Einen Monat ins Kloster, als Beifahrer im LKW durch Skandinavien, im Sommer auf der Alm Käse herstellen ... Viele Menschen hatten mal Träume, die sie dann – meist aus Vernunft – doch nicht wahrgemacht haben. Jünger als 40 ist eigentlich kaum keiner, der zu ihr kommt: Daniela Scholl hat vor drei Jahren die „Auszeit-Agentur“ gegründet. Von ihrem Büro in Frankfurt am Main aus unterstützt sie Menschen in ganz Deutschland dabei, ihre individuelle Auszeit vorzubereiten und durchzuführen – telefonisch oder persönlich.
Welcher Auszeit-Typ sind Sie?
Beim ersten Gespräch geht es meist darum, festzustellen, was für ein „Auszeit-Typ“ der Kunde ist. Die Möglichkeiten reichen von „Entwicklungshilfe in Afrika“ bis „daheim bleiben und einfach mal nichts tun“. Für Daniela Scholl hat das alles gleichermaßen seine Berechtigung. Es geht schließlich nicht darum, der Welt etwas zu beweisen, sondern darum, sich selbst mal wieder gerecht zu werden. Denn das geht zweifellos unter in unserer Arbeitswelt. Überraschenderweise stehen die meisten Kunden der Auszeit-Agentur nicht kurz vor einem Burn-Out, sondern sie haben seit vielen Jahren einfach gut funktioniert und wollen nun endlich mal wieder etwas für sich tun. Das ist vernünftig, denn schließlich ist das auch eine gute Vorbeugung gegen das Ausbrennen.
Die „typische Auszeit“ gibt es nicht. Einige wissen bereits recht genau, wohin sie für wie lange wollen, andere haben noch keine Ahnung davon, was sie sich eigentlich wünschen. Daniela Scholl findet das völlig in Ordnung. Dann geht sie mit gezielten Fragen der Sache auf den Grund, was für eine Auszeit die richtige wäre. Eine mögliche Frage lautet z.B.: „Wobei entspannen sie besser: Wenn Sie selbst Musik machen oder beim Zuhören?"
Es geht um die Motivation
Manchmal steht am Ende auch gar keine Auszeit, sondern die Erkenntnis, dass es das Leben schon bereichert, wenn man sich im eigenen Stadtteil ehrenamtlich engagiert. Aber egal, ob es einige Monate im Ausland werden oder ob es darauf hinausläuft, sonntags Tierheim-Hunde Gassi zu führen: Frau Scholl knüpft Kontakte, informiert sich über notwendige Versicherungen oder Visa und sucht bezahlbare Unterkünfte, gern auch auf unkonventionelle Weise. Dabei sind nicht nur ihre angenehme und heitere Kommunikation, sondern auch ihre langjährigen Erfahrungen in der Touristik-Branche sehr wertvoll. Auch während der Auszeit steht sie ihren Kunden beratend zur Seite und ist da, wenn Hilfe gebraucht wird oder wenn einfach mal jemand zuhören soll.
Gute Vorbereitung ist (fast) alles
Wer sich nun tatsächlich für einige Monate vom Job verabschieden will, sollte dieses Projekt gut vorbereiten. „Das Gespräch mit dem Arbeitgeber ist mental oft die größte Hürde“, laut Frau Scholl. Dabei ist es meistens gar nicht so schlimm wie gedacht, vorausgesetzt, man ist sich seiner Sache sicher und hat bereits eine Vorstellung davon, wer z.B. während der Abwesenheit die Arbeit erledigen könnte. Vielleicht gibt es eine Mutter, die während der Elternzeit gern schon wieder ein wenig einsteigen würde? Oder einen ehemaligen Kollegen, der im wohlverdienten Ruhestand für einen überschaubaren Zeitraum aushelfen würde?
Solche Lösungen haben den Vorteil, dass die Einarbeitung schnell geht und in der Personalabteilung nicht unbedingt eine neue SAP-Nummer angelegt werden muss. All das gilt es zu bedenken. Auch über den sinnvollen Zeitraum sollte der Arbeitnehmer sich im Vorfeld Gedanken machen: Wie ist das Wetter dort, wo ich hinwill? Gibt es bei uns im Betrieb sowieso immer ein „Sommerloch“? Ist es im Weihnachtsgeschäft ganz schlecht zu gehen? Oder gibt es potentielle Praktikanten eines Studiengangs, die zu einer bestimmten Zeit gerade Semesterferien haben? Je kalkulierbarer der Aufwand für den Arbeitgeber ist, desto größer sind die Chancen.
Vorteile für den Arbeitgeber
Denn obwohl das Thema hochaktuell ist, haben noch immer die wenigsten Unternehmen eine Betriebsvereinbarung zum Sabbatical oder unbezahlten Urlaub. Dabei ist es auch für Unternehmen eine Bereicherung, wenn Arbeitnehmer sich eine Auszeit nehmen: Die meisten kommen deutlich zufriedener, motivierter und mit neuer Kraft ins Unternehmen zurück und bringen noch dazu oft neue, gute Ideen mit. Zudem gelten Arbeitgeber mit moderner Arbeitszeitgestaltung als attraktiv und tun sich leichter, gute Mitarbeiter zu rekrutieren.
Außerdem ist auch für Unternehmen der Aufwand nicht unbedingt riesig: Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Arbeitnehmer gar kein ganzes Jahr pausieren möchten, sondern schon mit einigen Monaten hochzufrieden sind. Und die lassen sich eigentlich sogar innerhalb eines Jahres realisieren: Wer beispielsweise im Januar bei gleichbleibender Arbeitszeit sein Gehalt für ein Jahr um ein Viertel reduziert und seinen Urlaub anspart, kann etwa ab September für den Rest des Jahres frei machen. Im Gegensatz dazu dauert eine Burn-Out-Erkrankung meist länger und trifft den Arbeitgeber zudem unvorbereitet.