Zwischen 33 Stimmen und vielen Meinungen

© Hermann Weres
Stand:  21.10.2025
Lesezeit:  04:15 min
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So behauptet Hermann Weres seit 20 Jahren seinen Platz in einem großen Gremium

13 Ausschüsse, über 7.000 Beschäftigte, ein Gremium mit 33 Personen und Hermann Weres mittendrin. Seit 20 Jahren ist der heute 62-Jährige bereits Teil des Betriebsrats am Forschungszentrum Jülich. Im Interview spricht er über Herausforderungen, Erfolge, ehrliche Auseinandersetzungen, den Spagat zwischen Engagement und Selbstdisziplin und die Dynamik eines großen Gremiums. 

Hermann Weres | © Hermann Weres

Hermann Weres

Seit 1987 arbeitet Hermann Weres im Sicherheitsdienst des Forschungszentrums Jülich, für das heute – laut Internetseite – 7.571 Mitarbeiter tätig sind. 2006 kandidierte er erstmals für den Betriebsrat und wurde prompt ins Gremium gewählt, dem er seither ununterbrochen angehört. Seit 2010 ist er für seine Betriebsratstätigkeit und die vielen Ausschüsse, denen er angehört, freigestellt.

Hermann, wie schwer ist es, sich in einem 33er-Gremium Gehör zu verschaffen?

Hermann Weres: Am Anfang meiner Betriebsratszeit war das schwierig, weil schnell der Vorwurf laut wurde: Du interessierst Dich nur für Anliegen aus Deinem Bereich. Aber das hat sich recht bald geregelt und seither haben wir einen ziemlich guten Austausch. Wobei sich das in dieser Amtszeit selbstverschuldet ein bisschen geändert hat. Weil ich in machen Sachverhalten eine etwas andere Meinung habe und es dadurch zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Unterschiedliche Meinungen finde ich persönlich aber sehr wichtig. Und sollte die Mehrheit eine Meinung zu einem Sachverhalt haben, muss auch ich immer noch lernen, diese zu respektieren.

Das müsstest Du bitte genauer erklären!

Hermann Weres: Wir haben insgesamt 13 Fachausschüsse und bis auf zwei Ausschüsse war ich in meiner bisherigen Betriebsratstätigkeit in allen drin. War teilweise sogar Ausschussvorsitzender, Stellvertreter oder Protokollführer. Irgendwann hat ein schleichender Prozess eingesetzt, den ich nicht richtig mitbekommen habe. Kollegen meinten: „Irgendwie bist du aggressiver als früher.“ Es wurde jedenfalls mehr und mehr, bis ich gesagt habe: Das geht so nicht weiter! Daher habe ich die Reißleine gezogen, mit den Kollegen gesprochen und bin erstmal in die Reha gefahren. Später habe ich einige Betriebsratstätigkeiten aufgegeben, so dass ich heute „nur noch“ in fünf oder sechs Ausschüssen tätig bin. 

Angesichts Deiner Erfahrungen: Ist Selbstdisziplin das Wichtigste für einen Betriebsrat?

Hermann Weres: Ich erlebe das im Moment wieder bei einigen Kollegen, die sehr viel wollen, was ja zu verstehen ist. Jetzt am Ende der Amtszeit merken die aber, dass es eigentlich zu viel ist und nicht so richtig fluppt. Man sollte meiner Meinung nach in jedem Fall behutsam überlegen, in welchen Ausschuss man will und sich nicht überfordern. Wenige Ausschüsse, dafür intensivere Arbeit, das kommt dem Gremium insgesamt zugute.

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Man sollte meiner Meinung nach in jedem Fall behutsam überlegen, in welchen Ausschuss man will.

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Wie schafft man es, in einem großen Betrieb mit über 7.000 Mitarbeitern den Kontakt zur Belegschaft zu halten?

Hermann Weres: Wichtig ist immer der persönliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und vor Betriebsversammlungen gibt es immer einen BR-Infostand, wo wir bereit stehen für Themen, die wir bereits kommuniziert haben und wo Neues eingekippt werden kann. Während der Versammlung gibt es einen Chat, wo Fragen direkt und anonym gestellt werden können, die wir möglichst direkt in der Veranstaltung beantworten. Wenn nicht, nehmen wir sie mit ins Gremium, bearbeiten und veröffentlichen sie dann. Wir haben eine eigene Intranetseite, auf der wir Informationen bereitstellen und unseren Newsletter, die Hör-schau-lies, den BetriebsRatGeber, mit Infos zu Betriebsvereinbarungen, zum Tarifvertrag oder Änderungen. Außerdem gibt es bei uns Institutsversammlungen, an denen möglichst immer jemand vom Betriebsrat teilnimmt. Und klar, die vielen Bewerbungsgespräche, die wir so gut es geht, begleiten. Ach, und eine Sport-Challenge wurde ebenfalls vom Betriebsrat ins Leben gerufen … 

… eine Sport-Challenge?

Hermann Weres: Um sich unter den insgesamt circa 60 Instituten hier am Standort etwas besser kennenzulernen, veranstalten wir regelmäßig – meist in der Mittagspause – kleine Wettbewerbe wie Eierlaufen, Sackhüpfen oder Bobbycar-Fahren. Also immer lustige Sachen. Da wird dann gegeneinander angetreten oder mal der Vorstand rausgefordert. Das ist immer sehr gut besucht und macht den Beteiligten viel Spaß.

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Manchmal ist es schon kompliziert, weil wir mit harten Bandagen rangehen müssen.

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Klingt nach einer harmonischen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber.

Hermann Weres: Na ja, manchmal ist es schon kompliziert, weil wir mit harten Bandagen rangehen müssen. Aber ich bin immer gut damit gefahren, sich in die Situation des Arbeitgebers hineinzuversetzen. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig als Betriebsrat, nicht nur seine eigene Position zu kennen, sondern auch die des Gegenübers. Gelegentlich ist es etwas zäh, aber wir sind da schon ganz gut im Austausch.

Welche Themen stehen bei Euch derzeit auf der Agenda?

Hermann Weres: Momentan sind wir aktiv an einer Betriebsvereinbarung zur Überlastungsanzeige und zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement dran. Weil wir mitkriegen, dass dieses Spektrum an Gewicht gewinnt. Da sind wir in den letzten Zügen, mit dem Arbeitgeber einen Workflow zu etablieren. Kürzlich haben wir das Thema flexible Arbeitszeiten abgeschlossen, was hier wirklich sehr gut gehandhabt wird. Das nehmen gerade die Leute mit Familien oder die, die von weiter herkommen, sehr positiv wahr.

Andersrum: Wo gibt es Reibungspunkte?

Hermann Weres: Beim Thema Home-Office bekommen wir die rund 60 Institute nur schwer unter einen Hut. Weil es Leiter gibt, die da – ich sag das einfach mal so – etwas rumbocken. Wir haben es zwar geschafft, in die Vereinbarung zu schreiben, dass das mindestens zwei bis drei Tage geht, allerdings wollen einige ihre „Schäfchen“ lieber alle vor Ort haben. Da müssen wir die Leiter dann schon mal darauf hinweisen, dass es eine Vereinbarung gibt und wenn sie diese ablehnen, eine gute schriftliche Begründung darlegen müssen, warum es bei bestimmten Kollegen abgelehnt wird. Generell ist das Führungsverhalten mancher Führungskräfte oder Institutsleiter hier und da nicht das Gelbe vom Ei – das Thema haben wir häufig in den Monatsgesprächen mit dem Vorstand. Wir versuchen Druck zu machen, den Finger in die Wunde zu legen, damit von Vorstandsseite was passiert.

Du bist mittlerweile seit 20 Jahren im Betriebsrat: Was war Dein größter Erfolg?

Hermann Weres: Aktiv mitgewirkt habe ich dabei, dass die nicht-wissenschaftlichen Arbeiter in den TVöD eingegliedert wurden. Das waren hartnäckige Verhandlungen. Am Ende hat die Arbeitgeberseite zugestimmt, das war schon nicht schlecht.

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Ich würde mir wünschen, dass man, fair und wertschätzend miteinander umgeht, egal wie viele Listen es gibt.

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Stichwort BR-Wahl im Frühjahr 2026 …

Hermann Weres: Oh ja, da haben wir mittlerweile von unserer Liste, auf der ich seit 2010 stehe, die ersten Aktionen gestartet. Es ist immer schwierig, Kollegen für das Betriebsratsamt zu begeistern. Bei uns vor allem aus dem wissenschaftlichen Bereich, wobei wir hier sehr gerne mehr hätten. Außerdem wünsche ich mir, dass man fair und wertschätzend miteinander umgeht, egal wie viele Listen es gibt.  Nach der Betriebsratswahl wird sich ein gutes Gremium finden, um die gute Betriebsratsarbeit für die Beschäftigten vorzuführen.

Wirst Du wieder kandidieren?

Hermann Weres: Ja! Auf der Liste „aktiv“. (tis)

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