Die Auswirkungen von Covid-19 sind in der Arbeitswelt überall und in verschiedensten Auswirkungen zu spüren. Jeder einzelne Mitarbeiter ist vor neue Anforderungen und Herausforderungen gestellt – manche leiden an Stress wegen massiver Überstunden, andere stehen dem Thema Kurzarbeit oder Kündigungen gegenüber. Das Thema Home-Office ist in den Vordergrund gerückt und bringt neben geschätzter Flexibilität, der Kunst, Arbeit und Privatleben zu trennen, auch die Frage, ob der Arbeitsplatz zu Hause den ergonomischen Anforderungen genügt. Kurzum: ein weites Feld tut sich für den gesamten Arbeits- und Gesundheitsschutz auf – und hier ganz besonders auch für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM).
Gesunde Mitarbeiter in einer gesunden Organisation – besonders wichtig in belastenden Zeiten.
Die innerbetriebliche Gesundheit bedeutet mehr als nur physische Anwesenheit und niedrige Fehlzeiten. Vielmehr bedeutet es: Gesunde Mitarbeiter in einer gesunden Organisation – auch und ganz besonders in belastenden Zeiten. Höchste Zeit als Interessenvertreter, das BGM im Unternehmen in den Fokus zu stellen! Denn gerade jetzt kommt es darauf an, die psychische und physische Gesundheit der Belegschaft zu stärken. Nutzen Sie Ihre Rechte!
Gesundheit der Mitarbeiter: Jetzt kommt es drauf an
Interessenvertreter laufen mit dem Thema BGM in diesen Tagen leider keine offenen Türen ein, ganz im Gegenteil. Häufige Antworten wie „Dafür haben wir jetzt keine Ressourcen“ oder „Darum kümmern wir uns, wenn sich die Situation beruhigt hat“ stehen im Widerspruch zu den betrieblichen Bedürfnissen.
Dabei ist die Lage ernst. Beschäftigte fühlen sich zunehmend gestresst, ausgebrannt und berichten von Zukunftsängsten. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch massiv verstärkt.
Werden Sie JETZT aktiv.
Interessenvertreter, aufgepasst: Werden Sie deshalb JETZT aktiv und richten Sie das Augenmerk Ihres Unternehmens auf die Gesundheit der Mitarbeiter. BGM ist das Thema der Stunde!
Was bedeutet „Betriebliches Gesundheitsmanagement“?
Wie packen Sie es an? Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf den sperrigen Begriff „Betriebliches Gesundheitsmanagement“. BGM: Was steckt dahinter; und wo können Sie in Ihrer Funktion als betrieblicher Interessenvertreter nachhaltig Einfluss nehmen und mitwirken?
Das BGM unterscheidet hierbei zwischen zwei Aspekten: Verhaltensprävention und Verhältnisprävention.
Die Verhaltensprävention meint, dass Mitarbeiter ihr Verhalten anpassen. Beschäftigte sollen so handeln, dass es sowohl körperlichen als auch psychischen Belastungen vorbeugt. Egal ob Verwaltung, Industrie oder am Büroarbeitsplatz: Ziel ist es, dass Mitarbeiter ihr Verhalten gesundheitsorientiert anpassen und verstehen, was arbeitsplatzbezogen wichtig und richtig ist. Wichtige Beispiele hierfür sind ergonomisches Arbeiten, eine gesunde Pausengestaltung und ein gelungenes Zeitmanagement. Unter der Verhältnisprävention verstehen wir im BGM gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen. Hierzu gehören zum BeispielArbeitszeitmodelle, die Hilfs- und Arbeitsmittelausstattung, Maßnahmen zur Unfallvermeidung, zur Arbeitsplatzgestaltung und das Kantinenangebot – und nicht zuletzt die Führungskultur.
Ein ganzheitliches BGM verbindet beide Blickwinkel, etabliert eine Strategie im Unternehmen und beteiligt Mitarbeiter an der Entwicklung von Ideen und Lösungen.
Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung
Soviel zur Theorie – aber was bedeutet das in der Praxis für Sie und Ihren Betrieb? Vorneweg: als Betriebsrat oder Interessensvertreter haben Sie hier viel mitzureden! Egal ob es um die Rahmenbedingungen der Arbeit geht oder um Zusatzangebote, die Ernährung, Bewegung oder Entspannung betreffen – hier können Sie aktiv werden und mitwirken.
Beispiel Schichtarbeit
In einer produzierenden GmbH und Co. KG mit Dreischichtbetrieb gibt es enorme Fehlzeiten im Bereich der Nacht- und Wechselschichten. Die Idee: Ein Weiterbildungsangebot aus dem Bereich des BGM. Das Format „Gesund in der Schichtarbeit“ wird den Mitarbeitern und Führungskräften angeboten. In einem eintägigen Workshop erfahren die Kollegen, warum Schichtarbeit notwendig ist und dass sich hierdurch aber auch gesundheitliche Herausforderungen ergeben. Die Teilnehmer lernen, was eine ausgewogene Ernährung im Schichtrhythmus bedeutet, was zu einem förderlichen Schlaf- und Entspannungsverhalten beiträgt, wie sie ein gesundes Bewegungspensum einplanen und was bezüglich der Sozialkontakte unter Schichtarbeit zum Tragen kommt. Ein sinnvolles Angebot – UND: mitbestimmungspflichtig (vgl. § 98 BetrVG).
Gesundheits-App: Achtung, Datenschutz!
Aber der Betriebsrat kann auch eine kritische Position einnehmen. Auch hierzu ein Beispiel: Ein Automobilzulieferer hat sich etwas Neues einfallen lassen, um den Beschäftigten ein mobiles und immer verfügbares Gesundheitsmanagement zu ermöglichen. Er stellt ihnen eine Gesundheits-App zur Verfügung. Diese unterstützt die Mitarbeiter gezielt und individuell und führt so zu einer gesünderen Ernährungsweise, besseren Stressbewältigung und zu mehr Bewegung. So werden Daten wie Herzschlag, Körpertemperatur, Schrittzahl und Schlafverhalten gesammelt und aufgezeichnet.
Die Nutzung der App ist freiwillig, dennoch: Sog. Wearables sind technische Einrichtungen und im Rahmen seiner Mitbestimmungsrechte (vgl. § 87 Abs. 1 Nr 6 BetrVG) sollte der Betriebsrat sicherstellen, dass Beschäftigte nicht leichtfertig persönliche (Gesundheits-)Daten preisgeben.
Auch kleine Maßnahmen können schon große Veränderungen bedeuten.
Ein Gesundheitszirkel kann viel leisten
Es müssen nicht immer die großen Beschlüsse und Entscheidungen sein – auch kleine Maßnahmen können schon große Veränderungen bedeuten.
In einem mittelständischen Logistikbetrieb wurde bereits ein BGM-Team gegründet. Schon frühzeitig hat sich ein BR-Mitglied mit in das Projekt eingebracht und ist fester Teilnehmer dieser Runde. Eine Mitarbeiterbefragung bringt Aufschluss über die Belastungen und Beanspruchungen in den jeweiligen Abteilungen.
Mit Hilfe dieser Ergebnisse kann ein sog. Gesundheitszirkel in den Abteilungen (bestehend aus BR, Gruppenleiter und Mitarbeiter) Vorarbeit leisten, was dem BGM hilft, Ideen und Maßnahmen einzuleiten, zu evaluieren und in die Strategie des BGM einfließen zu lassen.
So wird in den Bereichen des Warenein- und Warenausgangs unter Hinzuziehung eines externen Ergonomieberaters ein Schulungskonzept angeboten. Rückenschonendes Be-, und Entladen ist ein Beispiel für die o.g. Verhaltensprävention. Das Ganze wird durch eine kleine Kampagne (Poster, Aufkleber und Artikel in der Mitarbeiterzeitung) begleitet.
Durch die frühzeitige Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat und, ganz wichtig, unter Hinzuziehung der Experten der Arbeitsplätze (also der Mitarbeiter), entsteht eine nachhaltige Maßnahme, die sich im Nachgang leicht auf andere Abteilungen übertragen lässt.
An diesen Beispielen aus völlig unterschiedlichen Bereichen merken Sie schon: Das BGM ist ein weites Feld, in dem Sie sich als Interessenvertreter für Ihre Kollegen stark machen können. Und Sie sind zu allen Zeiten mit Ideen, Initiative und Durchsetzungsvermögen gefragt, um Gesundheitsthemen nachhaltig in Ihrem Unternehmen mit zu verankern – für eine gesunde, gemeinsame Zukunft!