Jahre Jugend- und Auszubildendenvertreter, weil ich mich gerne für die Azubis eingesetzt habe und generell häufig der „Problemlöser“ bin. Das Amt habe ich zur letzten BR-Wahl niedergelegt und bin dann direkt in den Betriebsrat als normales Mitglied gewählt worden. Im Juni 2023 hat sich schließlich ein bisschen was getan bei uns im Gremium: Erst ist der Stellvertreter, dann der damalige Vorsitzende zurückgetreten. Und so stellte sich die Frage, wie wir weitermachen. Die anderen haben schon ein bisschen auf mich geschielt, weil sie es mir zugetraut haben. Und nach einer Woche hatten sie mich überredet.

Also akzeptieren Deine älteren Betriebsratskollegen einen teils wesentlich jüngeren Vorsitzenden? 

David Schultheiß: Ich bin tatsächlich der Jüngste bei uns im Gremium. Aber die Akzeptanz ist da, sonst hätten sie mich nicht vorgeschlagen. Und ich denke, dass ich durchsetzungsfähig genug bin, was den Betriebsrat angeht. Die Mitarbeiter sind da ein bisschen skeptischer.

Von welchen Vorbehalten seitens der Belegschaft sprichst Du?  

David Schultheiß: Wir sind knapp 600 Mitarbeiter und der Altersdurchschnitt liegt bei etwa 45, 46 Jahren. Da ist völlig klar, dass sich einige fragen: Kann der das? Oder: Wie ist der persönlich? Ich versuche, mich da Stück für Stück ran zu arbeiten. Auch, wenn mir das etwas schwerer fällt, schließlich wird Betriebsratsarbeit meist an den Erfolgen gemessen. Daher informieren wir über Flyer, Aushänge und natürlich bei der Betriebsversammlung. Zudem haben wir nach langer Zeit mal wieder ein unternehmensweites Grillfest geplant. Einfach, um in Kontakt mit der Belegschaft zu kommen. 

Spielt das Alter eine Rolle, wenn Du mit der Geschäftsführung verhandelst? 

David Schultheiß: Tatsächlich bin ich bei Verhandlungen noch nicht allzu groß in Erscheinung getreten. Natürlich bin ich beispielsweise beim Aushandeln von Betriebsvereinbarungen involviert. Aber wir haben einen separaten Verhandlungsführer bestimmt, da mir hierzu noch das nötige Know-how, also die entsprechenden Schulungen fehlen.

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Es ist in jedem Fall empfehlenswert, davor ein bis zwei Amtsperioden in der JAV dabei zu sein, weil man so schon einige Themen mitbekommt.

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Hat Dich Deine JAV-Zeit auf den Betriebsrat vorbereitet? 

David Schultheiß: Es ist in jedem Fall empfehlenswert, davor ein bis zwei Amtsperioden in der JAV dabei zu sein, weil man so schon einige Themen mitbekommt. Dennoch ist die Arbeit im Betriebsrat nochmal was anderes. Schließlich ist in der JAV immer jemand an deiner Seite.

Warum engagierst Du Dich ehrenamtlich? 

David Schultheiß: Ich bin total gerne unter Menschen und eigentlich ein ziemlich ruhiger Typ. Viele trauen mir deshalb so ein Amt nicht zu. Dabei versuche ich es einfach, auf meine Art zu machen: Probleme ruhig anehen und dann lösen. Und immer die Person im Fokus haben, die einem gegenübersteht. 

Dir macht es scheinbar nichts aus, Verantwortung zu übernehmen … 

David Schultheiß: Ganz ehrlich? Es hätte sonst auch keiner gemacht. Aber ich traue es mir zu und bin der Meinung, dass ich es bisher ganz ordentlich mache. Häufig ist es ja so, dass jemand gute Gedanken hat, sich allerdings nicht traut, diese zu formulieren. Weil er sich vielleicht auf den Schlips getreten fühlt. Ich versuche, die Dinge direkt anzusprechen, wie ich sie sehe. Und wenn es falsch ist, dann ist es eben mal so.

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Ich versuche, die Dinge direkt anzusprechen, wie ich sie sehe. Und wenn es falsch ist, dann ist es eben mal so.

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Du bist für Deine Betriebsratstätigkeit freigestellt: Machst Du Dir Sorgen um Deine berufliche Laufbahn nach der Zeit als Interessenvertreter? 

David Schultheiß: Ich bin da ein bisschen zwiegespalten. Auf der einen Seite würde ich gerne lange im Betriebsrat weitermachen, auf der anderen Seite stelle ich mir die Frage, was nach dieser Amtsperiode kommt. Wir man wiedergewählt? Und inwieweit kann ich die Dinge außerhalb des BR-Amtes einsetzen, die ich gelernt habe. 

Und welche Erfolge konntet Ihr in Deiner bisherigen Amtszeit schon erzielen? 

David Schultheiß: Wir haben es geschafft, 50 Mitarbeiter aus der Zeitarbeit zu übernehmen. Wegen des Betriebsübergangs sind damals paar Leute gegangen, mittlerweile stellen wir wieder ein – das haben wir also gut hinbekommen. Außerdem konnten wir eine Betriebsvereinbarung zum Fahrkostenzuschuss aushandeln und sind gerade dabei, die BV Arbeitszeit und BV Urlaub zu schreiben, die beide vor acht Jahren gekündigt wurden. 

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Jemand, der nur Infos einholt und nichts tut, ist nicht zu gebrauchen.

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Trotz all der Anstrengungen: Kannst Du das Betriebsratsamt empfehlen? 

David Schultheiß: Wenn man Rückgrat hat und zu seiner Meinung steht, dann schon. Weil man viel erfährt und viel bewegen kann. Jemand, der nur Infos einholt und nichts tut, ist nicht zu gebrauchen. Wichtig sind Eigeninitiative und die Fähigkeit, Gegenwind auszuhalten.

Was macht David Schultheiß in zehn Jahren? 

David Schultheiß:(lacht) Das ist eine gute Frage. Eigentlich hätte ich mich erst in zehn Jahren als Betriebsratsvorsitzenden gesehen. Momentan ist das sehr schwierig zu beantworten, weil ich noch nicht mal weiß, wie es nach der Amtszeit weitergeht. (tis)

Sie haben eine ähnliche Geschichte wie David zu erzählen? Oder sind als Betriebsrat vielleicht sogar noch jünger? Dann melden Sie sich gerne bei uns: 

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