Dauer der Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis - BAG-Entscheidung

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist in der Probezeit eine Kündigung mit einer verkürzten Frist möglich. Die vereinbarte Probezeit muss aber in einem angemessenen Verhältnis zur Gesamtdauer der Befristung stehen. Doch wie lange darf die Probezeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis sein? Wann liegt ein Verstoß gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz vor? Diese Frage hat nun das Bundesarbeitsgericht geklärt.

Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 30. Oktober 2025, 2 AZR 160/24

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Redaktion
Stand:  11.11.2025
Lesezeit:  02:30 min
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Das ist passiert:

Die Arbeitnehmerin arbeitete seit dem 22. August 2022 bei der Arbeitgeberin. Das Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet und sollte mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein. Die ersten vier Monate (vom 22. August 2022 bis 21. Dezember 2022) wurden als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist vereinbart. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit ordentlich zum 28. Dezember 2022. 

Gegen diese Kündigung richtet sich die Klage der Arbeitnehmerin. Sie ist der Ansicht, dass die vereinbarte Probezeit unverhältnismäßig lang sei und damit § 15 Abs. 3 TzBfG widerspreche. Das Arbeitsverhältnis könne frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Abs. 1 BGB zum 15. Januar 2023 enden. 

Die Arbeitgeberin ist der Meinung, dass die vereinbarte Probezeit im Verhältnis zur Befristungsdauer angemessen sei. Die von der Arbeitnehmerin ausgeführte Tätigkeit erfordere schon alleine eine 16-wöchige Ausbildungszeit.  

Zuletzt hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg als Vorinstanz in der Sache entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin nicht bereits am 28. Dezember 2022, sondern erst mit Ablauf der Grundkündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB (4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats) geendet habe – hier zum 15. Januar 2023. Die Probezeit sei unverhältnismäßig lang. Es sei von einem Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung auszugehen, in diesem Fall also drei Monate. Gute Gründe, davon abzuweichen, sah das LAG keine.

Das entschied das Gericht:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun klargestellt: Einen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit gebe es nicht. Für jeden Einzelfall müsse geprüft werden, ob die vereinbarte Probezeit im Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehe. 
 
In diesem Fall hatte die Arbeitgeberin einen detaillierten Einarbeitungsplan mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen vorgesehen. Erst danach sollte die Mitarbeiterin produktiv einsetzbar sein. Die vereinbarte Probezeit von vier Monaten sei somit verhältnismäßig.

Hinweise für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht hat deutlich gemacht, dass es für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG keinen Regelwert gibt. Damit wird der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das einen Anteil von 25 Prozent als Regelfall angenommen hatte, eine klare Absage erteilt. 

In der Praxis muss immer eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit vorgenommen werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten also genau prüfen, ob die vereinbarte Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit und die Dauer der Einarbeitung angemessen ist. (jf)