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Sitzungsniederschrift des Betriebsrats in Zeiten des Home-Office

Wer rennt jetzt eigentlich hinter den Unterschriften für das Protokoll her?

Über alle Verhandlungen des Betriebsrats ist eine Niederschrift anzufertigen, das „Protokoll“. Kann in Zeiten des Home-Office eine digitale Verwaltung funktionieren? Und was ist mit den Unterschriften? Rechtsanwalt Jens Langebach rät dazu, in der Regel bei Papier zu bleiben.

Stand:  14.12.2021
Lesezeit:  04:45 min

Eins vorab: Beim Thema Sitzungsniederschrift ist zunächst ein Blick in die Geschäftsordnung des Betriebsrats sinnvoll. Häufig sind hier Besonderheiten geregelt.

Ansonsten ist nach wie vor zu empfehlen, dass ein körperliches Schriftstück in Papierform erstellt wird – und zwar, wie in § 34 BetrVG vorgesehen, unterzeichnet vom Vorsitzenden und von einem weiteren Mitglied. Teilnahmebestätigungen in Textform sind auszudrucken und dem Protokoll beizufügen.

Die Niederschrift soll nach Sinn und Zweck natürlich in zeitlicher Nähe zur Sitzung erfolgen.

Sammeln und späteres Unterschreiben?

Ein Sammeln und späteres Unterschreiben ist vor dem Hintergrund problematisch, dass Einwendungen gegen die Niederschrift unverzüglich zu erheben sind. Dies meint zwar „nach Kenntnisnahme von der Niederschrift“, kann aber nach Sinn und Zweck natürlich nur in zeitlicher Nähe zur Sitzung erfolgen, weil ansonsten die Erinnerung an die Inhalte verblasst. Allenfalls wäre denkbar, dass der reine Text vor Unterzeichnung – verbunden mit Hinweis auf die spätere Unterzeichnung – bereits abgelegt oder an die Teilnehmer verschickt wird.

Ein rein elektronisches Protokoll?

Das klassische Schriftstück in Papierform wird bzgl. § 34 BetrVG kaum hinterfragt, anders als beispielsweise bereits vor der Novelle die Schriftform der Betriebsvereinbarung. Es wird in der Kommentarliteratur durchweg von einer Privaturkunde gesprochen, die unter den Schutz des § 267 StGB (Urkundenfälschung) gestellt ist. Dies setzt eine „Verkörperung“ der Erklärung voraus, die bei einem rein elektronischen Dokument nicht gegeben ist. Wie selbstverständlich werden „Niederschrift“, „zu unterzeichnen“ und „eigenhändig einzutragen“ in § 34 BetrVG in diesem Sinne verstanden.

Man muss einräumen, dass der Wortlaut nach üblichem Sprachgebrauch ein Schriftstück in Papierform nahelegt. Unbedingt zwingend ist diese Auslegung aber nicht.

Die Frage nach einem rein elektronischen Protokoll führt zu der Frage der Anwendbarkeit des § 126 Abs. 3 BGB auf § 34 BetrVG und damit der Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form. Der strafrechtliche Schutz könnte über §§ 269, 270 StGB hergestellt werden.

Die Unterzeichnung kann statt durch eigenhändige Unterschrift ersatzweise durch elektronische Signierung erfolgen.

Der § 126 Abs. 3 BGB führt zu manchen Missverständnissen. So erklärte Fitting (§ 77 Rz. 21e) noch zur alten Rechtslage gegen die Anwendung des § 126 Abs. 3 BGB auf Betriebsvereinbarungen:

„Die elektronische Form gem. §§ 126 Abs. 3, 126a BGB genügt nicht. Der Gesetzgeber bestimmt nicht nur in Abs. 2 S. 1, dass die BV „schriftlich niederzulegen“ ist, sondern verlangt zugleich in Abs. 2 S. 2, dass sie „von beiden Seiten zu unterzeichnen“ ist. Damit sollen Zweifel über den Inhalt der vereinbarten Norm ausgeschlossen werden.“

Im genauen Gegensatz dazu hat der Gesetzgeber bei Einführung des § 126 Abs. 3 BGB ausgeführt (Bundestags-Drucksache 14/4987: Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr ):

„Ist durch Gesetz eigenhändige Unterzeichnung einer Erklärung vorgeschrieben (…) und wird insoweit auf die Unterschriftsform des § 126 BGB zurückgegriffen, findet § 126 Abs. 3 (neu) entsprechende Anwendung. Die Unterzeichnung kann statt durch eigenhändige Unterschrift ersatzweise auch durch elektronische Signierung nach § 126a formwirksam erfolgen.“

Zusammenfassend sollte allerdings – wo immer möglich – aufgrund der nicht vollständig geklärten Rechtslage (...) nach wie vor ein klassisches Protokoll in Papierform angefertigt werden.

Fazit

Ich halte es demnach für durchaus denkbar, dass ein BR-Protokoll auch in ausschließlich elektronischer Form abgefasst wird. Nimmt man diese Möglichkeit an, wäre Voraussetzung jedenfalls die qualifizierte elektronische Signatur. Denn die für Protokoll und Anwesenheitsliste vorgesehene Schriftform mit eigenhändigen Unterschriften kann nur durch die Form des § 126a BGB ersetzt werden. Bei Teilnahme per Video-/Telefonkonferenz (aber auch nur dann!) genügt nach der Neuregelung des § 34 BetrVG die Bestätigung in Textform anstelle der Unterschrift auf der Anwesenheitsliste, so dass die komplette Digitalisierung denkbar ist

1. bei ausschließlicher Präsenzteilnahme unter Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur durch alle Teilnehmer sowohl für das Protokoll als auch für die Anwesenheitsliste;

2. bei Hybridsitzung unter Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur für das Protokoll und die Anwesenheitsliste der körperlich Anwesenden sowie Bestätigung der Teilnahme in Textform durch die „Zugeschalteten“;

3. bei ausschließlich virtueller Sitzung unter Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur für das Protokoll und Bestätigung der Teilnahme in Textform für die Anwesenheitsliste.

Zusammenfassend sollte davon allerdings – wo immer möglich – aufgrund der nicht vollständig geklärten Rechtslage zur Anwendbarkeit des § 126 Abs. 3 BGB auf die Sitzungsniederschrift Abstand genommen und nach wie vor ein klassisches Protokoll in Papierform angefertigt werden – bei Hybridsitzung mit der gewohnten Anwesenheitsliste und eigenhändigen Unterschriften der körperlich anwesenden und den Bestätigungen in Textform der virtuell teilnehmenden Mitglieder.

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