„Der Vorstand von Galeria Karstadt Kaufhof hat erneut ein Schutzschirmverfahren beantragt und dabei angekündigt, ein Drittel der 131 Filialen schließen zu wollen. Das führt zu einer akuten Gefährdung der noch mehr als 17.000 Arbeitsplätze im Unternehmen“, sagt ver.di-Vorsitzender Frank Werneke in einer aktuellen Pressemitteilung. Doch der Reihe nach: Es ist bereits das zweite Mal binnen zwei Jahren, dass Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) insolvent ist. Verhandlungen über einen dritten Hilfskredit sind gescheitert, weswegen GKK nun erneut eine Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt hat. Ziel des Verfahrens soll weiterhin eine Sanierung sein. Wie die funktionieren kann? Als sicher gilt, dass auch diesmal Filialen geschlossen werden müssen – und damit auch zahlreiche Arbeitsstellen verloren gehen.
Jahresfehlbetrag im „Millionenbereich“
Bereits im April 2020, also mitten im ersten Corona-Lockdown, hatte Galeria Karstadt Kaufhof schon einmal Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Dem Unternehmen wurden damals Schulden in Höhe von zwei Milliarden Euro erlassen, 41 Filialen wurden geschlossen und etwa 4.000 Stellen abgebaut. Jetzt sind die Prognosen wieder düster: Für das Ende September abgeschlossene Geschäftsjahr rechnet die Geschäftsführung laut Tagesschau mit einem „Jahresfehlbetrag im unteren bis mittleren dreistelligen Millionenbereich“. Dabei wurde dem Konzern 2021/2022 aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), den die Bundesregierung wegen der Corona-Pandemie eingerichtet hatte, insgesamt 680 Millionen Euro an Hilfen ausgeschüttet.
Wir kämpfen mit den Beschäftigten um den Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte.
Frank Werneke, ver.di-Vorsitzender
Langsames Aussterben der Innenstädte
Aktuell gibt es 131 Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filialen in 97 deutschen Städten. Insgesamt sind dort rund 17.400 Arbeitnehmer beschäftigt. „Für ver.di ist in dieser Situation klar: Wir kämpfen mit den Beschäftigten um den Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte“, so Frank Werneke. Inwieweit das gelingen kann, bleibt fraglich. Nicht wenige sehen angesichts der immer größer werdenden Konkurrenz, allen voran aus dem Online-Bereich, das Konzept Warenhaus insgesamt als überholt an. Ver.di-Vorsitzender Werneke sagt hingegen: „Es geht natürlich auch um die Attraktivität vieler Innenstädte, weil die GKK-Standorte an vielen Stellen einen Ankerpunkt für weitere Geschäfte, Handels- und Dienstleistungs-Unternehmen bilden.“ Eine Schließung würde sicherlich an vielen Orten das Aussterben der Innenstädte beschleunigen.
Die Frage ist: Wo ist jetzt René Benko? Den Beschäftigten jedenfalls stellt er sich nicht.
Frank Werneke, ver.di-Vorsitzender
Vom Konzerneigner keine Spur
Im Zentrum der Kritik steht René Benko, österreichischer Unternehmer und Investor. Denn seit September 2019 gehört Galeria Karstadt Kaufhof zu 100 Prozent der Signa-Holding des Tiroler Immobilien-Investors. Frank Werneke spricht es unverblümt aus: „Auch deshalb sind jetzt Wut und Enttäuschung bei den Beschäftigten besonders groß, weil der Eigentümer René Benko sein Zusagen, umfassend in die Häuser zu investieren, nicht eingehalten hat. Die Frage ist: Wo ist jetzt René Benko? Den Beschäftigten jedenfalls stellt er sich nicht.“ Grund für den Unmut ist, dass die GKK-Beschäftigten im Schutzschirmverfahren von 2020 einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung akzeptiert hatten, durch den sie deutlich unterhalb des Flächentarifvertrags entlohnt wurden. Kritiker werfen dem Milliardär Benko vor, dass es ihm niemals um den Kaufhausbetrieb, sondern nur um die Immobilien ging.
Mögliche Rettung für 47 Filialen
Mittlerweile ist laut Medienberichten durchgesickert, dass der Onlinehändler Buero.de bis zu 47 Kaufhof-Filialen übernehmen will. Interessiert ist der dortige Unternehmenschef Markus Schön vor allem an Standorten in mittelgroßen Städten. Buero.de möchte die Filialen angeblich mit ähnlichem Konzept fortführen. (tis)