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Mit Gewalt beförderte ein Busfahrer einen Fahrgast aus dem Bus. Dieser war während der Fahrt unangenehm aufgefallen. Ist in diesem Fall eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt?
Arbeitsgericht Göttingen, Urteil vom 23. Januar 2024, 1 Ca 219/23
Der Arbeitnehmer war seit 25 Jahren als Busfahrer bei einem Verkehrsunternehmen beschäftigt. Während einer Fahrt eskalierte ein Konflikt mit einem Fahrgast. Der Arbeitgeber warf dem Arbeitnehmer vor, einen Fahrgast gewaltsam von seinem Sitz gezogen und aus dem Bus geworfen zu haben, so dass dieser zu Boden gefallen sei. Nachdem er wieder aufgestanden sei, habe ihm der Arbeitnehmer mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Wegen der Vorkommnisse kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage. Er gab an, der Fahrgast sei alkoholisiert gewesen und habe eine junge Frau belästigt. Er habe sich geweigert, ihm seinen Fahrausweis zu zeigen und ihn beleidigt. Obwohl er ihn dazu aufgefordert habe, habe der Fahrgast sich dann auch geweigert, den Bus zu verlassen. Deshalb habe er ihn rausgeworfen. Der Fahrgast habe sich ihm mit einer Getränkedose in der Hand drohend genähert. Daraufhin habe er im Affekt eine Abwehr- und Schlagbewegung durchgeführt.
Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers ab. Die Richter sehen im Verhalten des Arbeitnehmers eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung. Deshalb sei die fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtmäßig.
Um zu dieser Entscheidung zu gelangen, nahm das Arbeitsgericht die Videoaufzeichnungen der sechs Überwachungskameras in Augenschein, mit denen der Bus ausgestattet ist. Die Aufnahmen zeigen, dass die Vorwürfe des Arbeitgebers im Wesentlichen zutreffen. Der Arbeitnehmer hatte den Fahrgast vom Sitz gezogen, wodurch dieser noch im Bus hingefallen ist. Daraufhin beförderte er den Fahrgast mit Gewalt aus dem Bus. Als der hingefallene Fahrgast auf dem Bürgersteig wieder aufstand, packte ihn der Arbeitnehmer an der Kleidung und holte mit der Faust aus. Auf den Videos ist allerdings nicht mehr eindeutig zu erkennen, ob der Fahrgast mit der Faust getroffen wurde. Zu erkennen war auch nicht, dass der Fahrgast andere Fahrgäste belästigt hat. Eine junge Frau war zwar aufgestanden, da sie den Fahrgast offensichtlich als unangenehm empfunden hat. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befand sie aber nicht mehr in der Nähe.
Auch die Tatsache, dass schwierige Fahrgäste für Busfahrer eine große Belastung darstellen, entlastete den Arbeitnehmer in diesem Fall nicht. Er hätte die Leitstelle oder die Polizei anrufen können und müssen, nachdem der Fahrgast den Bus nicht freiwillig verlassen wollte.
Allein die Drohung mit Gewalt am Arbeitsplatz gegenüber Kollegen, Kunden oder Geschäftspartnern des Arbeitgebers stellt eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Das gilt natürlich erst recht, wenn Gewalt angewendet wird. In solchen Fällen muss der Arbeitnehmer normalerweise mit der fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber rechnen. Drohung mit oder Anwendung von Gewalt kann ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, also zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung führen. (jf)