Karriere und Betriebsrat – das passt zusammen!

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Stand:  18.11.2025
Lesezeit:  02:45 min
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Warum es sinnvoll ist, Verantwortung zu übernehmen

Oft heißt es, Betriebsräte seien unbequem. Sie stellen Fragen, sie bremsen, sie mischen sich ein. Aber genau das ist – im besten Sinne – ja auch ihr Job. Wer heute Verantwortung im Betrieb übernehmen will, findet im Betriebsrat eine der spannendsten und einflussreichsten Rollen überhaupt. Ganz anders als die resignativen Erzählungen vom „Karriereknick“ einem immer weismachen wollen.

Ende Oktober schrieb der Spiegel „Wenn man in den Betriebsrat geht, ist die Karriere vorbei. Das ist ein offenes Geheimnis“. Dem Titel, der zweifelsohne polarisiert, folgte dann ein Text, der weitaus sachlicher die Herausforderungen aufzeigte, die so mancher Betriebsrat in seiner beruflichen Laufbahn erlebt. In jedem Fall hat der Artikel viele Diskussionen hervorgerufen, in den Betriebsratsbüros und auch in unserem Forum. Die Frage, die immer wieder aufgeworfen wird: Ist das Betriebsratsamt oder die SBV-Tätigkeit tatsächlich ein Karrieregrab?

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Ist das Betriebsratsamt oder die SBV-Tätigkeit tatsächlich ein Karrieregrab?

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Die Reaktionen? Unterschiedlich! Die Diskussionen? Kontrovers! Einige berichten von negativen Erfahrungen und ausbleibenden Karrierechance. Andere wiederum sehen das Ehrenamt in einem gegenteiligen Licht. „Ich habe vor einigen Monaten einen Karrieresprung in einem normalen Bewerbungsverfahren gemacht, obwohl allen Beteiligten klar war, dass ich weiterhin voll freigestellt als SBV amtieren werden“, hieß es da in einer Rückmeldung.

So oder so bleibt es ein heißes Thema und hängt sicherlich immer vom Einzelfall ab. Dennoch gibt es einige (ganz objektive) Gründe, warum das Betriebsratsamt eben kein Karrierekiller ist – sondern genau andersrum.

Verantwortung statt „sich wegducken“ 

Wer Betriebsrat wird, entscheidet sich für Verantwortung, das sollte auch für Führungskräfte offensichtlich sein. Denn Mitbestimmung bedeutet, komplexe Interessen auszubalancieren, Strukturen zu verstehen sowie mit Management, HR und Belegschaft zu verhandeln. Das ist definitiv kein einfacher „Nebenjob“, sondern ein intensiver Lernprozess, der Kompetenzen schärft, die in modernen Unternehmen gefragter sind als je zuvor: Verhandlungsgeschick, Konfliktmanagement, Empathie oder strategisches Denken.

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Betriebsräte sind da, wo andere lieber ausweichen.

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Viele Unternehmen sprechen heutzutage von „Leadership“ und „Ownership“. Doch wo werden die Fähigkeiten, andere für eine gemeinsame Vision zu begeistern und Eigenverantwortung zu übernehmen, so konkret gelebt wie in der Betriebsratsarbeit? Betriebsräte sind da, wo andere lieber ausweichen. Sie moderieren Konfliktsituationen, vertreten Belegschaften, balancieren zwischen Interessen und müssen schon mal Druck aushalten.

Eine Karriere im eigentlichen Sinn

Angesichts des oben erwähnten Spiegel-Artikels stellt sich unweigerlich die Frage: Was bedeutet eigentlich „Karriere“? Karriere heißt, sich zu entwickeln – sollte es zumindest. Und Betriebsräte tun das mit jeder Sitzung, jedem Gespräch, jedem Kompromiss – sollten sie zumindest. Immer wieder berichten Betriebsräte davon, dass sie im Amt gelernt haben, wirklich zuzuhören, Menschen (aber auch die Unternehmensseite) zu verstehen und für Standpunkte einzustehen. Resilienz ist zudem eine Eigenschaft, die viele Interessenvertreter im Laufe ihrer Tätigkeit erworben haben. Alles in allem Qualitäten, die Unternehmen bei ihren Mitarbeitern – insbesondere bei ihren Führungskräften – suchen. So steht es jedenfalls in den meisten Stellenausschreibugen.

Die neue Stärke der Mitbestimmung

Viel zu oft, und auch darauf geht der Spiegel-Artikel ein, versuchen Firmen, Betriebsräte kleinzuhalten oder gleich ganz zu verhindern. Kluge, innovative Arbeitgeber haben dabei längst verstanden: Mitbestimmung ist kein Störfaktor, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil, was Studien der Hans-Böckler-Stiftung bereits bewiesen haben. Betriebe mit aktiver Arbeitnehmervertretung haben stabilere Belegschaften, weniger Fluktuation, höhere Zufriedenheit, transparentere Prozesse und Konflikte werden früher gelöst.

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Mitbestimmung ist kein Störfaktor, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil.

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„Wenn man in den Betriebsrat geht, ist die Karriere vorbei!“ Das mag in manchen Unternehmen noch als Drohung verstanden werden, hat aber nur noch wenig mit der Realität zu tun. Denn: Wer sich engagiert, beweist Mut und Haltung. Und deswegen ist das Betriebsratsamt keine Sackgasse, sondern ein Weg mit Aussicht: auf Einfluss, Sinn, Gemeinschaft und Erfolg. Wer ihn geht, erlebt häufig, dass die Karriere eben nicht endet, sondern genau dort beginnt. (tis)

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