Ein Blick zurück: Die Geburt des Industrieroboters
Der erste offiziell als Industrieroboter bezeichnete Kollege startete 1961 bei General Motors in den USA. Der „Unimate“, entwickelt von George Devol und vermarktet von Joseph Engelberger – dem „Vater der Robotik“ – war ein hydraulisch betriebener, programmierbarer Roboterarm. Seine Spezialität: Guss- und Schweißarbeiten, die für Menschen schwer, gefährlich oder schlicht unangenehm waren. Sensoren oder künstliche Intelligenz? Gab es damals noch nicht! Unimate folgte stur seinem Programm – und revolutionierte damit trotzdem die Industrie.
Stand 2024 kommen im deutschen verarbeitenden Gewerbe auf 10.000 Beschäftigte derzeit 415 Industrieroboter
Roboter-Dichte: Deutschland im Spitzenfeld – aber nicht an der Spitze
Laut Daten der International Federation of Robotics (zitiert nach Statista) kommen Stand 2024 im deutschen verarbeitenden Gewerbe auf 10.000 Beschäftigte derzeit 415 Industrieroboter. Insgesamt sind hierzulande rund 260.000 Maschinen im Einsatz – ein Wert, der Deutschland zu einem der am stärksten automatisierten Industrieländer macht. Kaum zu glauben! Deutschland liegt damit weltweit auf Platz 3 hinter Südkorea (1,012 Roboter pro 10,000 Beschäftigte) und Singapur (730 pro 10,000 Beschäftigte). Der größte Einzelmarkt ist allerdings China: Dort wurden allein 2022 fast 300.000 neue Industrieroboter installiert, in Deutschland dagegen rund 26.000. Besonders häufig treffen wir die stählernen Kollegen in der Elektro- und Automobilindustrie, wo sie Bauteile handhaben, schweißen oder montieren.
Welche Arten von Robotern gibt es?
- Gelenkarm- & Knickarmroboter
Die Allrounder der Industrieautomation: Sechs Achsen sind Standard, manche Modelle haben zwei oder sogar sieben Arme. Sie ahmen menschliche Bewegungen nach, sind stark, flexibel und vielseitig – ideal zum Schweißen, Montieren, Lackieren oder Palettieren. - SCARA-Roboter
Schlank, vierachsig und blitzschnell – Spezialisten für präzise Pick-and-Place-Abläufe und schnelle Montage kleiner Bauteile. Ihre Stärke: Tempo und Genauigkeit. Ihre Schwäche: begrenzte Flexibilität. - Delta-Roboter
Mit drei Armen so schnell, dass es wirkt, als würden sie fliegen. Perfekt für Verpackungsaufgaben, Sortieren und Montage in Elektronik- oder Pharmaindustrie. Sehr schnell, aber nur in einem begrenzten Arbeitsbereich einsetzbar. - Portal- oder Gantry-Roboter
Kartesisch bewegliche Riesen (fahren geradlinig auf X-, Y- und Z-Achse wie auf Schienen), oft über Kopf montiert. Sie übernehmen präzises Werkstückhandling in der Druckindustrie, der Logistik oder beim Be- und Entladen von Maschinen. - Kollaborative Roboter (Cobots)
Die „Kollegen im Stahlanzug“: Cobots arbeiten ohne trennende Schutzgitter direkt mit Menschen zusammen. Sie sind sensorgestützt, sicher und flexibel einsetzbar – zum Beispiel bei Montage, Qualitätskontrolle oder Verpackung. Meist weniger kraftvoll als klassische Industrieroboter, dafür einfach umzurüsten. - Mobile Roboter & Fahrerlose Transportsysteme (FTS)
Autonome Fahrzeuge, die Material, Bauteile oder Werkzeuge transportieren – von der Produktionshalle bis ins Lager. Inzwischen Standard in moderner Logistik und Fertigung. - Exoskelette
Tragbare robotische Gestelle, die Muskeln entlasten und Kraft verstärken. In der Industrie vor allem beliebt bei Überkopfarbeiten oder beim Heben schwerer Lasten – kein Ersatz für den Menschen, sondern eine Unterstützung für Rücken und Schultern. - Parallelkinematische Roboter (PKM) / Hexapoden
Roboter mit mehreren parallel angeordneten Armen, die sich auf einer Plattform treffen. Extrem präzise, ideal für Luft- und Raumfahrt, Messtechnik oder Feinmontage. Besonderheit: Genauigkeiten im Mikrometerbereich. - Autonome Inspektions- und Wartungsroboter
Mobile Roboter auf Rädern, Ketten oder Beinen, die Anlagen prüfen, Messdaten sammeln oder Reparaturen durchführen. Einsatz in Chemieanlagen, Kraftwerken oder Öl- und Gasindustrie. Vorteil: Hohe Sicherheit in gefährlichen Umgebungen. - Lackier- und Beschichtungsroboter
Spezialisierte Knickarmroboter für gleichmäßige Oberflächenbeschichtung. Einsatz in Automobilindustrie, Möbelbau oder Metallveredelung. Vorteil: Hohe Qualität bei weniger Materialverbrauch und Schutz vor gesundheitsgefährdenden Dämpfen.
Sie haben einen Betriebsrat im Unternehmen? Dann ist die Einführung von Robotern unter Umständen nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
Was tun, wenn der stählerne Kollege kommt?
Sie haben einen Betriebsrat im Unternehmen? Dann ist die Einführung von Robotern unter Umständen nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Je nach Art des Einsatzes greifen verschiedene Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), insbesondere wenn Arbeitsprozesse, Arbeitsplätze oder die Überwachung von Beschäftigten betroffen sind.
Der Betriebsrat hat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei…
- Verhaltens- und Leistungskontrolle
Es geht um technische Einrichtungen, die das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern überwachen können (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).
Ein Roboter mit Sensoren, Kameras oder Leistungsdatenerfassung fällt darunter, auch wenn die Überwachung „nur nebenbei“ passiert. - Arbeitszeit
Fragen der Arbeitszeit, Pausen, Schichtpläne (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG), falls der Roboter den Arbeitsablauf beeinflusst. - Arbeitsschutz und Qualifizierung
Wenn der Einsatz Gefährdungen mit sich bringt (Maschinensicherheit, Ergonomie, psychische Belastung), müssen Sie als Betriebsrat bei der Gefährdungsbeurteilung eingebunden werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). - Unbedingt prüfen: Betriebsänderung nach § 111 BetrVG
Falls der Roboter wesentliche Änderungen in der Betriebsorganisation oder den Arbeitsmethoden bringt (z. B. Wegfall oder massive Veränderung von Arbeitsplätzen), handelt es sich um eine Betriebsänderung. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, sie als Betriebsrat rechtzeitig zu informieren und mit ihm über einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan zu verhandeln.
Übrigens: Sie können als Betriebsrat auch Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen fordern, wenn Mitarbeiter mit der neuen Technik arbeiten müssen.
Experten aus der Robotik erwarten, dass Liefer- und Serviceroboter bereits in fünf Jahren zum gewohnten Stadtbild in Europa gehören.
Kleiner Blick in die Zukunft gefällig?
Hunde im Job? Aber klar – zumindest aus Stahl. Der ANYmal der ETH Zürich und ANYbotics schnüffelt sich als vierbeiniger Inspektionsroboter durch Industrieanlagen, erkennt Maschinenschäden und arbeitet sogar zuverlässig im Dunkeln oder bei Gaslecks. Noch ist er vor allem in Energieunternehmen im Einsatz – im Stadtpark wird man ihn also vorerst nicht treffen.
Und wie wäre es mit einem charmanten Kollegen im Büro? Pepper und NAO von SoftBank Robotics sind humanoide Roboter, die Gesichter erkennen, Sprache verstehen und sogar Stimmungen einschätzen können. Derzeit plaudern sie in Schulen, auf Messen und in japanischen Banken – außerhalb Asiens sind sie noch Exoten.
Nach so viel technischer Cleverness darf’s jetzt was für den Magen sein: Der Moley Kitchen Robot aus Großbritannien kocht mit zwei KI-gesteuerten Roboterarmen über 5.000 Rezepte nach, misst Zutaten milligrammgenau und räumt sogar auf. Ein Traum! Noch kostet er über 200.000 Euro – also eher was für Luxusküchen oder Besserverdiener! Aber wer weiß, vielleicht steht er eines Tages bei uns daheim neben dem Thermomix.
Bereiten wir uns schon mal vor: Experten aus der Robotik erwarten, dass Liefer- und Serviceroboter bereits in fünf Jahren zum gewohnten Stadtbild in Europa gehören. In zehn Jahren könnten Assistenzroboter im Haushalt so selbstverständlich sein, wie heute der Staubsaugerroboter – und in 15 Jahren vielleicht sogar menschenähnliche Helfer in Berufen mitarbeiten, die bisher fest in menschlicher Hand sind: von der Pflege bis zum Bau. Zumindest auf Unterstützung im Haushalt würden wohl die wenigsten verzichten!
Fazit: Die Robotik entwickelt sich rasant – und damit steigen auch die Chancen und Risiken für Beschäftigte. Für Sie als Betriebsrat heißt das: frühzeitig eingebunden sein, Mitbestimmungsrechte konsequent nutzen und Qualifizierungsmaßnahmen sichern. So lässt sich technischer Fortschritt gestalten, ohne dass Arbeitsplätze auf der Strecke bleiben. (sw)